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    Heimkino-Tipp: Ein beklemmender Mix aus Horror und Drama, den im Kino leider kaum jemand gesehen hat
    Sidney Schering
    Sidney Schering
    -Freier Autor und Kritiker
    Er findet Streaming zwar praktisch, eine echte Sammlung kann es für ihn aber nicht ersetzen: Was im eigenen Regal steht, ist sicher vor Internet-Blackouts, auslaufenden Lizenzverträgen und nachträglichen Schnitten.

    In „The Nest“ sprengen Jude Law und Carrie Coon Genregrenzen – das Ergebnis ist ein hervorragender Film, der mehr Aufmerksamkeit verdient hat.

    Ascot Elite Entertainment

    +++Meinung+++

    Satte zehn Jahre ist es her, seit Regisseur und Autor Sean Durkin sein Langfilmdebüt „Martha Marcy May Marlene“ vorlegte. Dies wurde von der Filmpresse direkt hoch gelobt – und auch das breite Publikum entdeckt den Film mit Marvel-Star Elizabeth Olsen in einer ihrer komplexesten Rollen sukzessive für sich. Bis zum US-Debüt von Durkins nächster Kino-Regiearbeit zogen satte neun Jahre ins Land – und dann ging der Film auch noch ebenso brutal wie unverdienterweise unter.

    In Deutschland erging es „The Nest“ nicht anders: Im Sommer 2021 mit überschaubarer Kopienzahl und genauso vernachlässigbarer Promo ins Kino entlassen, generierte der Film mit Jude Law und „Gone Girl“-Nebendarstellerin Carrie Coon keine nennenswerte Aufmerksamkeit. Ein wahrer Jammer – denn dieser Genregrenzen sprengende Film über Gier, Entfremdung und (fehlenden) Familienzusammenhalt ist überaus sehenswert. Zum Glück kann er ab sofort auf Blu-ray neu entdeckt werden!

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    Das ist "The Nest"

    Der ehrgeizige Unternehmer Rory (Jude Law) reißt seine Frau Allison (Carrie Coon) wieder einmal aus ihrem Alltag. Dieses Mal will er mit der Amerikanerin und den gemeinsamen Kindern in sein Heimatland England zurückziehen. Dort wartet laut ihm nämlich eine gigantische berufliche Chance – aber wie sich zeigt, warten dort vor allem Gefühlskälte, Orientierungslosigkeit und ein schauriges Gefühl der Entfremdung auf Rory und seine Familie …

    Bereits „Martha Marcy May Marlene“ lässt sich schwer einem Genre zuordnen – doch „The Nest“ ist eine wahre genretechnische Wundertüte. Durkin und sein Kameramann Mátyás Erdély, der bereits das verstörende KZ-Drama „Son of Saul“ filmte, fangen ihre Geschichte streckenweise in Bildern ein, die direkt aus einem Horrorfilm stammen könnten: Das neue englische Familienheim der Hauptfiguren etwa ist weitläufig, leer, hallig, zappenduster und geradezu desorientierend aufgebaut.

    Und wenn der Sohn von Rory und Allison eines Morgens in seinem Zimmer aufwacht, dessen Tapete ein das Auge trügendes Muster aufweist, sieht er kurzzeitig wie ein Riese aus. So drückt Durkin aus, wie lange wir und die Eltern des Buben ihn aus dem Blick verloren haben, es ist die drastische Visualisierung des Gedankens „Huch, du bist aber groß geworden!“ – aber es hat halt auch eine dezent beunruhigende Wirkung. Inhaltlich wiederum ist „The Nest“ primär ein Familiendrama – allerdings mit der angespannten Atmosphäre eines Psychothrillers.

    Aller geisterhaften Stimmung zum Trotz, „es sind keine buchstäblichen Geister“, um die es in diesem Film geht, „sondern sprichwörtliche Dämonen“ – wie es schon in der FILMSTARTS-Kritik zu „The Nest“ heißt. Mit intensivem, komplexen Schauspiel legen Coon und Law die Einsamkeit Allisons sowie die Gier Rorys offen, und verdeutlichen, wie sehr mangelnde Kommunikation ihre Beziehung zersetzt.

    Richtig schmerzhaft wird all dies, weil diese Familie nicht hoffnungslos verloren wirkt und zu Ablehnung einlädt. Sie verdient sich ein unwohles Mitleid, „dieses beklemmende Gefühl, dass weder Bleiben noch Trennung der richtige Weg“ für dieses Paar darstellt. Und genau daher hallt dieser Film noch länger nach, als es boshafte Sätze im zentralen Schauplatz tun: Einmal dieses Filmpaar kennengelernt, geistert es einem noch lange durch den Verstand.

    The Nest - Alles zu haben ist nie genug

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