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    Spy Kids: Armageddon
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Spy Kids: Armageddon

    Weniger Wahnwitz bedeutet auch weniger Spaß

    Von Sidney Schering

    Als vor 22 Jahren der erste „Spy Kids“-Film in die Kinos kam, waren nicht wenige Filmfans ziemlich überrascht: Nachdem er sich gerade erst mit dem vampirischen Gewaltexzess „From Dusk Till Dawn“ einen Namen gemacht hatte, lieferte Robert Rodriguez als Nachfolgeprojekt einfach einen quietschbunten Kinderfilm ab! Doch so groß die Verwunderung einst auch war, so selbstverständlich ist Rodriguez' Doppelleben inzwischen: Schließlich reichte er noch drei mit Star-Gastauftritten gespickte „Spy Kids“-Fortsetzungen nach – sowie drei weitere primär an Kinder gerichtete Filme in einem ähnlich bunten Kaubonbon-Stil (zuletzt die Netflix-Produktion „We Can Be Heroes“).

    2018 veröffentlichte Netflix zudem eine computeranimierte „Spy Kids“-Serie – an der Rodriguez allerdings lediglich als ausführender Produzent beteiligt war. Mit dem nunmehr fünften Realfilm kehrt Rodriguez als Regisseur zu seinem Kinderagenten-Franchise zurück – und verantwortet zudem einmal mehr das Drehbuch, dieses Mal gemeinsam mit seinem Sohn Racer Max. Sonderlich kreative Impulse wurden dabei jedoch nicht freigesetzt: Erzählerisch könnte das Netflix-Original „Spy Kids: Armageddon“ glatt als leicht modernisiertes Remake des Erstlings durchgehen. Neu sind hingegen der Verzicht auf das übliche Cameo-Dauerfeuer sowie die gewohnte Palette an schrillen Farben...

    Patty (Everly Carganilla) und Tony (Connor Esterson) sind die neuen Spy Kids!

    Nora (Gina Rodriguez) ist die weltbeste Spionin, Terrence (Zachary Levi) ist der weltbeste Spion. Zusammen sind sie das Ehepaar Tango-Torrez – die Eltern der vielleicht vielversprechendsten Kinder der Welt! Doch obwohl Patty (Everly Carganilla) und Tony (Connor Esterson) so manches Talent ihrer Eltern geerbt haben, mangelt es ihnen noch an Erfahrung sowie einer Gefahren erahnenden Spürnase:

    So hilft das Geschwister-Duo versehentlich dem mächtigen Spieleentwickler Rey Kingston (Billy Magnussen) dabei, ein gefährliches Computervirus zu aktivieren und zu verbreiten. Nun sind sämtliche Technologien der Welt hinter seinem Game versteckt – selbst Bankautomaten müssen erst durch erfolgreiches Zocken freigeschaltet werden! Als wäre das nicht schlimm genug, entführt der Schurke auch noch Nora und Terrence. Jetzt sind Patty und Tony die letzte Hoffnung…

    Vieles erinnert an Teil 1

    Ein Spitzenspion-Paar hält seine Arbeit vor seinen Kindern geheim, aber dann wird es vom böse Absichten verfolgenden Idol seiner Sprösslinge entführt, weshalb der Nachwuchs in die heroischen Fußstapfen seiner Eltern treten muss: So weit die deutlichen Ähnlichkeiten zwischen Teil eins und fünf der „Spy Kids“-Saga. Gestrichen wurde jedoch die Zwischenstation beim die Kinder behütenden Onkel – anders als die von Antonio Banderas und Carla Gugino gespielten Agenten-Eltern aus Teil 1 schubsen Nora und Terrence ihre Kinder nämlich beim ersten Anzeichen von Gefahr sofort in einen geheimen Spionage-Trainingsraum.

    Die wichtigste inhaltliche Änderung betrifft aber den Schurken: Im Original spielte Alan Cumming den wahnsinnigen Moderator einer Kinderfernsehsendung. Mit einem sich großspurig selbst inszenierenden Spieleentwickler ist Billy Magnussen als Rey Kingston ein am Puls der Zeit liegender Ersatz. Und selbst wenn Magnussen nicht derart quirlig-manisch aufspielt wie Cumming, ist sein Schurke klar das Highlight des Films: Der „007 - Keine Zeit zu sterben“-Nebendarsteller spielt den Gaming-Guru derart schmierig-selbstverliebt, dass es ein echtes Vergnügen ist, diese Figur zu hassen.

    Die erwachsenen Darsteller*innen haben diesmal leider wenig beizutragen.

    Leider ist Magnussen der einzige Erwachsene, der positiv auffällt. „Auslöschung“-Star Gina Rodriguez hinterlässt kaum Eindruck, Zachary Levi macht praktisch das Gegenteil seiner hyperaktiven Auftritte im DC-Franchise „Shazam!“ und schlafwandelt sich durch seine Szenen. Von der Leidenschaft, die zwischen Banderas und Gugino im Original waberte, ist gar nichts übrig. Auf Promi-Gastauftritte muss das ältere Publikum dieses Mal auch verzichten – nicht einmal Rodriguez-Dauerkollaborateur Danny Trejo gibt sich die Ehre!

    Stattdessen müssen sich mit den ursprünglichen „Spy Kids“-Filmen aufgewachsene Zuschauer*innen damit begnügen, dass markante Designs kurz erneut aufgegriffen werden oder dass der Untertitel des vierten Teils mit der Brechstange in einen Dialog gehebelt wird. Die eingestreuten Zitate an frühere „Spy Kids“-Filme stechen zudem auch deshalb besonders ins Auge, weil sie sich vom Rest des Films visuell abheben: Die grellen Farben und klobigen Formen, die in den alten Filmen entweder eine kindlich-überbordende Kreativität abgebildet haben oder einfach nur sonderbar-billig aussahen, haben sich verabschiedet. Im fünften Teil herrscht stattdessen ein generisch-geerdeter Look vor, der deutlich kohärenter und geordneter ist als das alte „Spy Kids“-Design – aber auch wesentlich langweiliger.

    Weniger Trubel – aber auch weniger Spaß

    Selbst die von Kingston geschaffene Videospielwelt ist (zumindest vor dem großen Finalkampf) ziemlich zahm gehalten. Löblich ist allerdings, dass Rodriguez erstmals in einem seiner Kinderfilme Wert auf solide eingearbeitete CG-Effekte legt: Die Digitaltricks in den alten „Spy Kids“-Filmen glichen oftmals der jeweils (vor-)letzten Konsolengeneration. Die animierten Handlanger in „Spy Kids: Armageddon“ hingegen werden zwar keinesfalls beim nächsten Effekt-Oscar mitmischen, integrieren sich aber plausibel ins reale Bild. Und mit einer Art „Ur-Volk-Transformer“ mischt sich unter die aufgewärmten „Spy Kids“-Schurkendesigns auch ein interessant gestalteter Neuzugang.

    Die kurzweiligen Passagen halten sich diesmal arg in Grenzen. Denn nicht nur das visuelle Kreativchaos der alten „Spy Kids“-Filme fehlt, sondern auch die wirre Entertainer-Urinstinkt-Energie, mit der Rodriguez in ihnen mit Action-Setpieces und Slapstick-Trubel nur so um sich warf. Das ist Fluch und Segen zugleich: „Spy Kids: Armageddon“ ist nicht derart anstrengend und voller humoristischer Rohrkrepierer wie Teil drei und vier der „Spy Kids“-Saga, aber zugleich halt auch deutlich weniger unterhaltsam als die ersten beiden Filme.

    Cooler Look – aber die neue Generation verzichtet auf das bonbonbunte Design!

    Bei so viel Leerlauf bleibt mehr Zeit fürs Nachdenken – und da tut sich dann doch so manches Logikloch auf: So bezeichnet sich Kingston selbst als Fan des späten 20. Jahrhunderts – doch beim Spielen seines Games sind alle Erwachsenen vollkommen hilflos, während einzig Kinder die Herausforderung meistern können. Abgesehen davon, dass der Twist, dass nur Kinder gut im Videospiele-Zocken sind, generell ein verstaubter Gag ist: Er beißt sich auch mit der filmeigenen Logik, müssten doch wenigstens jene Erwachsene, die selbst kurz vor der Jahrtausendwende noch gezockt haben, etwas mit Kingstons Schöpfung anzufangen wissen. Aber was soll's: Lieber solch einen Gehirnfurz als richtige Pups-Witze im Übermaß.

    Fazit: Die „Spy Kids“-Reihe ist zurück – mit besseren Effekten, generischem Look, weniger Trubel, weniger Stars und gedrosseltem Humor. Das Ergebnis ist nicht mehr derart exzentrisch wie die alten Teile, aber auch deutlich austauschbarer. Ein Kompromiss, der wohl kaum jemanden glücklich machen wird.

     

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