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    Press Play And Love Again
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Press Play And Love Again

    Zeitreise per Walkman

    Von Oliver Kube

    Das Beste an der Erfindung der Audio-Kassette war wohl, dass es mit ihr erstmals jedermann möglich war, nicht nur kostengünstig Schallplatten zu überspielen, sondern auch Zusammenstellungen von Musikstücken nach eigenem Gusto zu kreieren – die Geburtsstunde der sogenannten „Mixtapes“. Manche bastelten sich so einen individuellen Begleiter für eine lange Autofahrt zusammen. Die Romantiker*innen unter uns nahmen hingegen Songabfolgen auf, um mit Hilfe ganz besonderer Lieder dem oder der Angebeteten ihr Innerstes zu öffnen. Oder man fertigte eine Art Klang-Dokumentation eines Sommers, einer Reise oder anderer Anlässe zur Erinnerung an – und genau diese Variante, hier als Soundtrack einer aufkeimenden Beziehung, spielt nun eine wichtige Rolle in „Press Play And Love Again“, dem Regie- und Drehbuch-Debüt von Greg Björkman.

    Das mit Sci-Fi- und Coming-Of-Age-Elementen versehene Liebesdrama ist nicht frei von Logiklöchern, aber welche Zeitreise-Geschichte ist das schon? Zudem drückt sie bisweilen ganz schön schamlos auf die Tränendrüsen. Trotzdem überzeugt der Film mit attraktiver Optik und stimmiger Atmosphäre, flottem Tempo, einem sympathischen Hauptdarsteller*innen-Duo sowie einer berührend-tragischen Lovestory irgendwo zwischen „Das Haus am See“ und „Alles eine Frage der Zeit“.

    Laura (Clara Rugaard) hat nur eine feste Anzahl von Songs, um ihren ums Leben gekommenen Geliebten vielleicht doch noch zu retten.

    Kunststudentin Laura (Clara Rugaard) hat sich ganz fürchterlich in Harrison (Lewis Pullman, der Sohn von „Independence Day“-Präsident Bill Pullman), den Bruder ihrer besten Freundin Chloe (Lyrica Okano), verknallt. Das frisch verliebte Paar verbringt die glücklichsten Wochen seines jungen Lebens miteinander. Harrison, der in einem Second-Hand-Plattenladen arbeitet, leidenschaftlicher Surfer ist und generell eine Ader fürs Altmodische hat, dokumentiert ihre aufblühende Beziehung dabei mit einem Mixtape. Immer, wenn die zwei besonders schöne Stunden am hawaiianischen Strand oder bei einem Indie-Pop-Konzert verbracht haben, fügt er der Kassette einen dazu passenden Titel hinzu. Aber noch bevor er das Tape komplettieren kann, wird er bei einem Verkehrsunfall getötet.

    Die verzweifelte Laura bringt es lange nicht fertig, sich das Tape anzuhören. Als sie es einige Jahre später dann doch endlich tut, geschieht etwas Unglaubliches: Für die Dauer der ersten Nummer reist sie in der Zeit zu dem Moment zurück, in dem sie und Harrison das Stück einst gemeinsam hörten. Nach dem Ende des Songs findet sie sich allerdings genauso plötzlich zurück in der Gegenwart. Laura ist verständlicherweise völlig baff und probiert es mit Track 2 gleich nochmal. Erneut steht sie daraufhin ihrem Freund für ein paar Minuten gegenüber. Da kommt ihr der Gedanke, dass sie auf diese Art vielleicht die Vergangenheit ändern, Harrison warnen und ihn retten könnte. Allerdings hat sie dazu nicht mehr viele Gelegenheiten, denn das Band lässt sich nicht zurückspulen…

    Die ganze Schönheit Hawaiis

    Der Hawaii-Look von „Press Play And Love Again“ trägt erheblich zum Gelingen des Projekts bei. Selten genug verschlägt es Filmemacher nach Hawaii. Was Geologie und Meteorologie betrifft bietet die US-Inselgruppe im Pazifischen Ozean einfach einen erstaunlichen Abwechslungsreichtum. Greg Björkman und sein Team nutzen die Gegebenheiten im Rahmen ihrer begrenzten Indie-Film-Möglichkeiten gut aus. Wir sehen urbane Szenen ebenso wie atemberaubende Bilder in menschenleerer (Küsten-)Natur. Dazu kommt das warme natürliche Licht, das die Farben und Kontraste noch satter und das Ganze so visuell sehr ansprechend macht.

    Zunächst bekommen wir dabei gar nicht allzu viel an Informationen über die beiden Protagonist*innen geliefert, sondern werden einfach in ihr Kennenlernen hineingeschmissen. Dennoch zeigen die Figuren gleich emotionale und charakterliche Tiefe. Das liegt einerseits an den Darsteller*innen, die sich ihre Rollen umgehend glaubhaft zu eigen machen, und andererseits an den Dialogen, die mit recht wenig Worten dennoch einiges über sie offenbaren. Wie Laura und Harrison, angereichert durch Blicke und kleine Gesten, miteinander über Musik und Malerei sprechen beziehungsweise spielerisch streiten, vermittelt authentische Leidenschaft für diese Themen auf beiden Seiten. Dass da der Funke überspringt, ist fast schon logisch.

    Greg Björkman hat trotz leichter Kitsch-Anflüge ein sehr gutes Gefühl für die Schönheit Hawaiis.

    Die zwei sind einfach sympathisch zusammen. Die romantische Energie zwischen dem ruhigen, nachdenklichen jungen Mann und der deutlich impulsiveren, emotionaleren Laura scheint geradezu greifbar. Clara Rugaard („I Am Mother“) erinnert nicht nur in puncto Optik, sondern auch in ihrem Habitus an die junge Alicia Vikander. Wir können uns schnell mit der von ihr gespielten Figur freuen und das Glück in ihren Augen nachvollziehen. Weshalb der geschickt ohne große Ankündigung sehr plötzlich kommende Tod ihres Geliebten auch das Publikum erst einmal mächtig schlucken lässt.

    Natürlich erinnert das Zeitreise-Set-Up ein wenig an den Gimmick von „...und täglich grüßt das Murmeltier“ oder „Edge Of Tomorrow“. Doch Björkman gibt dem Ganzen einen originellen Touch, indem er Laura aus eigenen Stücken – jeweils nur begrenzt auf ein paar Minuten und dann auch nicht immer wieder an denselben Moment – in die Vergangenheit zurückkehren lässt. Die in Bezug auf den visuellen Aufwand spektakulärste Szene ist dabei ein Segment, in dem die Batterien ihres als Zeitmaschine fungierenden Walkmans plötzlich den Geist aufgeben.

    Der Plattenladen-Yoda

    Solche spannenden, schlüssig aufgelösten Einfälle lassen über kleinere Schwächen hinwegsehen. So wirken die Mixtape-Lieder aus dem verträumten Dream-Pop-Genre (Japanese Breakfast, Will Joseph Cook, Slowdive) etwas klischeehaft – und die Konsequenzen von Lauras Eingreifen in die Vergangenheit auf die Gegenwart (Stichwort: Schmetterlingseffekt) sind auch nicht immer hundertprozentig stimmig. Auch die von sichtlich unterforderten TV-Veteranen wie Matt Walsh oder Christina Chang verkörperten Nebenfiguren sind leider größtenteils nur Staffage. Allein Lyrica Okano („Marvel's Runaways“) und „Lethal Weapon“-Star Danny Glover, der als Harrisons Boss eine Art Plattenladen-Yoda gibt, stechen da heraus. Insgesamt überwiegt bei „Press Play And Love Again“ aber klar das Positive, denn es fällt leicht, sich auf die Geschichte und Lauras wachsende Obsession, diese nachträglich noch verändern zu wollen, einzulassen.

    Fazit: Ein sympathisches Liebespaar, atmosphärische, attraktive Bilder und einige gelungene Zeitreise-Einfälle – so vergeht die ohnehin nur kurze Spielzeit dieses Mix aus Coming-Of-Age-Story, Verlust-Drama und Sci-Fi-Liebesgeschichte wie im Fluge.

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