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    The Cloverfield Paradox
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Cloverfield Paradox
    Von Christian Fußy

    Immerhin bleibt die Reihe sich treu. Bevor der von J.J. Abrams produzierte „Cloverfield“ 2008 in die Kinos kam, platzierte das Filmstudio Paramount einen Teaser vor seinem Mega-Blockbuster „Transformers“, in dem lediglich ein Datum, aber noch kein Titel für das Geheimprojekt angekündigt wurde. Auch bei „10 Cloverfield Lane“ von 2016 wurde erst zwei Monate vor dem Kinostart offenbart, dass der Mystery-Thriller ebenfalls im „Cloverfield“-Universum angesiedelt ist. Dieselbe Marketing-Charade sollte nun auch bei Julius Onahs lange Zeit als „God Particle“ geführten Sci-Fi-Horror aufgeführt werden – dabei war recht früh klar, dass es sich dabei tatsächlich um den dritten „Cloverfield“-Film handelt. Aber ohne eine faustdicke Überraschung wäre „The Cloverfield Paradox“ kein echter „Cloverfield“-Teil – und so verkaufte Paramount die Rechte wenige Monate vor dem Kinostart an Netflix und der Streaming-Anbieter wiederum verkündete in einem Werbespot während des Super Bowls 2018, dass der Film den Netflix-Kunden unmittelbar nach Ende des Football-Matches zur Sichtung zur Verfügung stehen wird. Überraschung definitiv geglückt, Film leider nicht so sehr.

    Weil auf der Erde das Öl knapp wird und über die letzten Reserven ein Dritter Weltkrieg auszubrechen droht, muss zügig eine neue Energiequelle gefunden werden. Ein internationales Team aus Wissenschaftlern arbeitet daran, die benötigte Energie mittels eines Teilchenbeschleunigers zu erzeugen. Da die Technologie aber als zu gefährlich eingestuft wird, um sie auf der Erde zu testen, wird ein sechsköpfiges Spezialistenteam unter Leitung von Kiel (David Oyelowo) in Begleitung eines Schiffsarztes (John Ortiz) in den Orbit geschickt, um die nötigen Experimente auf einer Raumstation durchzuführen. Nach mehreren Monaten im All kann die Truppe immer noch kein positives Ergebnis vorweisen und der Konflikt auf der Erde spitzt sich immer weiter zu. Auch in der Raumstation liegen die Nerven blank. Als die Spannungen innerhalb der Gruppe zu eskalieren drohen, gelingt Chef-Physiker Schmidt (Daniel Brühl) endlich der Durchbruch und die Maschine setzt Energie frei. Nach einem kurzen Moment der Erleichterung macht sich jedoch schnell Entsetzen breit: Die Erde ist komplett von allen Bildschirmen und Anzeigen verschwunden. Und dann taucht plötzlich eine unbekannte Astronautin (Elizabeth Debicki) auf, die behauptet, Teil der Crew zu sein. Weitere unerklärliche Ereignisse lassen nicht lange auf sich warten und schon bald muss die Crew um ihr Leben bangen...

    Eins vorweg: Wer nach dem fantastischen „10 Cloverfield Lane“ von „The Cloverfield Paradox“ einen ähnlichen Höhenflug erwartet, wird wohl oder übel bitter enttäuscht werden. Die abgesehen von einigen Kurzfilmen erst zweite Regiearbeit von Julius Onah („The Girl Is In Trouble“) fällt überaus durchwachsen aus und es ist durchaus nachvollziehbar, warum man bei Paramount offenbar keine Grundlage für einen erfolgreichen Kinostart gesehen und den Film an Netflix abgegeben hat. Aber wenigstens macht die prominente Besetzung ihren Job wirklich gut und hält das geneigte Publikum, das sich für Sci-Fi-Horrorabenteuer im Stile von „Event Horizon“ oder „Lifeforce“ interessiert, halbwegs bei der Stange – unter der Voraussetzung, dass man dem Film in Sachen Logik etwas Kulanz entgegenbringt. Während Daniel Brühl („Rush“) als zwielichtiger Wissenschaftler und Gugu Mbatha-Raw („Die Schöne und das Biest“) als seine Kollegin Ava Hamilton mit schlüssigen und abgerundeten Porträts ahnen lassen, was hier bei einem besseren Drehbuch möglich gewesen wäre, bereichern andere Stars wie David Oyelowo („Selma“) und Zhang Ziyi („Tiger & Dragon“) den Film durch ihre bloße Präsenz, bleiben aber komplett unterfordert, da in „The Cloverfield-Paradox“ die angedeuteten inneren Konflikte schnell Äußerlichkeiten weichen müssen.

    Auch der Horror-Part ist in diesem Genre-Hybriden ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite sind die einzelnen Schock-Szenen durchaus schick inszeniert, der erste fies eingefädelte Kill erinnert in seiner sinisteren Schonungslosigkeit nicht von ungefähr an Ridley Scotts „Alien“, auf der anderen Seite ergeben die Ereignisse, die zum verfrühten Ableben der Astronauten führen, zunehmend weniger Sinn. Wenn sich plötzlich mitten im Weltall ein Raum mit Wasser füllt, oder ein Arm von einer Wand gefressen wird und anschließend scheinbar ein Eigenleben entwickelt, macht das zwar durchaus Spaß, aber die hochinteressante Prämisse ist da schon längst nur noch ein fadenscheiniger Vorwand für alle möglichen mehr oder weniger gelungenen Absonderlichkeiten. Erst wenn Mbatha-Raws Ava Hamilton in der zweiten Hälfte des Film mehr in den Fokus rückt und sich zu dem externen Horror, dem sie ausgesetzt ist, noch eine emotionale Zerrissenheit gesellt, offenbart sich das Potenzial des zugrundeliegenden Konzepts, das leider nicht annähernd ausgeschöpft wird.

    Was die technische Seite der Umsetzung angeht, gibt es allerdings wenig zu bemängeln – auch wenn sich Freunde des derberen Horrors vielleicht noch ein paar blutigere Tötungsszenen gewünscht hätten: Ausstattung, Effekte und der Look des Films sind gelungen, die extreme Dominanz von Orange- und Blautönen in der Farbgebung ist jedoch sicher Geschmackssache. Gar nicht überzeugend fällt wiederum die Methode aus, mit der aus einem Science-Fiction-Projekt namens „God Particle“ ein „Cloverfield“-Film gemacht wurde.

    ACHTUNG SPOILER:

    Wie im Vorgänger wird auch in „The Cloverfield Paradox“ auf die Ereignisse in „Cloverfield“ verwiesen. Ein ganzer separater Handlungsstrang ist diesmal dafür abgestellt, zu dem Regisseur Onah zwischendurch immer wieder zurückkehrt. Das Publikum beobachtet die dramatischen Ereignisse auf der Erde dabei durch die Augen von Hamiltons Lebensgefährten Michael (Roger Davies). Die spärlichen Szenen mit ihm fühlen sich aufgesetzt und deplaziert an und sind größtenteils komplett unwichtig – und wenn das Ganze schließlich mit einem ebenso willkürlichen wie krampfhaft wirkenden Kniff endgültig in das „Cloverfield“-Universum eingepasst wird, dann unterstreicht das im Nachhinein noch das Gezwungene dieser wenigen Szenen.

    ENDE SPOILER

    Fazit: „The Cloverfield Paradox“ hat die Anlagen eines ordentlichen Sci-Fi-Spektakels und punktet mit seiner von der hervorragend aufgelegten Gugu Mbatha-Raw angeführten Besetzung, leidet aber im Verlauf immer stärker unter der zunehmenden Unlogik und Willkür des Geschehens.

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