Mein Konto
    Ponyherz
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ponyherz

    Der erste Kinofilm zur erfolgreichen Buchreihe

    Von Jörg Brandes

    Markus Dietrich hat ein Händchen für Kinderfilmen. Mit dem für den Deutschen Filmpreis nominiertem „Sputnik“ gab er 2013 sein Kino-Regiedebüt. Es folgten „Invisible Sue“ (2019), „Willi und die Wunderkröte“ (2021) sowie „Die Mucklas und wie sie zu Petterson und Findus kamen“ (2022). Nur die im deutschen Kinderkino so beliebten Pferde spielten in seinen Filmen bisher keine Rolle.

    Aber das ändert sich nun: „Ponyherz“ geht auf eine Buchreihe der österreichischen Autorin Usch Luhn zurück, die bislang schon stolze 21 Bände über das pferdebegeisterte Mädchen Anni und den titelgebenden Vierbeiner verfasst hat. Die um das Gespann herumgestrickte Filmversion hat ihre Stärken, nervt aber auch mit der Zeichnung so mancher Erwachsenenfigur.

    Reife Leistung: Martha Haberland ist als Annie ein echter Gewinn für den Film!

    Weil sich das Ehepaar Katrin (Sophie Lutz) und Mark (Christoph Letkowski) dort mit einer Orchideen-Züchtung selbstständig machen will, muss Anni (Martha Haberland) mit ihren Eltern und ihrem kleinen Bruder Lars (Levi Drozd) nach Groß-Hottendorf ziehen. Der Abschied von Hamburg und ihrer besten Freundin Mara (Anandi Amram) fällt dem Mädchen so schwer wie das Einleben in ihrer neuen Umgebung. Einziger Lichtblick ist der etwa gleichaltrige Lorenz (Franz Krause), der auf dem Pferdehof seines Onkels Pieter (Peter Lohmeyer) lebt. In der Schule macht Anni indes besonders das Tussen-Duo Pia (Felizia Trube) und Bine (Amely Trinks) das Leben schwer.

    Als sich Anni nach einem üblen Streich total down in den Wald zurückzieht, kommt plötzlich ein Pferd aus dem Unterholz. Es hat die gleiche herzförmige Blässe auf der Stirn wie das Tier in Annis selbstgezeichneten Comic-Entwürfen. Kein Wunder, dass es sofort eine Verbindung zwischen den beiden gibt. Wie sich herausstellt, ist Ponyherz Teil einer wild gehaltenen Herde, für die Graf von Merfeld (Dieter Hallervorden) auf eigenem Grund und Boden ein Naturschutzgebiet eingerichtet hat. Doch die Idylle wird von einer Diebesbande gestört, die es auf Ponyherz und die anderen Wildpferde abgesehen hat…

    Lassie als Pferd

    „Ponyherz“ ist nicht der erste Film, der von einer innigen Freundschaft zwischen einem Mädchen und einem Pferd erzählt. Und er wird sicher nicht der letzte sein. In diesem Fall hilft die Freundschaft zum Tier der jungen Anni nicht nur, in ihrer neuen Umgebung Fuß zu fassen, sondern auch zwischenmenschliche Beziehungen zu knüpfen. Außerdem bewährt sie sich bei der abenteuerlichen Auseinandersetzung mit den Übeltäter*innen. Dramaturgisch greift das von Markus Dietrich und Peter Freund verfasste Drehbuch oft auf hinlänglich bewährte Muster zurück:

    Die magisch-ahnungsvolle Beziehung zwischen Mensch und Tier gab es zuletzt etwa schon zwischen Mika und „Ostwind“. In den fünf Filmen um den titelgebenden unbändigen Hengst waren die Aufnahmen der von Freiheitsliebe und Wildheit kündenden Ritte über Feld und Flur sogar noch ausgeprägter. Gleichwohl sind Kamerafrau Leah Striker in „Ponyherz“ ebenfalls schöne Bilder von galoppierenden Pferden in weitläufiger Landschaft gelungen. In spannenden Momenten erinnert wiederum manches an einen anderen kino- und fernsehbekannten Vierbeiner: Wie viele gefangengehaltene Mitgeschöpfe – seien es Menschen oder Tiere – konnten wohl schon dank einer so mutigen wie klugen Collie-Hündin namens Lassie aufgespürt und befreit werden?

    Bild 2

    Aber ein Pferdefilm lebt aber selbstverständlich auch von seiner menschlichen Heldin und der sie verkörpernden Darstellerin. Und da hat es Regisseur Dietrich mit Martha Haberland bestens getroffen. Die bereits TV-erfahrene Nachwuchs-Aktrice („In aller Freundschaft“) spielt ihren Part natürlich und verleiht Anni bei aller Sympathie, die man für sie empfindet, auch etwas Aufbrausendes. Die Opferrolle nimmt Anni jedenfalls nicht an.

    Das wird schon im meist beherzten Umgang mit ihren beiden Widersacherinnen in der neuen Klasse klar, die das Skript zum Glück nicht eindimensional blöd und gemein erscheinen lässt. Als Junge an Annis Seite darf auch Franz Krause einige Akzente setzen. Sein Lorenz ist erfreulich frei von Macker-Allüren und bildet einen ruhigen Gegenpol zu dem impulsiveren Mädchen. Romantische Momente zu Recht nicht ausgeschlossen.

    Nicht die Kids, sondern einige Erwachsene nerven

    Im Gegensatz zur Figurenzeichnung der Jugendlichen ist die der Erwachsenen allerdings nicht durchgängig glücklich. Dürfen Sophie Lutz und Christoph Letkowski als Annis Eltern, Peter Lohmeyer als Lorenz’ Onkel und Anna Schudt als Pias Mutter angenehm zurückhaltend agieren, ist bei vielen anderen übertriebenes Changieren angesagt:

    Während Dieter Hallervorden, der in „Rock My Heart“ (2017) noch einen bärbeißigen Pferdetrainer mimte, als spleenig-distinguierter Graf mit britischem Butler (Lucas Tavernier) noch durchgeht, wird’s bei einem nicht einmal ansatzweise ernstzunehmendem Dorfpolizeiduo (Neda Rahmanian, Michael Specht) schon etwas ärgerlich. Gar richtig nervig ist hingegen das extrem dösbaddelige Diebesduo Locke und Michi (Boris van Severen, Mora Vander Veeken), das direkt der Klamottenkiste entstiegen zu sein scheint und mit dem man eines ganz gewiss nicht kann: Pferde stehlen…

    Fazit: Markus Dietrichs Pferdefilm kann einiges aufweisen, was für ihn spricht – vor allem die reife Leistung der jungen Hauptdarstellerin Martha Haberland. Aber alles in allem sticht „Ponyherz“ aus der Vielzahl ähnlich gelagerter Streifen nicht besonders hervor.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top