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    Norbit
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Norbit
    Von Björn Becher

    Wer denkt, Eddie Murphy hätte sich mit Golden-Globe-Gewinn und Oscar-Nominierung für Dreamgirls vom billigen Klamauk verabschiedet und würde sich nun in ernsthafteren Rollen versuchen, der liegt falsch. Der Komiker kehrt umgehend nach dem kurzen Dreamgirls-Hoch in jene Niederungen zurück, in denen er sich abgesehen von seiner Sprechrolle in den Shrek-Filmen seit Jahren befindet. Da hat er Filme gedreht wie die unlustige Agentenparodie I Spy, den finanziellen Mega-Flop „Pluto Nash“ oder den mäßigen Disney-Horror Die Geistervilla. So hat er sich zurück besonnen auf die Anfänge des jungen Jahrtausends. Mit den Sequels zu „Dr. Dolittle“ und „Der verrückte Professor“ hat er Kasse gemacht und vor allem letzterer war ein sicherer Garant für einen Publikumshit. Die Zutaten sind simpel und wie sich Murphy wohl dachte, beliebig reproduzierbar: Er selbst in verschiedenen Rollen, am besten noch mit Fat Suit bekleidet und Witze, die einzig allein auf die Dickleibigkeit abzielen und auf dieser fußen. Fertig ist „Norbit“, an der US-Kasse mit einem Startwochenende von über 30 Millionen Dollar Grund zur Freude für Hauptdarsteller und Produzent Eddie Murphy, qualitativ aber trotz überraschend starker Eröffnungsminuten ein weiteren Tiefpunkt in der Karriere dessen früher so amüsanten „Saturday Night Live“-Komikers.

    Im Waisenhaus, welches gleichzeitig auch ein chinesisches Restaurant ist, von Mr. Wong (Eddie Murphy) hat der kleine Norbit (erst: Khamani Griffin, dann Austin Reed, schließlich Eddie Murphy) eine schwere Kindheit. Nur die schöne Spielkameradin Kate (China Anderson) erhellt sein Leben. Doch als diese adoptiert wird, ist Norbit wieder einsam. Bis die voluminöse Rasputia (erst Lindsey Sims-Lewis, dann Eddie Murphy) auftaucht und sich den armen Tropf krallt und ihn zu ihrem Eigentum macht und schließlich heiratet. Die Jahre ziehen ins Land und Norbit fügt sich immer mehr in seine Rolle als unterdrücktes Anhängsel seiner schwergewichtigen, ihn und die Umwelt terrorisierenden Frau. Doch plötzlich gibt es überraschend Aussicht auf Besserung: Kate (Thandie Newton), noch schöner als damals, kehrt in den Ort zurück, wo sie das Waisenhaus am liebsten übernehmen würde und Norbit gerne mit im Boot hätte. Eigentlich die ideale Möglichkeit, um sich endlich von Rasputia zu emanzipieren, zumal diese gerade ein Verhältnis mit ihrem Tanztrainer hat. Doch leider hat Kate mit Deion Hughes (Cuba Gooding Jr.) einen Verlobten dabei und Rasputia sowie ihre schlagkräftigen Brüder denken gar nicht daran, Norbit gehen zu lassen, besonders da sie wegen des Waisenhauses eigene Pläne verfolgen.

    Da bei „Norbit“ von Beginn an dem Zuschauer klar gemacht wird, dass es sich um eine stur nach Reißbrett und Schema F konstruierte Komödie handelt, kommen Norbit und Kate am Ende zusammen und retten auch das Waisenhaus. Man könnte schon fast zu dem Schluss kommen, dass es selbstparodistisch ist, wie der Zuschauer gleich eingebläut bekommt, dass sich die große Liebe durchsetzen wird. So wird Kates Verlobter frühzeitig als schmieriger Betrüger dargestellt, damit auch von Beginn an kein Zweifel daran bleibt, dass die schöne Kate eigentlich zu dem einfältigen Norbit gehört. Nein, für das Entwickeln einer Story können die beiden Drehbuchautoren Jay Scherick und David Ronn keinen Cent bekommen haben, zumal diesen Credit auch Eddie Murphy und sein älterer Bruder Charles Q. Murphy beanspruchen, die darauf aber auch nicht allzu viel Zeit verwendet haben dürften.

    So waren Scherick und Ronn, die gemeinsam auch die Drehbücher zu National Securitiy und Guess Who schrieben, wohl eher für die Gags zuständig, doch wirklich Großes haben sie hier nicht vollbracht. Geschätzte 90 Prozent der Witze bauen auf die Körperfülle von Rasputia, kein einziger davon besitzt auch nur einen Funken Kreativität. Im Endeffekt werden nur altbekannte Gags, die Murphy selbst und andere Kollegen (wie Martin Lawrence in den beiden „Big Mamas Haus“-Filmen) schon zur Genüge präsentiert haben, neu aufgewärmt und es stellt sich langsam die Frage, ob manche Leute im Filmgeschäft glauben, dass ein lahmer Gag mit Latexkörperanzug irgendwann schon gut wird, wenn man ihn nur oft genug wiederholt. Wird er aber nicht und so helfen auch die ständigen Wiederholungen desselben Witzes, was der Film genüsslich zelebriert, auch nicht zu eine Qualitätssteigerung. Richtig amüsant wird es daher nur ganz selten. Das kurzzeitig von asiatischen Martial-Arts-Komödien der Siebziger Jahre inspirierte Finale vermag einen kurzen Schmunzler zu verursachen, der aber schnell wieder abgewürgt wird.

    Eddie Murphy müht sich in seinem Film redlich ab, verhaut sich quasi selbst, in dem er beide Widerparts, Norbit und Rasputia, spielt, dazu noch in die Rolle von Ziehvater Mr. Wong (dessen politische, rassistische Unkorrektheit noch für die besten Szenen im Verlauf des Films sorgt) schlüpft. Dabei werden durchaus Qualitäten in puncto Maskerade bewiesen, aber darin erschöpft sich diese Übernahme von drei Rollen weitestgehend. Auf die restlichen Rollen hat Murphy verzichtet, so dass man mit Thandie Newton (Das Streben nach Glück, L.A. Crash) noch einen schönen Blickfang geboten bekommt und daneben noch diverse eher wenig talentierte Schauspieler als tumbe Schläger, italienische Restaurantbesitzer oder Zuhälterkarikaturen durchs Bildern stolpern dürfen. Einen prominenten Namen konnte Eddie Murphy noch als Zweitbösewicht gewinnen, doch der treibt einem eher Tränen in die Augen, als dass er für einen Schmunzeln sorgen kann. Wer dachte, die Karriere des einstigen Oscargewinners (für Jerry Maguire) Cuba Gooding Jr. wäre schon weit unter dem Nullpunkt angelangt, darf erleben, dass es noch beträchtlich tiefer geht. Denn nach so tollen Auftritten wie in der langweiligen Actionjagd „Der Chill Faktor“ oder der auf ein homophobes Publikum zielenden Komödien-Katastrophe Boat Trip bewirbt sich Gooding Jr. mit seiner gelangweilten, antriebs- und gestiklosen Performance schon jetzt nachdrücklich für den Razzie Award 2008.

    Ja, „Norbit“ ist zu großen Teilen richtig schlecht, ein Werk, welches die Bezeichnung „Komödie“ über weite Strecken ganz und gar nicht verdient, doch bei aller Schelte soll auch Positives nicht unerwähnt bleiben. Brian Robbins´ (Voll gepunktet, Shaggy Dog) Murphy-Vehikel verfügt, wie anfangs bereits angedeutet, über ein starkes Opening. Wie Norbit aus dem Off seine schwere Kindheit in den rosafarbensten Worten kommentiert und bei jedem Niederschlag sein Glück noch höher preist, das ist nicht nur richtig lustig, sondern beherbergt durchaus auch eine schöne Prise Sozialkritik. Leider ist damit nach rund zehn Minuten Schluss und das Elend nimmt seinen Lauf.

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