"Sie haben die Filme gekreuzigt und vernichtet": Hollywood-Boss erklärt, wer schuld am Scheitern seines Marvel-Universums ist
Björn Becher
Björn Becher
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Seit mehr als 20 Jahren schreibt Björn Becher über Filme und Serien. Hier bei FILMSTARTS.de kümmert er sich um "Star Wars" - aber auch um alles, was gerade im Kino auf der großen Leinwand läuft.

Als kleiner Bruder zum MCU begann das sogenannte SSU, Sony's Spider-Man Universe, um Venom, Morbius, Kraven The Hunter oder Madame Web. Doch nun ist es tot und schuld sind nicht etwa schlechte Filme ... meint zumindest der Studioboss.

Sony Pictures

2017 übernahm Tony Vinciquerra als CEO die Leitung der Filmschmiede des Elektronik-Mega-Konzerns Sony. Am 2. Januar 2025 wird er abtreten und an einen Nachfolger übergeben. Im Interview mit der Los Angeles Times blickt er auf seine erfolgreiche Amtszeit zurück, die nach Meinung vieler aber einen Makel hat. Das mit großen Ambitionen gestartete eigene Marvel-Universum legte gerade in den vergangenen Monaten eine Bruchlandung hin und wird nun beendet. Doch Vinciquerra will von einem eigenen Scheitern nichts wissen. Er macht die Filmkritik dafür verantwortlich, dass das sogenannte SSU gestorben ist. Dieses habe die Werke „gekreuzigt“, „zerstört“ und so das ganze Universum „vergiftet“.

Zuerst schaut er noch enttäuscht, aber sachlich auf den Start von „Kraven The Hunter“, der in den USA am Startwochenende bei katastrophalen elf Millionen Dollar abstürzte und weltweit bislang nur knapp 44 Millionen Dollar einspielte (bei einem Budget von angeblich zwischen 110 und 130 Millionen Dollar).

Kraven The Hunter
Kraven The Hunter
Von J.C. Chandor
Mit Aaron Taylor-Johnson, Russell Crowe, Ariana DeBose
Starttermin 12. Dezember 2024
User-Wertung
2,8
Filmstarts
2,0

Es sei „wahrscheinlich der schlechteste Start“ in seiner Amtszeit gewesen, was er „nicht verstehe, da es kein schlechter Film“ sei. Auf die Entgegnung, dass auch „Madame Web“ bereits Anfang des Jahres enttäuscht hat, holt der scheidende Sony-Pictures-Boss dann zum Rundumschlag aus.

"Sie wollen nicht, dass wir Filme wie 'Kraven' und 'Madame Web' machen!"

„‚Madame Web‛ hat in den Kinos unter den Erwartungen abgeschnitten, weil die Presse ihn regelrecht gekreuzigt hat. Es war kein schlechter Film, und auf Netflix lief er großartig. Aus irgendeinem Grund hat die Presse entschieden, dass sie nicht wollte, dass wir Filme wie ‚Kraven‛ und ‚Madame Web‛ machen. Die Kritiker*innen haben sie einfach vernichtet. Dasselbe geschah auch bei ‚Venom‛, aber das Publikum liebte ‚Venom‛ und machte ihn zu einem riesigen Erfolg. Diese Filme sind nicht schrecklich, sie wurden nur aus irgendeinem Grund von den Kritiker*innen in der Presse zerstört“, so Vinciquerra gegenüber der Los Angeles Times.

Madame Web
Madame Web
Starttermin 14. Februar 2024 | 1 Std. 57 Min.
Von S.J. Clarkson
Mit Dakota Johnson, Sydney Sweeney, Isabela Merced
User-Wertung
2,1
Filmstarts
2,0
Im Stream

In den Sozialen Medien und auf Fan-Foren wie Reddit hagelt es reichlich Spott für die Aussagen des Hollywood-Bosses. Viele Comic-Fans stellen dort klar, dass sie nicht etwa von schlechten Kritiken beeinflusst wurden, sondern selbst das Interesse an den immer schwächer werdenden Filmen des Universums verloren haben. Mehrere erklären zudem, wie enttäuscht sie waren, als ihnen immer klarer wurde, dass das angebliche zusammenhängende Universum zu rein gar nichts führt – und schon gar nicht zu Spider-Man.

Ein Versuch, sich ans MCU zu hängen: Das SSU erklärt!

Blicken wir zurück: Noch bevor Marvel selbst anfing, Filme aus den eigenen Geschichten zu machen, lizenzierte man zahlreiche Rechte an andere Unternehmen. Sony erwarb die für Spider-Man und alle dazu gehörenden Nebenfiguren. So entstand dann unter anderem Sam Raimis „Spider-Man“-Trilogie mit Tobey Maguire. Doch weil Spidey die wohl weltweit populärste Marvel-Figur ist, wollte MCU-Boss Kevin Feige den Wandkletterer unbedingt in sein Universum integrieren. So machte er mit Sony einen Deal. Marvel durfte sich Spidey für Auftritte wie in „Avengers: Infinity War“ zurückleihen und unterstützte im Gegenzug Sony bei zum MCU gehörenden Solo-Filmen mit der Figur.

Diese „Spider-Man“-Filme mit Tom Holland sind finanziell extrem erfolgreich. Doch bei Sony wollte man noch mehr als nur alle paar Jahre einen davon zu haben. So kam die Idee des SSU. Man nutzte einfach die ganzen anderen Figuren aus dem Spidey-Kosmos, an denen man die Rechte hielt. Von Anfang an schien es bei Sony der Plan, diese Filme einfach auch im MCU spielen zu lassen, sich quasi an dieses anzudocken. Doch Marvel und Feige wollten davon nichts wissen.

Venom: The Last Dance
Venom: The Last Dance
Starttermin 24. Oktober 2024 | 1 Std. 50 Min.
Von Kelly Marcel
Mit Tom Hardy, Juno Temple, Alanna Ubach
User-Wertung
3,4
Filmstarts
2,5
Vorführungen (13)

Bezeichnend war ein Interview, welches der Autor dieser Zeilen mit Kevin Feige sowie der damals bei Sony für das ganze Universum verantwortlichen Amy Pascal führte. Als Pascal erklärte, dass Venom und Spider-Man im selben Universum existieren, schaute Feige äußerst verdutzt drein. Sein „Was zur Hölle?! Davon weiß ich aber nichts!“ sagender Gesichtsausdruck ging viral als Meme durch die Welt … und nach und nach schob er der Idee vom gemeinsamen Universum einen Riegel vor.

So verliefen die weitestgehend einseitigen Versuche von Sony, sich zum Beispiel mit einem Cameo von Michael Keaton ins MCU zu integrieren, im Sande. Und den Fans wurde immer mehr bewusst, dass das SSU zwar Spider-Man im Namen trägt, aber halt nicht viel mit dem MCU-Spider-Man zu tun hat.

Das SSU ist tot: "Es ist vergiftet"

Und nach dem Kassenflop „Kraven The Hunterist das SSU in der bislang bekannten Form wohl auch tot. Zum ersten Mal seit dem Beginn der großen Pläne, bei denen auch noch einige Projekte im Entwicklungsstadium auf der Strecke blieben, wird an keinem neuen Film gearbeitet. Weitere Titel in dieser Welt sind auch nicht zu erwarten. Man wird sich neu überlegen, was man mit den Rechten machen kann und irgendwann einen komplett neuen Anlauf warten.

Auch Vinciquerra bestätigt das Aus des bisherigen SSU in seinem Abschiedsinterview quasi – auch wenn das letzte Wort natürlich sein Nachfolger hat. Passend zu seiner bisherigen Argumentation hat das aber nichts damit zu tun, dass Spider-Man oder der MCU-Anschluss fehlen (oder die Filme teilweise einfach schlecht waren):

„Ich denke, wir müssen es [Anm.: das SSU] überdenken, einfach weil es vergiftet ist. Wenn wir noch einen herausbringen, wird er wieder zerstört, egal wie gut oder schlecht ist“, so der Bald-Ex-Sony-Pictures-Boss.

Auch die Marvel Studios mussten im MCU schon Rückschläge einstecken. Denn nicht alle Titel kamen gut an. Ein Beispiel findet ihr im folgenden Artikel:

"Alle werden ihn lieben!": Dieser herbe Rückschlag hat die Marvel Studios völlig kalt erwischt

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