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    Headhunters
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Headhunters
    Von Carsten Baumgardt

    Mit der Verfilmung der dreiteiligen „Millennium"-Trilogie („Verblendung", „Verdammnis", „Vergebung") von Bestsellerautor Stieg Larsson feierte das skandinavische Kino seinen bisher größten Erfolg. Da liegt es natürlich nahe, in der Region nach weiteren potentiellen Kinohits zu fahnden. Das hat sich auch die „Millennium"-Produktionsfirma Yellow Bird gedacht und ist schließlich bei Krimiautor Jo Nesbø fündig geworden. Nachdem sich der Bestsellerschreiber lange geziert hatte, gab er seinen 2008er Roman „Headhunters" schließlich doch zur Adaption frei. Allerdings wird die Verfilmung von Morten Tyldum wohl kaum an den Erfolg von „Verblendung" & Co. heranreichen – dafür ist die Regie zu sprunghaft: Zwar reiht er in seinem blutigen Thriller Wendung an Wendung, findet dabei aber nie zu einem einheitlichen Ton, weshalb der Film ständig zwischen Komödie, Thriller und Groteske irrlichtert und schlussendlich wenig homogen wirkt.

    Roger Brown (Aksel Hennie) hat ein Problem damit, nur 1,68 Meter groß zu sein. Seine Komplexe versucht er durch ausgestellten Luxus und selbstbewusstes Auftreten zu kompensieren. Seine Galeristen-Frau Diana (Synnøve Macody Lund) sieht aus wie ein Model und ist einen halben Kopf größer als ihr Gatte. Als einer der besten Headhunter Norwegens verdient Roger zwar gut, aber um seine Frau zu beeindrucken, überhäuft er sie mit teuren Geschenken, die er sich eigentlich gar nicht leisten kann. Also nutzt er die Informationen, die er bei Bewerbungsgesprächen aus seinen Gegenübern herauskitzelt, um ihnen anschließend wertvolle Kunstwerke aus den Wohnungen zu stehlen. Dabei hilft ihm sein Partner Ove (Eivind Sander), der bei einer Sicherheitsfirma arbeitet und für Roger die Alarmsysteme vorübergehend abschaltet. Als die beiden sich jedoch den ehemaligen CEO und Elitesoldaten Clas Greve (Nikolaj Coster-Waldau) als Opfer auswählen, verheben sie sich gewaltig...

    Mit seinen spannenden Krimis um den alkoholkranken Kommissar Harry Hole erarbeitete sich Jo Nesbø eine treue Fangemeinde. Mit dem Thriller „Headhunters" versuchte sich der Autor erstmals an einer Geschichte ohne Hole, behielt aber dieselbe ruppige Gangart bei. Diese Garstigkeit übernimmt auch Regisseur Morten Tyldum („Buddy"), setzt bei seiner Verfilmung aber vor allem auf seinen Hauptdarsteller Aksel Hennie („Max Manus") - was auch bitter nötig ist, weil er eine Menge auszubügeln hat. Der Filmemacher beginnt „Headhunters" wie eine Heist-Komödie im trotteligen Geist von „Der rosarote Panther", um dann recht bald ins Thrillerfach zu wechseln, bevor der Plot später in eine Gewaltorgie samt derben Splattereinlagen ausartet. Die Schlagzahl der immer obskurer ausfallenden Wendungen erhöht sich mit zunehmender Spieldauer immer weiter, bis selbst Tyldum nicht mehr hinterherkommt und der Ton des Films zwischen witzig und bedrohlich wild hin- und herspringt.

    Roger Brown ist keine Figur, die es einem Filmemacher leichter macht: Der Headhunter ist nämlich ein herrlicher Kotzbrocken – einer dieser egozentrischen Typen, die fremdgehen, aber ihrer Frau sofort das Büßerhemd überstreifen, wenn sie dasselbe tut. Aksel Hennie verkörpert seinen Charakter als satirische Antwort auf die üblichen aalglatten 08/15-Helden. Mit seiner linkischen Art zieht er sich immer wieder selbst den Kopf aus der Schlinge, obwohl er im Duell mit seinem in so ziemlich jeder Hinsicht überlegenen Gegner eigentlich gar keine Chance haben dürfte. Das verhindert aber nicht, dass sich in der Figur etliche Inkonsistenzen offenbaren: Roger ist angeblich einer der besten Headhunter des Landes, was er vor allem seiner überragenden Menschenkenntnis zu verdanken hat, aber immer wenn es darum geht, seine Widersacher zu beurteilen, setzt diese offenbar vollkommen aus. Stattdessen wird eine Wendung an die nächste geknallt, ohne darauf zu achten, ob diese nun stimmig ist oder nicht. Am Ende sind es dann einfach ein paar Twists zu viel, weshalb der Film zunehmend ins Beliebige abdriftet und deshalb irgendwann nur noch ermüdet.

    Optisch bewegt sich „Headhunters" auf solidem TV-Terrain. Ab und an motzt Kameramann John Andreas Andersen den Film zwar mit einigen Kinobildern auf, aber für die große Leinwand geschaffen ist der Thriller trotzdem nicht. Dazu ist die Bildsprache zu altbacken. Der eingestreute Humor ist genauso skurril, wie man es aus dem nordischen Kino erwartet. Da taucht Roger etwa in einer „Slumdog Millionär"-Reminiszenz in einer Fäkaliengrube ab und ein biestiger Hund wird mit der Gabel eines Traktors aufgespießt. Aber auch diese Elemente, die ein wenig an die schwarzen Komödien der Coen-Brüder („Blood Simple", „Fargo") gemahnen, hat Tyldum nicht wirklich im Griff.

    Fazit: Regisseur Morten Tyldum inszeniert „Headhunters" als rasenden Express von einem Film, der ihm jedoch immer wieder fulminant aus den Gleisen springt.

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