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    "Respektlos": Disneys "Mulan"-Realfilm erzürnt chinesische Fans

    Der erste Trailer zu Disneys „Mulan“-Realverfilmung, die sich stärker an der chinesischen Legende orientieren soll als der Zeichentrickfilm von 1998, erntet im Netz Kritik aus China für seine fehlerhafte Darstellung der asiatischen Kulturgeschichte.

    Disney ist dabei, alle seine beliebten Animations- in Realspielfilme (oder realistisch anmutende Animationsfilme) zu verwandeln. Nach „Die Schöne und das Biest“, „Aladdin“ und „Der König der Löwen“ steht mit „Mulan“ die Live-Action-Adaption eines weiteren 90er-Jahre-Disney-Klassikers in den Startlöchern. Anders als beispielsweise bei „König der Löwen“, bei dem es sich im Grunde fast Einstellung für Einstellung um denselben Film handelt wie damals, soll sich der neue „Mulan“ deutlich von der Zeichentrickvariante von 1998 abheben. Dazu geht man wohl auch zurück zum Ursprungstext, an den die erste Disney-Variante lose angelehnt ist: Die Ballade der Hua Mulan, ein Gedicht, das bereits im 4. oder 5. Jahrhundert in China verbreitet wurde.

    Dass sich Disney mit dieser neuen „Mulan“ mehr Mula in China verspricht, dürfte nicht nur für die Zyniker unter uns offensichtlich sein. Dass die Filmemacher dafür aber auch sorgfältiger im Umgang mit der chinesischen Kultur agieren und in dieser neuen Adaption mehr Wert auf historische Genauigkeit und eine respektvolle Darstellung der chinesischen Bevölkerung legen sollten, ebenso. Nicht zuletzt mit der Besetzung der in China hochpopulären Schauspielerin und Sängerin Liu Yifei zeigt Disney, dass der chinesische Markt eine Priorität bei der Vermarktung von „Mulan“ hat.

    Historischer Blödsinn

    Zumindest der erste Trailer wurde laut eines Berichtes von Variety von den meisten chinesischstämmigen Zuschauern positiv aufgenommen, so auch das von Modefotograf Chen Man erstellte erste Poster zum Film. Variety stützt sich dabei größtenteils auf einen Artikel des Onlineportals What’s On Weibo, auf dem sich redaktionell mit (pop-)kulturellen Trends in China auseinandergesetzt wird. Demnach gibt es jedoch auch einige kritische Stimmen aus dem Reich der Mitte oder zumindest von Leuten, die sich mit chinesischer Geschichte besser auszukennen scheinen als diejenigen, die für das Produktionsdesign der Neuauflage verantwortlich zeichnen.

    So wird beispielsweise moniert, bei Mulans Elternhaus handle es sich um ein Gebäude im Tulou-Stil (Wikipedia), einer Bauweise, die erst viele Jahrhunderte später während der Ming-Dynastie entwickelt wurde und noch dazu spezifisch für die Gegend der südlichen Fujian- bzw. Hokkien-Provinz ist. Bei Hua Mulan handelte es sich laut Legende allerdings um eine Frau aus Nordchina, die im 4. oder 5. Jahrhundert gelebt haben soll.

    Dieser Lapsus sorgt bei einigen Fans für die Bedenken, Disney könne sich bei der chinesischen Kultur bedienen, ohne auf Kontext oder historische Genauigkeit zu achten. Es geht [den Produzenten] nicht darum, Elemente einer Kultur, die sich von der Hollywoods unterscheidet, tatsächlich zu respektieren, sondern nur darum, etwas zu erschaffen, das [Amerikaner] angenehm und ansprechend finden“, heißt es in Varietys Überblick der Reaktionen. „Dieses Kuddelmuddel, orientalische Elemente, die nichts miteinander zu tun haben, zusammenzumischen, ist wirklich respektlos gegenüber nicht-westlichen Kulturen und Zuschauern“, so ein anderer Kommentar.

    Politisch fragwürdig

    Doch auch von anderen Seiten hagelt es Kritik. So beuge sich Disney laut einer Publikation des Guardian der „nationalistischen Agenda Chinas“, nur um hohe Einnahmen dort zu gewährleisten und einer Kontroverse oder gar einer Zensur durch den Staat vorzubeugen. Die Autorin des Artikels sieht im humorbefreiten Stil des „Mulan“-Trailers Parallelen zur Kritik der chinesischen Regierung an den im Land populären Imperial Dramas, einer Reihe Spielfilme mit historischem Setting, die den Nationalisten aufgrund ihrer Freizügigkeit und Emotionalität ein Dorn im Auge zu sein scheinen.

    Dass sich Disney mit seiner Neuauflage augenscheinlich beim chinesischen Publikum (und anscheinend auch der chinesischen Regierung) anbiedern will, auf der anderen Seite aber nicht auf dessen Sensibilitäten und kulturelles Erbe achtzugeben scheint, stößt also ganz schön vielen Leuten sauer auf. Das größte Problem westlicher Fans scheint hingegen zu sein, dass Drache Mushu aus der 1998er-Verfilmung (im Original gesprochen von Eddie Murphy) bisher noch in keiner Form in dem vorab veröffentlichten Material aufgetaucht ist.

    Geteiltes Echo nach "Mulan"-Trailer: Fehlt Mushu im Disney-Realfilm?

    „Mulan“ erscheint am 26. März 2020 in den deutschen Kinos.

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