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    Evidence
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Evidence
    Von Robert Cherkowski

    Found-Footage-Filme haben sich längst als eigene Sparte etabliert – ganz gleich, wie laut die Klagen über Kopfschmerz-verursachende Wackelkamera-Aufnahmen zuweilen auch werden. Seit dem „Blair Witch Project" ist das Muster einer pseudodokumentarischen Erzählung zahlreiche Male aufgegriffen worden, vom Blockbuster („Cloverfield") über Horror-Heuler („Devil Inside") bis hin zur deutschen Komödie („Das Hochzeitsvideo"). In einer Zeit, in der durch Handy-Videos ein jeder jederzeit alles aufnehmen, montieren, reflektieren und der Welt präsentieren kann, scheint das nur schlüssig – und von den Found-Footage-Hits 2012 ausgehend auch sehr begrüßenswert: Mit dem Fantasy-Kracher „Chronicle", der Party-Komödie „Project X" und dem Episodenhorror „V/H/S" wurde 2012 bereits in drei sehr unterschiedlichen Filmen demonstriert, wie einfallsreich das Format genutzt werden kann. Die verhältnismäßig spottbillige Produktionsweise und das inszenatorische Alibi „Wackelkamera" jedoch begünstigen auch viele uninspirierte und uninteressante Schnellschüsse. Und genau so einer ist Howie Askins' Horror-Film „Evidence".

    Draußen in der Natur und fern vom Lärm der Städte einfach mal die Seele baumeln lassen – das wünscht sich Ryan (Ryan McCoy), der seinen Campingausflug mit Abi (Abigail Richie), Ashley (Ashley Bracken) und Brett (Brett Rosenberg) trotz Zivilisationsflucht mit seiner Kamera dokumentieren will. Entspannte Aufnahmen mit Spaziergängen und Turteleien kommen dabei allerdings nicht heraus. Denn bereits kurz nach seiner Ankunft auf weiter Flur vernimmt das Quartett unheimliche Laute aus dem Wald, die Laute einer unheimlichen Mutation mit unstillbarem Appetit auf Menschenfleisch. Wenige Augenblicke später ist es mit dem schönen Urlaubstrip vorbei – und ein blutiger Albtraum beginnt...

    Nicht wenige Found-Footage-Produzenten setzen zurzeit weniger auf Qualität als vielmehr auf eine gut orchestrierte Hype-Maschinerie – so geschehen zuletzt bei „Devil Inside". Ähnliches gilt nun auch für „Evidence", einem Film, der allerdings kaum hypetauglich ist und sich gelegentlich wie ein altmodischer Backwood-Slasher vom Schlage eines „Freitag der 13." oder eines „Brennende Rache" anfühlt. Ursprünglich ging es im Found-Footage-Kino ja hauptsächlich darum, mit Erzählkonventionen zu brechen und sich mit selbstreferenzieller Verspieltheit von der Horror-Dutzendware abzuheben. In „Evidence" bleibt davon nur die Wackelkamera-Ästhetik, während inhaltlich längst angestaubte Genre-Allgemeinplätze abgespult werden. Das kostengünstige Found-Footage-Format scheint nur aus wirtschaftlichen Gründen eingesetzt worden zu sein, künstlerischen Mehrwert hat es hier nicht.

    Wer „The Cabin in the Woods" gesehen und sich darüber amüsiert hat, wie lässig die oberflächlichen Rollenschemata des Horrorkinos vorgeführt und unterminiert wurden, wird hier ein böses Erwachen erleben: Platter wurden Klischees lange nicht bedient. Zwei fade Frauenfiguren – ein Kumpelgirl und ein heißes Häschen – werden durchweg auf ihr Geschlecht reduziert und von zwei ziemlich unsympathischen Herren – einem Alphatier-Arschloch und einem Kamera-Nerd – umgarnt. Praktisch sieht das dann hauptsächlich so aus: Mittelmäßige Darsteller rezitieren maue Dialoge - und nach der knappen Einführung soll es dann auch schon so richtig unheimlich werden.

    Horror bedeutet hier vor allem, dass das Publikum einen miesen Holzhammer-Schockeffekt nach dem nächsten durchstehen muss, ehe die doofen Camper endlich verfrühstückt werden. Wenn sich die mysteriösen Gefahren des Waldes schließlich offenbaren, rennen die Urlauber minutenlang nur kreischend durch die Gegend. Regisseur Howie Askins versucht sich auf dem Weg scheinbar zufällig und ohne große Fortune an allerlei verschiedenen Horror-Genres, vom Creature-Feature mit einem mörderischen Mutantenbären bis zum militärischen Zombie-Spektakel à la „28 Days Later". Das wäre auch ohne Wackelkamera bestenfalls lauwarm gewesen, so aber ist schon einiges an Geduld und Aufmerksamkeit nötig, um dem abstrusen Geschehen überhaupt folgen zu können.

    Fazit: Howie Askins „Evidence" ist spannungsarmer Backwood-Horror mit schlecht geschriebenen Figuren, blassen Mimen und hanebüchenen Schockmomenten – und das alles in selbstzweckhaftem Found-Footage-Look.

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