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    Liebe lieber ungewöhnlich - Eine Beziehung mit Hindernissen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Liebe lieber ungewöhnlich - Eine Beziehung mit Hindernissen
    Von Christian Roman

    Man muss den Titel schon zwei Mal lesen, um „Liebe lieber ungewöhnlich“, das Regie-Debüt des „Broken Lizard“-Mitglieds Paul Soter („Super Troopers“), nicht mit Danny Boyles „Lebe lieber ungewöhnlich“ aus den Neunzigern zu verwechseln. Ganz so unkonventionell wie Boyles bizarre Liebeskomödie ist „Liebe lieber ungewöhnlich“, eine romantische Komödie mit Lucy Liu und Cillian Murphy in den Hauptrollen, dann auch nicht geworden. Dafür ist die Geschichte um den schüchternen Videothekenbesitzer Neil und die neue, völlig überdrehte Frau in seinem Leben ganz einfach zu vorhersehbar. Zuschauer, die bei der bloßen Erwähnung des Wortes Chick Flick Ausschlag bekommen, können jedoch beruhigt sein: „Liebe lieber ungewöhnlich“ ist ein charmanter Film über psychopathische Ex-Freunde, die Angst vor der Alltäglichkeit und die geheime Zutat für rote Grütze, in dem mehr Komödie als Romanze steckt.

    Neil (Cillian Murphy) ist - neudeutsch ausgedrückt - ein echter „Nerd“. Sein unabhängiger Videoverleih, der sich auf Klassiker und B-Movies spezialisiert hat, läuft mehr schlecht als recht. Nur dank einiger treuer Mitglieder kann er sich noch gegen die modernen „Media-Giant-Stores“ behaupten. Neil hat aber noch ein größeres Problem: Frauen. Seine längste Beziehung dauerte fünfzehn Monate. Allerdings ist er es, der die Frauen abserviert. Stets auf der Suche nach seiner eigenen Greta Garbo oder Faye Dunaway, verliert der Filmfreak schnell das Interesse an seinen Bekanntschaften, weil sie den Hollywood-Diven eben doch nie das Wasser reichen können. Was Neil braucht, ist Abwechslung. Und die tritt mit der überdrehten Violet (Lucy Liu) in seinen kleinen Laden, die fortan sein geordnetes Leben gehörig durcheinander wirbelt. Neil, der anfangs noch glaubt, seine neue Freundin sei einfach nur ein wenig schrullig, ist völlig fasziniert von Violets unbekümmerter Art. Zumindest, bis sie ihm den ersten Streich spielt…

    Violets urkomische Art, Neil immer wieder von neuem auf die Probe zu stellen, ist die größte Stärke des Films und versorgt den Zuschauer mit reichlich Lachern. Das erste gemeinsame Abendessen etwa läuft folgendermaßen ab: Violet, die wenige Minuten vor Neil im Restaurant auftaucht, schnappt sich alle umherstehenden Gläser und Flaschen und täuscht vor, völlig betrunken zu sein. In diesem Zustand offenbart sie ihm, dass er sie auf der Stelle flachlegen könne. Doch wie es sich für einen Gentleman gehört, lehnt Neil ab. Violet kann ihm nun vertrauen. Durch die Streiche gelingt es Violet Stück für Stück, herauszufinden, wie weit Neil für sie zu gehen bereit ist. Das offenbart allerdings bald den wahren Konflikt der Geschichte: Neil, der sich immer ein aufregenderes Leben gewünscht hat, ist von seinem Lebenswandel schnell ziemlich genervt. So schlägt „Liebe lieber ungewöhnlich“ gegen Ende ernsthaftere Töne an. Obwohl jedes Komplott, das Violet schmiedet, den Zuschauer von neuem verblüfft, ist der Schluss dann ziemlich genau vorherzusehen – ein Problem, an dem die Mehrheit der Genre-Vertreter krankt.

    Besonders amüsant sind die vielen kleinen Reminiszenzen an Klassiker der Filmgeschichte. Die Thematik des Films im Film ist keineswegs neu: Erst kürzlich haben Jack Black und Mos Def in der Komödie Abgedreht eindrucksvoll bewiesen, wie unterhaltsam Filmfreaks auf der Leinwand sein können. „Liebe lieber ungewöhnlich“ bedient sich ähnlicher Elemente. Die Exposition des Films liefert ein Werbespot für Neils Videoverleih, in dem er selbst die Hauptrolle spielt. Die detailverliebte Film-Noir-Optik erinnert an die düsteren Detektivfilme der 1940er Jahre. Immer wieder platziert Regisseur Soter gekonnt kleinere Filmzitate und -ausschnitte und lässt seine Darsteller über „Das Siebente Siegel“, Die Stadt der verlorenen Kinder oder Casino („GoodFellas für Arme…aber in Vegas“) sinnieren. Ein festlicher Nebenschauplatz für Filmkenner.

    Der Amerikaner Paul Soter führte bei „Liebe lieber ungewöhnlich“ zum ersten Mal Regie und schrieb nebenbei auch das Drehbuch zum Film. Soter ist einer von fünf Mitgliedern der Komödiantengruppe „Broken Lizard“, die sich auf seichte Komödien spezialisiert hat. Unter der Regie von Jay Chandrasekhar sind dabei Filme wie „Super Troopers“ und Bierfest entstanden, in denen Soter jeweils eine Hauptrolle übernahm. Mit „Liebe lieber ungewöhnlich“ verlässt Soter jetzt erstmals die „Broken Lizards“, um eigene Wege zu gehen, und hebt sich dabei deutlich vom Stil seiner früheren Produktionen ab.

    Soter stand ein vergleichsweise geringes Budget zu Verfügung. Davon dürfte ein Großteil an die renommierten Schauspieler Lucy Liu und Cillian Murphy geflossen sein. Den treibenden Part in „Liebe lieber ungewöhnlich“ übernimmt zweifellos Lucy Liu (Drei Engel für Charlie, Kill Bill Volume 1, Chicago). Gekonnt meistert sie den Spagat zwischen unberechenbarer Femme Fatale und dem quirlig überdrehten Mädchen von nebenan. Ihr exzentrischer Charakter erinnert dabei ein wenig an ihre Rolle als Josh Hartnetts weiblicher Sidekick in Lucky Number Slevin. Einzig ihr Äußeres wirkt stellenweise aufgesetzt: Eine knapp 40-Jährige, die sich wie eine College-Studentin kleidet, wirkt einfach albern. Schade ist auch, dass das Drehbuch ihrer Rolle insgesamt nur wenig Tiefe zusteht. Weder erfährt der Zuschauer, wo Violet herkommt oder was sie den ganzen Tag tut, noch den Grund für ihre permanente Abenteuerlust. Wie gewohnt erstklassig: Die Leistung des Iren Cillian Murphy (Sunshine, Breakfast On Pluto). Murphy, der eigentlich mit eher düsteren Rollen wie der Vogelscheuche aus Batman Begins oder dem Auftragsmörder aus Red Eye in Verbindung gebracht wird, verleiht seinem reservierten Neil einen ganz eigenen Charme. Nur am Rande sei noch erwähnt, dass der Regisseur in einer Szene selbst auftritt: als minderbemittelter UPS-Fahrer Jason.

    Fazit: Paul Soter liefert mit „Liebe lieber ungewöhnlich“ eine Komödie ab, die zwar nicht übermäßig originell, dafür aber recht unterhaltsam ist. Zwar kann der Zuschauer das Ende schon früh erahnen, aber wie so oft bei Komödien ist hier der Weg das Ziel. Und der ist mit detailverliebten Anspielungen auf zahlreiche Filmklassiker gespickt. Violets skurrile Streiche sorgen zudem garantiert für den einen oder anderen Lacher. Übrigens: Es ist das Salz, das die rote Grütze verfeinert.

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