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    130 Millionen für nichts: Dieser Fantasy-Blockbuster sollte "Avatar" Konkurrenz machen, landete aber auf dem Müll!
    Michael Bendix
    Michael Bendix
    -Redakteur
    Schaut pro Jahr mehrere hundert Filme und bricht niemals einen ab. Liebt das Kino in seiner Gesamtheit: von Action bis Musical, von Horror bis Komödie, vom alten Hollywood bis zum jüngsten "Mission: Impossible"-Blockbuster.

    Kurzzeitig war ein „Star Wars“-Regisseur an Bord, und die Hauptrolle wurde von einer James-Bond-Schauspielerin übernommen – doch nichts hat geholfen, um diesen 130 Millionen Dollar teuren Fantasy-Film vor dem Ertrinken zu retten...

    In der Filmgeschichte gibt es nicht gerade wenige Beispiele für Filme, die zwar gedreht wurden, dann aber nie ins Kino kamen. Das hat manchmal künstlerische Gründe wie im Fall von „The Day The Clown Cried“ (Jerry Lewis war derart unzufrieden mit seinem Werk, dass er eine öffentliche Vorführung sogar über seinen Tod hinaus verhinderte), oft stecken auch kommerzielle Erwägungen dahinter, zuletzt geschehen beim DC-Film „Batgirl“. Und dann gibt es besonders verblüffende Fälle wie „Empires Of The Deep“...

    Aber von vorn: Als der chinesische Immobilienmagnat Jon Jiang „Avatar“ im Kino gesehen hat, war er nachhaltig beeindruckt von James Camerons 3D-Einsatz und den visuellen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben. So nachhaltig, dass er den Plan entwickelte, selbst einen Film zu produzieren – und auf diese Weise mit Cameron gleichzuziehen (oder gar mit Peter Jackson, dessen „Herr der Ringe“-Trilogie ebenfalls zu seinen Lieblingsfilmen gehörte).

    Ein 130 Millionen Dollar teures Passionsprojekt

    Jiang war nicht nur bereit, 130 Millionen Dollar in den Film zu investieren, er hat ihn auch direkt selbst geschrieben – und war überzeugt davon, dass sein Stoff mindestens für eine Trilogie reichen würde. In „Empires Of The Deep“ (der ursprünglich „Mermaid Island“ heißen sollte) geht es um eine Meerjungfrauen-Königin zur Zeit des antiken Griechenlands, die ihr Reich vor dem Untergang bewahren will – und auch ihren Vater vor dunklen Gefahren retten muss.

    „Empires Of The Deep“ sollte eine chinesisch-amerikanische Co-Produktion werden, und so brauchte es prominente Namen, die ein internationales Publikum ins Kino locken würden (via atavist.com). Zunächst wurde Irvin Kershner an Bord geholt, immerhin der Regisseur von „Das Imperium schlägt zurück“. Doch der war der Ansicht, dass Jiangs mythologisches Story-Konstrukt für ein breiteres westliches Publikum nicht funktionieren würde. Stattdessen schlug er dem Milliardär eine Science-Fiction-Geschichte vor, in der eine Gruppe von Menschen versehentlich auf ein Unterwasser-Königreich stößt. Diese Idee stieß bei Jiang auf Ablehnung – und Kershner kehrte dem Projekt den Rücken.

    Der weit weniger namhafte Jonathan Lawrence begann im Januar 2010 schließlich tatsächlich mit den Dreharbeiten, doch er merkte von Anfang an, dass mit „Empires Of The Deep“ irgendwas nicht stimmte. So tauchten bei einer Szene beispielsweise nur 20 Statisten auf, obwohl 500 vorgesehen waren – und das auch noch in ziemlich schlechten Kostümen! Der Grund: Sämtliche Statisten waren seit Wochen nicht bezahlt worden, und so verließen die restlichen 480 rechtzeitig das sinkende Schiff. Neben Lawrence waren im Laufe der Dreharbeiten übrigens noch drei weitere Regisseure involviert (Scott Miller, Michael French sowie „Catwoman“-Schöpfer Pitof!)

    Bond-Star Olga Kurylenko übernahm die Hauptrolle

    Für die Titelrolle wurden unter anderem Monica Bellucci („Irreversibel“) und Sharon Stone („Basic Instinct“) angefragt, bevor Olga Kurylenko den Part schließlich annahm – zuvor hatte die Schauspielerin unter anderem im James-Bond-Film „Ein Quantum Trost“ an der Seite von Daniel Craig gespielt. Doch auch Kurylenko war machtlos gegen die widrigen Umstände, durch die das Projekt von Anfang an zum Scheitern verurteilt war.

    Der Dreh begann noch vor Fertigstellung des Drehbuches, von dem mittlerweile 40 (!) verschiedene Versionen vorlagen. Im April 2010 wurde im Rahmen einer Pressekonferenz in Peking ein erster 3D-Trailer mit eher rudimentären visuellen Effekten gezeigt, im Anschluss hat man nicht mehr viel von dem Film gehört – bis zum Oktober 2012, als die Macher von „Empires Of The Deep“ eine Handvoll neuer Bilder veröffentlichten, die zwar mit verbessertem CGI aufwarteten, aber trotzdem nicht im Geringsten an die großen Vorbilder „Avatar“ und „Der Herr der Ringe“ heranreichen konnten.

    Kann Steven Spielbergs Lieblings-Cutter den Film noch retten?

    Bis 2014 lag der Film auf Eis, doch dann legte Jon Jiang das Material in die Hände von Michael Kahn – denn wer, wenn nicht der Stamm-Cutter von Steven Spielberg („Jäger des verlorenen Schatzes“, „Jurassic Park“) könnte den Film noch retten? Doch auch diese Investition half nichts: Kein US-Filmverleih wollte den fertigen Film haben, der mit unfertigen Spezialeffekten und einer kaum nachvollziehbaren Handlung irritierte. Einige Szenen hätten sogar komplett neu gedreht werden müssen, damit der Film zumindest eine geringfügige Chance hätte, auf die Leinwand zu kommen.

    Im Januar 2016 wendeten sich die Produzenten des Films deshalb an ihr potenzielles Publikum: Auf einer Crowdfunding-Website wurde ein neuer Trailer veröffentlicht (immerhin mit deutlich verbessertem CGI) – aber die 1 Millionen Yuan, die es gebraucht hätte, um einen Kinostart zu finanzieren, bekam Jiang nicht zusammen.

    Die schmerzhafte Bilanz: sechs verschwendete Jahre, 130 Millionen Dollar, die in Rauch aufgingen, desinteressierte Verleiher und wütende Schauspieler*innen. Damit ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass wir „Empires Of The Deep“ irgendwann doch noch einmal zu sehen bekommen – und ein Ding der Unmöglichkeit, dass der Film eines Tages in einem Atemzug mit James Camerons Welterfolg „Avatar“ genannt werden könnte!

    Dieser Fantasy-Blockbuster war auf dem Weg zum Mega-Flop – und stellte dann doch noch einen Weltrekord auf!

    Dies ist eine aktualisierte Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels. Zuvor ist bereits ein ähnlicher Artikel bei unseren Kolleg*innen von moviepilot erschienen.

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