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    Wieso ist "Halloween Kills" so brutal und wie geht es in "Halloween Ends" weiter? Wir haben Regisseur David Gordon Green gefragt
    Tobias Mayer
    Tobias Mayer
    -Redakteur
    Tobias hat die ganze Reihe geschaut, von „Halloween“ (1978) bis „Halloween Kills“ (2021), was angesichts bestimmter Teile schon eine Leistung für sich ist.

    „Halloween Kills“ ist ein großes Gemetzel – weil sich Regisseur David Gordon Green einfach nicht zurückhalten konnte. Das hat er uns im Interview erzählt. Und auch nach „Halloween Ends“ haben wir gefragt.

    Universal Studios. All Rights Reserved.

    Was haben die Kifferkomödie „Your Highness - Schwerter, Joints und scharfe Bräute“, die Politik-Dramödie „Die Wahlkämpferin“ und das Terror-Drama „Stronger“ gemeinsam? Alle drei wurden von David Gordon Green inszeniert und sind alles mögliche, aber bestimmt keine Horror-Filme. Trotzdem ist der Indie-Regisseur nun bestens im Geschäft, wenn es um Blut, Messer und Schreie geht:

    Sein „Halloween“-Film von 2018, der John Carpenters legendäres Original fortsetzte, wurde ein Hit. Nun ist „Halloween Kills“ in den Kinos angelaufen und macht dem Filmtitel alle Ehre: Die Blutspur, die der maskierte Michael Myers durch die Kleinstadt Haddonfield zieht, war noch nie so lang. Aber hat es diese Fortsetzung wirklich gebraucht?

    FILMSTARTS: David, nach deinem „Halloween“-Film von 2018 hatte ich zwei Gedanken. Der erste Gedanke war: Das ist der beste Film des Jahres! Der zweite Gedanke lautete: Diese Szene mit dem Feuer am Ende ist so ein perfekter Abschluss für die Geschichte von Michael Myers and Laurie Strode. Warum also hast du nach diesem Film nicht aufgehört, sondern machst eine ganze Trilogie?

    David Gordon Green: Die Motivation war: Es hat mir sehr viel Spaß gemacht und war kommerziell sehr erfolgreich. Das hatte ich davor nicht oft erlebt. Ich habe viele Filme gemacht, die mir Spaß gemacht haben, die dann aber niemand geschaut hat. Es war in den 20 Jahren meiner Karriere wirklich frustrierend, Leute davon zu überzeugen, meine Filme zu gucken. Nun habe ich endlich ein großes Publikum erreicht. Da höre ich doch nicht auf!

    Stell' dir vor, wie du siehst, wie viele Leute für deinen Film anstehen und dann in der Vorführung von ihren Sitzen aufspringen. Als Indie-Filmemacher habe ich mir immer gewünscht, dass sich mehr Leute für meine seltsamen Geschichten interessieren. Außerdem hat mir „Halloween“ in meiner Kindheit viel bedeutet und ich konnte mit ikonischen Menschen zusammenarbeiten, die für mich inspirierend waren. Der erste Film war da nur ein Vorgeschmack für mich. Also wollte ich die Welt von Haddonfield erweitern, alte Figuren zurückbringen und noch mehr „Halloween“-Filme drehen, bevor ich mich von diesem Franchise verabschiede.

    Er konnte sich einfach nicht zurückhalten

    FILMSTARTS: Die Morde in deinem „Halloween“-Film von 2018 und vor allem in „Halloween Kills“ sind viel grausamer als in John Carpenters Original und in den alten Fortsetzungen. Warum hast du dich für mehr Gewalt entschieden?

    David Gordon Green: Ich habe eigentlich versucht, genau das nicht zu machen, und es hat nicht geklappt.

    FILMSTARTS: Nope.

    David Gordon Green: Ich liebe John Carpenters Film für die Subtilität, Zurückhaltung und Spannung. Die Morde da sind einfach nur brillant, ohne grausam und grotesk zu sein. Aber wie dem auch sei – als wir den neuen Film gemacht haben, war da der meisterhafte Make-up und Effektspezialist Chris Nelson dabei. Dann sitzt du zwar im Schneideraum und denkst dir: Wir können nicht einfach jemandem die Augen ausdrücken, so was würde Jason machen, aber nicht Michael – doch ich war dann einfach zu fasziniert davon.

    Mein Cutter und ich haben dann gesagt: Ok, dieser Kill wird brutal, aber beim nächsten sind wir subtiler... und bevor wir uns versehen konnten, war der ganze Film brutal. Und das hat sich einfach richtig angefühlt. Man sollte nicht so viel darüber nachdenken. Ich habe ein paar Grundregeln festgelegt und schließlich einige davon gebrochen. Das gehört beim Geschichtenerzählen einfach dazu. Ich habe eine Idee, verfolge sie, aber der Flow führt mich woanders hin. Und dieser Film wurde viel brutaler, als ich das erwartet habe.

    FILMSTARTS: Das kann man so sagen...

    David Gordon Green: Und der Film heißt halt nicht umsonst „Halloween Kills“. Bei diesem Titel weiß jeder, was ihn erwartet.

    FILMSTARTS: Wie fallen dir eigentlich die Mord-Szenen ein? Werden sie im Skript beschrieben oder entsteht da auch was spontan am Set?

    David Gordon Green: Normalerweise stehen sie im Drehbuch und manchmal trage ich die Idee vorher schon lange mit mir herum, zum Beispiel wollte ich in einem Film schon immer jemanden durch die Achselhöhle erstechen lassen. Als Autoren wissen wir zumindest, welche Figur wann sterben soll. Wir lesen dann das Drehbuch gemeinsam mit dem Art Department und dem Make-up-Team und überlegen uns, welcher Kill Spaß machen würde. Normalerweise bleiben dir dann am Set nur ein oder zwei Takes, um es hinzubekommen. Dass diese Szenen in „Halloween Kills“ so gut aussehen, haben wir dem Make-up-Team zu verdanken.

    "Halloween Ends" wird anders

    FILMSTARTS: Meine nächste Frage hast du womöglich schon mal gestellt bekommen: Kannst du mir irgendwas zu „Halloween Ends“ sagen?

    David Gordon Green: Das Drehbuch ist fertig und tatsächlich habe ich es gerade erst an John Carpenter geschickt, damit er seine Anmerkungen macht. Was ich dir zur Story sagen kann: Der Film spielt vier Jahre nach „Halloween Kills“, also im Jahr seines Erscheinens, 2022. Die Figuren werden die Ereignisse von 1978 und 2018 verarbeitet haben und alles, was seitdem passiert ist. Der Film wird etwas kleiner, was das Ensemble angeht und ich betrachte den Film auf eine merkwürdige Art als Coming-of-Age-Story.

    FILMSTARTS: Aber es wird nicht das Ende sein, oder? Ich meine, der Film heißt zwar „Halloween Ends“, aber hier geht es um ein Horror-Franchise und die enden ja bekanntlich nie...

    David Gordon Green: Das hat John Carpenter gerade erst sehr gut gesagt: Solange die Filme Geld machen, werden weitere davon gedreht. (lacht)

    FILMSTARTS: Aber „Halloween Ends“ wird das Ende von deiner Geschichte, oder?

    David Gordon Green: Ja. Mir war es wichtig, meine Trilogie abschließen zu können. Ich konnte meinen Fingerabdruck an einem Vermächtnis hinterlassen, das ich ehren wollte. Danach ist es an anderen Filmemachern, die Mythologie fortzuführen.

    FILMSTARTS: Wie habt ihr eigentlich den Dr. Loomis in der Rückblende hinbekommen? Der sieht sehr wie Donald Pleasence aus, aber das kann er ja nicht sein, oder?

    David Gordon Green: Es ist nicht Donald Pleasence, es ist unser Construction Coordinator Tom Jones. Er war der Typ, der die Sets gebaut hat und er sieht einfach sehr nach Donald Pleasence aus. Heutzutage kannst du jemanden zwar am Computer wiederauferstehen lassen, aber zum einen hatten wir nicht genug Geld und zum anderen hatten wir einen Construction Coordinator, der einfach sehr nach Donald Pleasence aussieht, wenn er die Haare geschnitten und ein bisschen Make-up bekommt.

    Harter Dreh

    FILMSTARTS: Weil du gerade das Geld ansprichst: John Carpenter hatte damals nur ein sehr geringes Budget für seinen Film zur Verfügung. Hattest du im Großen und Ganzen genug Geld oder kann man einfach nie genug Geld bei einem Film haben?

    David Gordon Green: Für mich geht es nicht ums Geld, sondern um die Zeit. „Halloween Kills“ haben wir sieben Wochen lang jeweils die Nächte durch gedreht. Alle waren erschöpft und der Film war auch logistisch sehr schwierig: Es gab so viele Statisten und Stunts und Gewalt und Feuer und es wurde aus Gebäuden gesprungen. Alle diese Dinge sind wirklich schwer zu machen. Ich sage mir immer, dass ich mich beim Schreiben einfach mehr zurückhalten muss, aber es wäre andererseits eben schade, eine gute Idee nicht umzusetzen. Zum Glück hatte ich eine starke Crew. Das meiste bei diesem Film wurde in einem oder zwei Takes gedreht. Wir haben gefilmt, was wir konnten, dann weitergemacht und uns damit in so manche schwierige Situation im Schneide-Raum gebracht. Aber das gehört alles dazu.

    FILMSTARTS: Und es gab ein anderes große Problem bei „Halloween Kills“: Der Film sollte 2020 in die Kinos kommen, wurde wegen Corona aber auf 2021 verschoben. Hattest du dadurch die Möglichkeit, noch etwas am Film zu verbessern, oder hast du ihn überhaupt nicht mehr angerührt?

    David Gordon Green: Ich habe ihn nicht mehr angerührt. Vor ein paar Wochen hatte der Film in Venedig Premiere – und das war das erste Mal, dass ich ihn seit mehr als einem Jahr gesehen habe. Als ich vor der Premiere in Interviews saß, konnte ich mich mitunter gar nicht mehr genau an die finale Fassung erinnern. Ich hatte nicht mal mehr die Autorität über meinen eigenen Film. Doch ich freue mich, dass die Kinos jetzt wieder geöffnet haben und Menschen zurück in die Kinos gehen. Ich liebe es, Horrorfilme in einem vollen Saal zu schauen, nichts kann das ersetzen.

    FILMSTARTS: „Halloween“ war dein erster Horrorfilm. Wie hast du eigentlich gelernt, Horrorfilme zu machen?

    David Gordon Green: Ich habe in meinem Leben sehr viele Horrorfilme gesehen, sie studiert und immer mal wieder mit großen Einsatz versucht, selber welche zu drehen. An „Halloween“ zu arbeiten, war dann ein echtes Privileg, das mir viel bedeutet hat. Also habe ich John Carpenters Film studiert und mir überlegt, wie wir ein gegenwärtiges Publikum ansprechen können. Tonfall, Geschwindigkeit und Dramaturgie sind 40 Jahre später eben etwas anders, du kannst nicht einfach wiederholen, was damals gemacht wurde und das wollte ich sowieso nicht, denn das haben sie ja damals schon so meisterhaft gemacht.

    FILMSTARTS: Deine Trilogie ignoriert die „Halloween“-Sequels, aber gibt es alte „Halloween“-Fortsetzungen, die du magst?

    David Gordon Green: Ich finde bei jedem „Halloween“-Film etwas, das mir gefällt. Ich mag die Teile 2,3 und 4 echt gerne. Sie sind wirklich anders und wir konnten sie in unserer Story zwar nicht berücksichtigen, da sie nicht reingepasst haben, aber als Liebhaber des Franchises gucke ich sie mir gerne an.

    Ryan Green/Universal Pictures

    Nächstes Projekt: Eine neue "Exorzist"-Trilogie

    FILMSTARTS: Du wirst ja als nächstes einen neuen „Exorzisten“ drehen. Was hat dich daran gereizt, jetzt, fast 50 Jahre nach dem ikonischen Original?

    David Gordon Green: Meine Faszination war der Originalfilm und die Möglichkeit, mit der legendären Ellen Burstyn zu arbeiten. Es ist großartig, ihre Figur nach dieser langen Zeit weiterentwickeln zu können. Es ist meine nächste große Herausforderung. Wir werden sehen, was passiert, aber ich freue mich darauf, die Sache anzugehen.

    FILMSTARTS: Ich bin ein großer Fan von Horror – aber meine Freundin hasst diese Filme, und zwar so richtig. Kannst du mir sagen, wie ich sie davon überzeugen könnte, dass es kein besseres Genre gibt als dieses?

    David Gordon Green: Oh ha, interessante Frage.

    FILMSTARTS: Oder soll ich einfach aufgeben?

    David Gordon Green: Ich glaube, es ist wie mit Achterbahnen oder beim Fallschirmspringen. Manche Leute lieben das, andere wollen einfach nur wegrennen und so verhält es sich übrigens auch bei vielen meiner engen Freunde. Die sagen dann: Ich finde grundsätzlich gut, was du als Regisseur machst, doch deine Horrorfilme setze ich aus. Das muss ich respektieren, denn ich weiß, dass nicht jeder so fasziniert von Horrorfilmen ist, wie ich es bin. Aber viel Glück dabei, deine Freundin davon zu überzeugen.

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