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    Thanksgiving
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Thanksgiving

    Ein Feiertags-"Scream" mit einer Extraportion Blut und Gedärme!

    Von Stefan Geisler

    Eli Roth („Inglourious Basterds“) hat sich im Horror-Genre als Mann fürs Grobe einen Namen gemacht. Seine Spezialität ist nicht der subtile Grusel, stattdessen wird die Schockwirkung meist mit dem Dampfhammer erzielt. In seinen Filmen spritzt das Blut und fliegen die Gedärme – der von ihm inszenierte „Hostel“ ist ja 2005 nicht ohne Grund zu DEM Aushängeschild der Torture-Porn-Welle geworden. Mit „Thanksgiving“ bringt Eli Roth jetzt seinen neuen Slasher in die Kinos – wobei die Idee zu dem Erntedank-Massaker bereits 2007 entstanden ist:

    Damals arbeiteten Quentin Tarantino und Robert Rodriguez an ihrem Grindhouse-Doppel „Death Proof“ und „Planet Terror“, die zwar in Deutschland als zwei separate Filme in den Kinos liefen, in den USA aber als klassisches Double Feature gezeigt wurden – und zu einem solchen gehören eben zwingend auch (Fake-)Trailer: Zwei davon waren „Machete“ und „Hobo With A Shotgun“, die von Jason Eisener und Rodriguez selbst bereits zu Langfilmen verarbeitet wurden. Und jetzt, 16 Jahre nach der Veröffentlichung des Fake-Trailers, folgt auch noch „Thanksgiving“. Herausgekommen ist eine launig, mit einer Extraportion Gore servierte „Scream“-Variante, mit der sich Eli Roth tief vor seinen filmischen Vorbildern verbeugt.

    Die Bewohner*innen von Plymouth lieben Thanksgiving – zumindest bis jetzt!

    Plymouth im Bundesstaat Massachusetts gilt als Geburtsort des Thanksgiving-Brauchs. Dementsprechend spielt der Feiertag im Bewusstsein der Bewohner*innen auch eine ganz besondere Rolle – und wird deshalb jeden Oktober ausgelassen gefeiert! Dabei darf natürlich auch der Black-Friday-Shoppingwahnsinn nicht fehlen. Doch in diesem Jahr gerät die Kaufrausch-Sause außer Kontrolle und es kommt zur Massenpanik. Die Menschen fallen übereinander her und trampeln sich tot – und das nur wegen ein paar Sonderangeboten. Doch wer sind die wahren Schuldigen an dieser Tragödie?

    Ein Jahr später steht Thanksgiving wieder vor der Tür – und ein als Pilgervater John Carver maskierter Killer hat es auf all jene abgesehen, die ihren Teil zu dem Unglück beigetragen haben. Während Sheriff Newlon (der gerade zum Sexiest Man Alive gekürte Patrick Dempsey) versucht, den brutalen Taten ein Ende zu bereiten, gerät die Highschool-Clique um Jessica (Nell Verlaque), Gabby (Addison Rae) und Co. ins Visier des Serienmörders – denn die Gruppe ist an der Tragödie ebenfalls nicht ganz unschuldig…

    Eine Verbeugung vor dem Slasher-Genre

    Bereits der Prolog von „Thanksgiving“ ist vollgestopft mit Zitaten und Anspielungen auf John CarpenterWes Craven und George A. Romero. So dürfte vor allem der Zombie-Klassiker „Dawn Of The Dead“ Pate bei der folgenschweren Belagerung des Einkaufszentrums gestanden haben – doch statt aus nach Menschenfleisch lechzenden Zombies besteht die Meute hier aus schnäppchengeilen Shoppern, deren Leiber im allgemeinen Chaos gegen die Scheiben gepresst werden.

    Eli Roths blutiger Seitenhieb auf die Konsum-Zombies ist dabei erschreckend nah an der Realität. Schließlich erinnern die Szenen an die alljährlich im Internet kursierenden Überwachungskamera-Aufnahmen, in denen Menschen mit einer teils unglaublichen Rücksichtslosigkeit um die besten „Black Friday“-Angebote kämpfen. Wer diese Videos kennt, hat sich sicherlich schon einmal die Frage gestellt, warum es im Zuge der regelmäßigen Shopping-Gefechte nicht schon häufiger zu tödlichen Unfällen gekommen ist? In „Thanksgiving“ zelebriert Eli Roth dieses Chaos mit einer zynischen Freude an der Konsum-Dummheit und lässt selbst schwerverletzte Shopper noch mit dem letzten Atemzug nach einem reduzierten Waffeleisen greifen.

    Der serienmordende Pilgervater reiht sich wunderbar in die lange Liste von Festtags-Killern im Slasher-Genre ein!

    Die Verortung im Highschool-Setting lässt dabei schnell „Scream“-Vibes aufkommen. Teenage-Beziehungsdramen und Cliquen-Kämpfe treffen hier auf ein morbides Whodunit-Spiel. Doch im Gegensatz zu Wes Craven geht Eli Roth dabei deutlich grobschlächtiger zu Werk: So bleiben die Figuren zwar allesamt nur rudimentär gezeichnete Teenie-Stereotype, aber dafür gewinnt „Thanksgiving“ (zumindest in den Augen vieler Slasher-Fans) auch etwas hinzu, wenn die Kills hier noch mal eine ganz andere Dimension der Bösartigkeit erreichen als bei Ghostface. Wenn eines der Opfer bei lebendigem Leibe in einen gigantischen Ofen gestopft und kurze Zeit später goldbraun und knusprig den übrigen Protagonist*innen als Thanksgiving-Braten vorgesetzt wird, dann werden einige im Publikum sicherlich kräftig schlucken müssen.

    Leider liegt die größte Schwäche ausgerechnet in der Auflösung des blutigen Mörderspiels. Gerade im direkten Vergleich mit dem herrlichen bekloppten Meta-Rätselspaß der „Scream“-Reihe, welche selbst den legendär schwachsinnigen Verbrecher-Enthüllungen der „Scooby-Doo“-Cartoons inzwischen alle Ehre macht, wirkt die Killer-Pointe in „Thanksgiving“ dann doch etwas einfallslos. Und wer darauf gehofft hat, dass sich Eli Roth beim Look seines Horrorfilms an der Grindhouse-Ästhetik des zugrundeliegenden Fake-Trailers orientiert, wird ebenfalls enttäuscht: „Thanksgiving“ ist ein clean inszenierter Gore-Slasher, der zwar vor allem in Sachen Gewaltgrad den Geist der Grindhouse-Ära atmet, aber sich optisch nicht von sonstigen modernen Genre-Vertretern unterscheidet. Ein bisschen mehr visueller Mut hätte dem Film hier sicherlich gutgetan.

    Fazit: „Thanksgiving“ ist zwar eine Mischung aus „Scream“ und Feiertags-Slashern wie „Black Christmas“, bekommt durch Eli Roths Liebe für das Gore- und Grindhouse-Kino aber noch einmal eine ganz eigene, besonders fiese Note. Der mit einer Axt bewaffnete Pilgervater reiht sich wunderbar in die Riege sadistischer Feiertags-Killer ein, selbst wenn dem Film im finalen Akt etwas die Puste ausgeht.

     

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