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    Das Mädchen im Park
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Das Mädchen im Park
    Von Jens Hamp

    Mit zahlreichen Auszeichnungen – darunter auch der renommierte Pulitzer-Preis – für Der Beweis im Rücken wagt sich David Auburn erstmalig auf den Regiesessel. Mit Sigourney Weaver (Alien, Snow Cake) und Kate Bosworth (Superman Returns, 21) konnte sich der Amerikaner sogleich zwei namhafte Aktricen für die Hauptrolle seines Dramas angeln. Trotz interessanter Handlungsprämisse kann „Girl In The Park“ aber nicht einmal im Ansatz die Qualität des „Beweises“ erreichen.

    Julia Sandburg (Sigourney Weaver) ist die glückliche Mutter zweier Kinder. Während ihr Sohn Chris (Jack Rovello, später: Alessandro Nivola) schon die Schulbank drückt, geht die kleine Maggie (Daisy Tahan) noch artig mit ihrer Mutter auf den Spielplatz im Park. Ungnädig schlägt jedoch das Schicksal bei einem dieser Ausflüge zu: Von einen auf den anderen Moment verschwindet Maggie spurlos. Eine Welt bricht für Julia zusammen. Sie kapselt sich immer mehr von ihrem familiären Umfeld ab und wandelt sich zu einem emotionslosen Arbeitstier. 16 Jahre später trifft Julia die mittellose Louise (Kate Bosworth) und glaubt in dieser ihre verschwundene Tochter wieder gefunden zu haben. Nachdem Louise einige Nächte in der Wohnung ihrer vermeintlichen Mutter verbringen kann, entwickelt sich zwischen den beiden Frauen eine intensive Beziehung, die Julias Familie mit Argwohn missbilligt…

    Mit einfachsten Mitteln hätte David Auburn diese Ausgangslage in einen belanglosen Thriller abdriften lassen können. Louise hätte die emotionale Labilität ihrer „Mutter“ aufs Bitterste ausnutzen können. Julia hingegen hätte ihre „Tochter“ mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln an sich binden können. Leider entschied sich Auburn beim Verfassen des Drehbuchs für eine dramatische Variation des Themas. Trotz der diversen Auszeichnungen für seine literarischen Fähigkeiten versteht es der Amerikaner allerdings nicht, „Girl In The Park“ richtig zu akzentuieren. Für die Charakterisierung Julias ist es bereits von großem Nachteil, dass Auburn die Zeit zwischen dem Verlust und dem vermeintlichen Wiederfinden der Tochter ausblendet. Ein Großteil der Handlungen und Entscheidungen Julias wirken unter diesem Aspekt undurchdacht.

    Sicherlich ist bei diesen psychologischen Ausfallerscheinungen zu berücksichtigen, dass Louise urplötzlich in das Leben der noch immer trauernden Mutter tritt. Wenn sich Julia aber plötzlich von der gluckenhaften Mutter, die sich über das abendliche Ausgehverhalten ihrer mutmaßlichen Tochter aufregt, zu einer besten Freundin wandelt, erscheint dies zu sprunghaft. Ins Lächerliche driftet dieses Handeln gar ab, wenn Julia die Verhaltensweisen Louises übernimmt. Zunächst greift sie zu Zigaretten und Alkohol, dann geht sie mitten in der Nacht zu einem Arbeitskollegen (Elias Koteas, Shooter, Zodiac), um diesen zu verführen. Zwar sollen dies wohl die Klammermethoden sein, mit denen Julia ihre vermeintliche Tochter an sich binden will. Selbst für einen psychisch labilen Charakter erscheinen diese Entwicklungen aber nicht nachvollziehbar. Die Probleme der Figuren werden so nur oberflächlich angekratzt. Als sollten sie nur das Standardrepertoire der dramaturgischen Klaviatur bedienen.

    Als unmittelbare Folge dieser dramaturgischen Überspitzungen schießt „Girl In The Park“ häufig über das Ziel hinaus. Julia treibt sich nach dem ersten Treffen mit Louise auf Kinderspielplätzen herum und wird schließlich von der Polizei abgeholt. Selbst mit der Möglichkeit einer Schizophrenie scheint Auburn zeitweise bewusst zu spielen. Bei einem Besuch ihres von Alessandro Nivola (Junebug, The Eye) gespielten Sohnes Chris wird Louise zunächst nicht in der Wohnung gezeigt. Zigaretten liegen qualmend im Aschenbecher. Julia verhält sich ungewöhnlich. Als Zuschauer ist man wahrlich erleichtert als Louise dann doch auftaucht und der Film nicht in weitere Abgründe eines Schundromans entgleist.

    Mit diesen zahlreichen Drehbuchschwächen haben natürlich die Darsteller zu kämpfen. Insbesondere die überzogenen Eigenschaften ihrer Figur legen Sigourney Weaver große Steine in den Weg – und die eigentlich äußerst verlässliche Darstellerin kann diese nur bedingt überwinden. Viel zu häufig kann die Frau, die bereits Aliens erfolgreich bekämpfte, nicht verhindern, dass Julia in karikierte Schauspieltiefen verfällt. Dagegen tritt Kate Bosworth überraschend überzeugend auf. Sicherlich ist auch ihr Charakter derart überzogen, dass man ihn nur mit einem zugedrückten Auge als glaubhaft einstufen kann. Bosworth wirkt jedoch mit schadenfrohem Lächeln authentisch, wenn sie sich auf einer Familienfeierlichkeit unangebracht verhält und sie Julia gar als ihre Sponsorin im Hilfsprogramm für Sexsüchtige ausgibt.

    Unter dem Strich driftet David Auburns Regiedebüt „Girl In The Park“ viel zu häufig in die niederen Regionen einer Seifenoper ab. Die Figurenzeichnung ist zu oberflächlich, die Handlung zu platt und selbst eine Sigourney Weaver kann gegen diese Schwächen nicht überzeugend anspielen. Zwar reizt die Frage, ob Louise nun wirklich die verlorene Tochter ist, zum Weitergucken. Es ist jedoch ärgerlich, dass man sich für die Auflösung durch ein unterdurchschnittliches Netzwerk aus Belanglosigkeiten kämpfen muss. Vielleicht hätte Auburn doch gleich die Weichen auf einen standardisierten Psycho-Thriller stellen sollen. Sicherlich hätte er nicht häufiger als bei diesem unausgegorenen Drama in Langweile abdriften können.

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