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    Welcome Home
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Welcome Home

    Mein Nachbar, der Psychopath

    Von Lutz Granert

    Die Idee des erst freundlich-aufdringlichen, dann gefährlich-psychopathischen Nachbarn ist alles andere als neu. Einer unserer Favoriten: Samuel L. Jackson als rassistischer Cop in Neil LaButes „Lakeview Terrace“. Aber dass dieses auf den ersten Blick simple Konzept, das nun auch hinter der Direct-to-Heimkino-Veröffentlichung „Welcome Home“ steckt, trotzdem durchaus immer noch aufgehen kann, zeigt Regisseur George Ratliff („Wer's glaubt, wird selig - Salvation Boulevard“) nun zumindest in den Anfangsminuten seines Psychothrillers, in denen noch gekonnt Stimmung und Situation und somit auch Spannung aufgebaut werden. Doch die mit „Breaking Bad“-Star Aaron Paul und Supermodel Emily Ratajkowski in den Hauptrollen prominent besetzte Suspense-Story löst dieses Versprechen anschließend viel zu selten ein und verflacht stattdessen noch in der ersten Hälfte.

    Als er seine langjährige Freundin Cassie (Emily Ratajkowski) in flagranti beim Seitensprung mit einem anderen Mann erwischt, bricht für Bryan (Aaron Paul) eine Welt zusammen. Um die Beziehung doch noch zu retten, reist das Paar nach Italien. Beim Urlaub in einer abgelegenen Luxusvilla auf einem Weingut wollen sie wieder Vertrauen zueinander fassen. Doch die romantische Zweisamkeit währt nur kurz: Als sich Cassie beim Joggen verletzt, verarztet sie der zufällig vorbeikommende Nachbar Federico (Riccardo Scamarcio), der um keinen Flirt verlegen ist. Bryan reagiert auf den potenziellen Nebenbuhler äußerst eifersüchtig – und Federico, der in dem abgelegenen Feriendomizil überall Kameras installiert hat, entpuppt sich als aufdringlicher Psychopath, der gar nicht daran denkt, sich vertreiben zu lassen…

    Autor David Levinson etabliert in seinem ersten Langfilmskript die Figur des Federico sehr behutsam und offenbart betont langsam, wie sie sich immer stärker ins Leben von Cassie und Bryan hineinschleicht. Scheinbar aus reiner Höflichkeit bietet er zunächst eine Mitfahrgelegenheit in die nächste, kilometerweit entfernte Stadt an und leistet Bryan nach einem Streit mit Cassie in einer kleinen Kneipe Gesellschaft. Doch als Bryan nach einem Glas zu viel kaum mehr geradestehen kann, offenbart ihm der Italiener seine dunkle Seite. Trotz der bekannten Versatzstücke entsteht in diesem Teil des Films ein echtes Gefühl der Beklemmung – da hätte es die kurzen suggestiven jump scares mit den voyeuristischen Bildern der Überwachungsmonitore als abgenutzten Inszenierungskniff gar nicht zusätzlich gebraucht.

    Mit zunehmender Laufzeit verflacht der Plot mit konstruiert wirkenden Wendungen bis hin zu einer aufgesetzten medien- und gesellschaftskritischen Pointe immer mehr, so dass die anfangs sorgsam aufgebaute, durchaus nicht niedrige Erwartungshaltung schlussendlich nicht eingelöst wird. „Welcome Home“ verkommt zur zähen, nicht einmal mittelmäßigen und vor allem langweiligen Angelegenheit, bei der nur kleine inszenatorische Highlights noch etwas Begeisterung entfachen können: Die wundervollen, sonnendurchfluteten Postkartenaufnahmen der pittoresken Landschaft Umbriens und aus den Gassen des Städtchens Todi von Kameramann Shelly Johnson („The Expendables 2“) sind als Kontrapunkt zu den bemüht-abgründigen Psychospielchen beinahe schon verschenkt.

    Dass „Welcome Home“ nicht nachhaltig fesseln kann, liegt auch an der viel zu schablonenhaften Charakterzeichnung der drei Hauptfiguren. Riccardo Scamarcio („John Wick: Kapitel 2“) darf meist nur böse gucken – einzig ein diabolischer Monolog zur Kaninchenjagd als Allegorie auf das Verhalten eines Psychopathen bleibt von ihm in Erinnerung. Emily Ratajkowski („Gone Girl“) wird als reumütig-zickige Cassie allein auf ihr Äußeres reduziert. Passend dazu gibt es auch auffällig viele Szenen, die das Supermodel unter der Dusche oder in sexy Spitzenunterwäsche zeigen. Auch dem in den Dialogszenen um Tiefgang bemühten Aaron Paul („Need For Speed“) gelingt es nicht, mit seiner eindimensionalen Figur als aufbrausendes, von Cassies Seitensprung regelrecht traumatisiertes Nervenbündel nennenswerte schauspielerische Akzente zu setzen.

    Fazit: Der Psychothriller „Welcome Home“ beginnt trotz altbekannter Zutaten solide. Die zweite Hälfte gerät dann aufgrund von vorhersehbaren Wendungen und eindimensional bleibenden Charaktere ermüdend zäh.

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