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    Dragon Eyes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Dragon Eyes
    Von Björn Becher

    Zu dem Nachnamen Hyams fällt Hardcore-Cinephilen sofort der passende Vorname Peter ein. Besagter Peter Hyams kann schließlich auf eine über 30-jährige Karriere als Regisseur, Drehbuchautor und Kameramann zurückblicken, in der Werke wie „2010: Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen" oder „Outland – Planet der Verdammten" ihn als soliden Handwerker mit einem guten Gespür für eindrückliche Bildkompositionen etablierten. Nun gilt es für alle Filmfreunde, sich einen zweiten Hyams zu merken: Nachdem er bei Dokumentationen und in Fernseharbeiten gezielt Erfahrungen sammelte, folgte 2009 mit „Universal Soldier: Regeneration" das Debüt von Peters Sohn John Hyams als Regisseur im Action-Genre. Gemeinsam mit dem Vater, der ihn als Kameramann unterstützte, hauchte Hyams Junior dem durch unsägliche TV-Fortsetzungen ruinierten Franchise nicht nur neues Leben ein, sondern übertraf mit einer kompromisslosen Action-Inszenierung und einem ernsten Ansatz sogar Roland Emmerichs Original von 1992. Noch bevor John Hyams nach diesem Achtungserfolg auch das nächste Sequel „Universal Soldier: Day of Reckoning" in Angriff nahm, engagierte ihn Erfolgsproduzent Joel Silver („Matrix", „Sherlock Holmes") für einen kleinen Action-Film zwischendurch: „Dragon Eyes". Der fällt zwar mit seinem schwachen Drehbuch und seinem farblosen Hauptdarsteller im Vergleich deutlich ab, zeigt aber trotz des geringen Budgets einmal mehr das Talent des Regisseurs.

    Irgendwo im gottverlassenen Nevada liegt das trostlose Kaff St. Jude. Hier führen rivalisierende Gangs das Regiment, die sich regelmäßig Scharmützel liefern. Eines Tages taucht der mysteriöse Hong (Cung Le) in dem Örtchen auf, mischt die Banden auf, schadet ihnen systematisch auch finanziell und spielt sie gegeneinander aus. Doch das stört bald nicht nur die Verbrecher, sondern auch den korrupten Polizeichef Mr. V (Peter Weller), der bislang sehr gut am Bandenkrieg verdient hat und der sich nun in die Auseinandersetzung einschaltet, um seine zweifelhaften Interessen zu wahren...

    Wie bei den „Universal Soldier"-Filmen arbeitet John Hyams auch bei „Dragon Eyes" mit Jean-Claude Van Damme zusammen, der für Vater Peter ebenfalls bereits mehrfach vor Kamera stand. Der Altstar übernimmt aber nur eine sehr kleine Rolle und ist ausschließlich in Rückblenden als Hongs Mentor Tiano zu sehen. Er macht den Jüngeren im Gefängnis zum regelrechten Bad-Ass und verfeinert nicht nur Hongs Kampfkünste, sondern bringt ihm auch die richtige Einstellung und Haltung bei, die man als harter Macker braucht. Wie schon bei seiner Selbstdemontage in „JCVD" oder jüngst als Bösewicht in „The Expendables 2", der so cool ist, dass er selbst in einem unterirdischen Stollen die Sonnenbrille aufbehält, beeindruckt Van Damme durch Ausstrahlung und Präzision. Und er zeigt nun auch in „Dragon Eyes", dass er nicht nur ein exzellenter Kampfsportler, sondern auch ein guter Schauspieler ist. Seine Auftritte in den kargen Verliesen des Knasts werden von Hyams zudem wirkungsvoll ins rechte Licht gerückt – Regisseur und Star bilden einmal mehr ein hervorragendes Gespann.

    Im Gegensatz zu Van Damme wurde Hauptdarsteller Cung Le eindeutig nur wegen seiner körperlichen Fähigkeiten engagiert. Der ehemalige Kampfsportler, der demnächst auch in RZAs „The Man With The Iron Fists" eine tragende Rolle innehaben wird, gilt seit einem eindrucksvollen Kurzauftritt in „True Legend" als Action-Teufelskerl. Doch so viel Spaß es macht, ihm beim Verprügeln seiner Widersacher zuzuschauen, so schwach sind seine übrigen Auftritte. Den Vergleich mit den berühmten Vorgängern in ähnlichen Rollen als „einsamer Fremder" wie Toshiro Mifune („Yojimbo – Der Leibwächter"), Clint Eastwood („Für eine Handvoll Dollar") und Bruce Willis („Last Man Standing") will man erst gar nicht bemühen, so haushoch würde Cung Le ihn verlieren. Nein, für schauspielerische Präsenz sind hier zwei alte Recken zuständig. Neben Van Damme ist dies „Robocop" Peter Weller, der eine völlig überzogene, durchgeknallte Einlage als modebewusster Polizeichef gibt, die entfernt an Michael C. Halls Bösewicht in „Gamer" erinnert – nur dass im doch recht konventionellen „Dragon Eyes" die Musicalnummer fehlt.

    Die von Regisseur John Hyams und Hauptdarsteller Cung Le gemeinsam choreographierten Actionszenen gelingen spielend, doch das knappe Budget von nur drei Millionen Dollar erlaubt sonst keine großen Sprünge. So zeigt Hyams zwar einmal mehr, dass er sich darauf versteht, völlig trostlose Industriekulissen wirkungsvoll in Szene zu setzen, doch etwas mehr könnte in St. Jude doch los sein. Das von Gang-Graffiti übersäte Ghetto-Dorf scheint außer den Banden, dem Polizeichef, der schönen Rosanna (Crystal Mantecon) und deren Vater keine Einwohner zu haben. Da machen sich die fehlenden Mittel deutlich bemerkbar und auch amüsant wird es nur dank Peter Wellers Überzeichnung bisweilen, die vermeintlich coolen Sprüchen und Posen der nicht immer ganz hellen Gang-Mitglieder laufen dagegen meist ins Leere. Humor liegt Hyams offenbar nicht, schon „Universal Soldier: Regeneration" beeindruckte gerade mit seiner Ernsthaftigkeit und so sind in „Dragon Eyes" ebenfalls die dramatischen Szenen (die Rückblenden mit Van Damme) neben den Action-Szenen die besten.

    Fazit: John Hyams übernahm die Regie von „Dragon Eyes", um die Zeit zwischen zwei „Universal Soldier"-Filmen zu überbrücken. Und trotz aller Schwächen zeigt auch der billig produzierte Lückenfüller immer wieder das Talent dieses Filmemachers, der das Action-Genre anders als viele seiner Kollegen erfrischend ernst nimmt.

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