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    Pilotkritik: Die "The Purge"-Serie kommt nur sehr schwer in die Gänge

    Nach vier „The Purge“-Kinofilmen ist nun die erste Folge der zehn Episoden umfassenden ersten Staffel der „The Purge“-TV-Serie erschienen. Wir haben sie uns angesehen – und sind enttäuscht.

    Patti Perret / USA Network

    Ganz kurz für alle, die das zentrale Szenario aus „The Purge - Die Säuberung“, „The Purge 2: Anarchy“, „The Purge 3: Election Year“ und dem erst vor wenigen Monaten erschienenen Prequel „The First Purge“ noch nicht kennen: Als Mittel der Verbrechensbekämpfung hat die Partei The New Founding Fathers in den USA die Purge eingeführt. Einmal im Jahr sind für eine Nacht alle Verbrechen inklusive Mord legal – so können die Einwohner ihre Wut und Frustration in einem Abwasch abbauen. In diesen zwölf Stunden sind auch Polizisten, Feuerwehrleute und Notärzte nicht im Einsatz. Dafür ist die USA dann – zumindest dem Konzept nach – an den übrigen 364 Tagen des Jahres ein sichererer Ort.

    Die „The Purge“-Fernsehserie, deren neuen Episoden hierzulande immer am Tag nach der US-Ausstrahlung auf Amazon Prime Video im englischen Original abrufbar sind (eine Synchornfassung folgt ab 21. September 2018), spielt nun ebenfalls während einer einzelnen Purge-Nacht (zwischendurch werden aber auch weitere Hintergründe zu den Figuren enthüllt). Franchise-Mastermind James DeMonaco hat dabei die Drehbücher zu allen zehn Folgen der ersten Staffel geschrieben – und nur dem Piloten „What Is America?“ nach zu urteilen, scheinen ihm langsam die Ideen ausgehen. Dass die Serie nicht dasselbe Affenzahn-Tempo wie die letzten „Purge“-Filme hinlegen würde, war ja abzusehen, immerhin wird hier eine Nacht in 500 statt in 90 Minuten verhandelt. Aber auch die einzelnen, sich überwiegend schleichend langsam in Bewegung setzenden Handlungsstränge erwecken nicht unbedingt den Eindruck, als würde ihre Auflösung das vorher aufzubringende Maß an Geduld rechtfertigen.

    Purgen oder gepurged werden

    Die erste Episode setzt etwa 90 Minuten vor dem Beginn der Purge ein. So bleibt dem Publikum genügend Zeit, um die Figuren noch ein wenig kennenzulernen, bevor dann das staatlich sanktionierte Abschlachten losgeht. Der Navy-Soldat Miguel (Gabriel Chavarria) sucht nach seiner Schwester, die er eigentlich in einer Drogenklinik vermutet hat, die sich aber inzwischen offenbar einem Selbstmord-Kult angeschlossen hat, dessen Mitglieder sich in der Purge-Nacht bereitwillig niedermetzeln lassen. Jane (Amanda Warren) ist ein hohes Tier in einer Investmentfirma und muss mit ihrem Team ausgerechnet in der Purge-Nacht für ihren Boss (William Baldwin) einen Deal unter Dach und Fach bringen. Das Pärchen Jenna (Hannah Emily Anderson) und Rick (Colin Woodell) ist zu einer pikfeinen Purge-Party eingeladen, wo sie Investoren für ihr Sozialwohnungsprojekt suchen...

    Natürlich steckt bei vielen dieser Purge-Miniaturen viel mehr dahinter, als es zunächst den Anschein hat (die Anspielungen auf das, was da noch kommen mag, sind nicht gerade besonders subtil). Aber zumindest in der ersten Folge gibt es noch keine angerissene Geschichte, die einen wirklich mitreißt oder zumindest ernsthaft neugierig macht, dafür sind das Skript und die Darsteller einfach zu blass. Erzählerisch geschickt gemacht ist eigentlich nur ein Kniff: Nachdem alle Protagonisten zunächst parallel vorgestellt werden und man nun glaubt, man hätte seine Sympathieträger für die anstehende Purge-Nacht beisammen, deutet sich plötzlich immer mehr an, dass sich unter den Hauptfiguren offenbar doch nicht nur potentielle Opfer und Helden, sondern womöglich auch angehende Purger befinden. Dieses Spiel mit der gelernten Seriendramaturgie ist nett gemacht.

    Kleine Beobachtungen und große Ideen

    Ja, es gibt auch in der „The Purge“-Serie – wie schon in den Kinofilmen – diese kleinen Beobachtungen, die besonders böse, bissig oder auch einfach nur schlüssig sind. Wenn etwa Jane und Rick mit dem Taxifahrer auf dem Weg zur Party darüber sprechen, dass es auch Kollegen von ihm gibt, die die ganze Nacht durchfahren, weil sie dann ein Vielfaches ihres üblichen Tarifes nehmen können, ist das eine wirklich richtigklingende Beobachtung. Aber solche Momente sind zumindest in der Pilotepisode absolute Mangelware. Die meisten Szenen haben einfach so gar nichts Interessantes an sich. Man bekommt nicht mal dieses typische Purge-Gefühl, dass hier gleich etwas wahrhaft Grauenhaftes vonstattengehen wird (was zumindest zum Teil auch wieder an den wenig überzeugenden Darstellern liegt).

    Ähnliches gilt für die großen Ideen: Eine Purge-Party der Superreichen hatten wir schließlich schon in „The Purge 3: Election Year“ – auch wenn es in der Serie zumindest noch einen kleinen Charles-Manson-Twist gibt. Und wer sich die Serie wegen des Purge-Gemetzels ansieht, der wird zumindest in der ersten Folge ebenfalls enttäuscht: Neben einer kurzen Nicht-Purge-Auseinandersetzung gibt es nur einen ganz kurzen Purge-Moment als finalen Paukenschlag der Episode. Dieser hat es thematisch zwar durchaus in sich, ist aber handwerklich erschreckend wenig intensiv umgesetzt – und damit meinen wir jetzt gar nicht mal, dass statt der eigentlichen Tat nur die Schatten der Purgenden zu sehen sind.

    Fazit

    Sicherlich haben ein oder zwei der im Piloten angelegten Purge-Szenarien Potential. Aber aktuell schleicht die Serie noch derart langsam voran, dass man wohl mehr Geduld als angemessen aufbringen müsste, bis sich bei den einzelnen Handlungssträngen endlich mal was auszahlt. Also lieber auf den fünften Kinofilm warten.

     

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