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    Sergeant Pepper
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Sergeant Pepper
    Von Carsten Baumgardt

    Vor zwei Jahren feierte die Hamburger Regisseurin Sandra Nettelbeck, die an der San Francisco State University Film studiert hat, mit ihrem Kinodebüt „Bella Martha“ einen riesigen Erfolg. In Deutschland wurde der Film zu einem Programmkinohit (515.000 Besucher), der in den USA mit wenigen Kopien sensationelle 4,2 Millionen Dollar einnahm. Für ihren Nachfolger wagte sich Nettelbeck an einen Kinderfilm, kann aber mit „Sergeant Pepper“ weder die kleinen, noch die großen Zuschauer konsequent überzeugen. Trotz einiger skurril-liebenswerter Charaktere fesselt das Abenteuer zu wenig.

    Der sechsjährige Felix Singer (Neal Lennart Thomas) bereitet seinen Eltern Anna (Johanna ter Steege) und Johnny (Ulrich Thomsen) permanent Sorgen. Die meiste Zeit verbringt er in einem Tigerkostüm, spricht mit seinen Stofftieren und gibt altkluge Sprüche von sich. Das verschafft ihm einen Termin beim Therapeuten (August Zirner). Eine besondere Begegnung soll sein Leben verändern. Er trifft den Hund Sergeant Pepper (Stimme: Florian Lucas). Der steckt mächtig in Schwierigkeiten. Der Vierbeiner, der sich mit Felix unterhalten kann, hat eine Villa sowie ein stattliches Vermögen von seinem verstorbenen Herrchen geerbt. Dessen habgierige Kinder Corinna (Barbara Auer) und Simon von Gordenthal (Oliver Broumis) wollen sich das Erbe unter den Nagel reißen und den Hund dafür um die Ecke bringen. Auch wenn seine Eltern darüber nicht gerade erfreut sind, nehmen die Singers den Hund bei sich auf. Doch das Glück währt nicht allzu lange. Die gnadenlosen von Gordenthals machen Sergeant Pepper ausfindig und bekommen ihn in ihre Finger. Gemeinsam mit seiner Schwester Felicia (Carolyn Prein) will Felix seinen neuen, geliebten Freund retten...

    An der Aufgabe, einen Kinderfilm zu drehen, der für Nachwuchs wie Erwachsene gleichermaßen - bzw. auf verschiedenen Ebenen - unterhaltsam ist, sind schon ganz andere gescheitert. Deshalb orientierte sich Sandra Nettelbeck eher an US-amerikanischen Vorbildern, als an Deutschen. Ihr „Sergeant Pepper“ hat mehr von Disneys „Schneewittchen“ und „101 Dalmatiner, als von klassischer teutonischer Kinderunterhaltung. Bei der Auswahl der Figuren bewies die Regisseurin und Autorin nicht durchgehend ein gutes Näschen. Kinodebütant Neal Lennart Thomas ist als Felix eine solide Wahl. Das unterschätzte Kind, das sich gegen alle Widerstände behaupten muss, ist zwar als Idee nicht gerade neu, aber dank Thomas funktioniert diese Entwicklung recht gut. Auch die Niederländerin Johanna ter Steege („Das Jahr der ersten Küsse“) als liebevolle Mutter und Musikerin sowie der Däne Ulrich Thomsen („Blueprint“, „Baby“) als weltfremder Erfinder Marke Daniel Düsentrieb bringen „Sergeant Pepper“ Sympathie ein.

    Auf der Bösewichtseite liest sich die Bilanz nicht ganz so gut. Barbara Auer („Die innere Sicherheit“, „Solo für Klarinette“) agiert so subtil wie eine Dampframme. Sie chargiert hemmungslos und gibt eine schlechte deutsche Kopie von Cruella deVil aus „101 Dalmatiner“. Hier offenbart sich das größte Manko von „Sergeant Pepper“. Nettelbeck vertaut nicht auf ihr eigenes, feines Gespür als Regisseurin und setzt stattdessen auf Altbekanntes, Bewährtes und doch Klischeehaftes. Im Endeffekt wandelt sie auf ausgetretenen Pfaden. Slapstick und Klamauk mischen sich mit sanfter Satire, doch das alles war schon hundertfach zu sehen. Da helfen auch die Gastauftritte von Martina „Bella Martha“ Gedeck (als Nettelbeck-Selbstzitat), Christoph Maria Herbst („Der Wixxer“, „Aus der Tiefes des Raumes“), Peter Lohmeyer („Das Wunder von Bern“), Christiane Paul („Im Juli“, „Das Leben ist eine Baustelle“) und Jasmin Tabatabai (aus Nettelbecks TV-Erstling „Unbeständig und kühl“) nicht viel. Dies sind nur kleine Akzente, die nicht darüber hinwegtäuschen können, dass es „Sergeant Pepper“ an Einfühlungsvermögen und Subtilität mangelt.

    Die Zitate aus der Filmgeschichte (die Axt aus „Shinnig“, die Plastiktüte aus „American Beauty“) wirken zu beliebig, um als Konzept zu überzeugen. So wenig Unterhaltsames der Film auch für die Erwachsenen zu bieten hat, funktioniert das Ganze wenigstens für die ganz Kleinen etwas besser. Der zum Teil holprig wirkende Witz wird die jungen Besucher trotzdem amüsieren und Geschichten um eine tiefe Freundschaft zwischen Mensch und Tier sind normalerweise eine echte Bank in der Gunst des Nachwuchses. Dazu sind die Produktionswerte von „Sergeant Pepper“ auf solidem Niveau.

    Ein wenig mehr Mut zu den eigenen Fähigkeiten hätte Sandra Nettelbecks Film gut getan. Gerade das, was „Bella Martha“ auszeichnete, fehlt „Sergeant Pepper“ so dringend. Die Regisseurin sollte dem Kinderpublikum etwas mehr zutrauen, als die Verarbeitung der üblichen Klischees. Wahrscheinlich wird von den lieben Kleinen niemand meckern, aber ihnen auch einmal Neues, Inspirierteres vorzusetzen, dazu reichte es am Ende nicht. So ist „Sergeant Pepper“ für die Erwachsenenwelt kaum zu empfehlen und für Kinder allenfalls als Durchschnittskost zu konsumieren.

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