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    Trick 'r Treat - Die Nacht der Schrecken
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Trick 'r Treat - Die Nacht der Schrecken
    Von Jens Hamp

    Die Menschen gedenken seit jeher an besonderen Tagen ihrer Verstorbenen. Bereits die Kelten entflammten an Samhain Knochenfeuer, die Mexikaner schmücken am Día de los Muertos ihre Straßen mit Blumen und die Katholiken begehen Allerheiligen. Schließlich waren es irische Immigranten, die ihr Totenfest All Hallow’s Eve erst Nordamerika und dann dem Rest der Welt schmackhaft machten. Aber wer kann auch schon gespenstischen Verkleidungen, geschnitzten Kürbislaternen und um Süßigkeiten bettelnden Kindern widerstehen? Dass sich der 31. Oktober bestens für Horrorfilme eignet, weiß man spätestens seit John Carpenters Halloween. Dem wahren Geist der irischen Tradition spürt nun Drehbuchautor Michael Dougherty (X-Men 2, Superman Returns) in seinem Regiedebüt „Trick ’r Treat“ nach. In fünf Episoden erzählt er von den Sitten der Halloween-Nacht und bestraft zum Vergnügen des Zuschauers alle, die sich nicht an die Bräuche des Totenfestes halten.

    Zu Halloween kommt endlich Leben in das verschlafene Städtchen Warren Valley, Ohio. Allerdings gehen in diesem Jahr neben den Kostümierten, die auf der Parade feiern, auch mehrere Psychopathen umher: Der Direktor der örtlichen Schule (Dylan Baker, Fido, Spider-Man 2) lehrt einem gefräßigen Jungen aus der Nachbarschaft, dass man niemals Süßigkeiten von Fremden essen sollte. Auf der Suche nach einem Date gerät die als Rotkäppchen verkleidete Laurie (Anna Paquin, Oscar für Das Piano, X-Men) an einen blutlüsternen Frauenmörder. Ein verbitterter Eremit (Brian Cox, Troja, „X-Men 2“) macht qualvolle Bekanntschaft mit einem Halloween-Dämonen. Emma (Leslie Bibb, Iron Man, Gesetz der Rache) lernt, dass man Kürbiskerzen nicht vor dem Ende der Nacht ausbläst und eine Kindergruppe erfährt am eigenen Leib, dass manche Streiche einfach zu weit gehen…

    Seit zwei Jahren ist „Trick ’r Treat“ fertig gestellt und tingelt mit großem Erfolg über amerikanische Filmfestivals. Doch trotz der positiven Mund-zu-Mund-Propaganda weigerte sich der Verleih Warner standhaft, den Episoden-Gruselfilm zu veröffentlichen. Über die Gründe für diese Entscheidung kann man nur spekulieren. Vielleicht fehlte den Produzenten eine vermarktungswerte Hauptfigur oder sie befanden den Film in Hostel- und Saw-Zeiten als zu altmodisch und unblutig. Nach den überzeugenden Zahlen auf dem Heimkinomarkt kann nur konstaniert werden, dass diese Veröffentlichungspolitik eine miese Entscheidung war. Gerade in der Halloween-Saison erweist sich „Trick ’r Treat“ mit seiner leicht angestaubten Erzählweise als äußerst erfreuliche Abwechslung zu den aktuellen Horrortrends.

    Michael Dougherty wirft sein Publikum kopfüber in die Handlung und macht sich gleich in der ersten Episode einen diebischen Spaß daraus, mit den Erwartungen der Zuschauer zu spielen. Dass Halloween-Muffel Emma für ihre verfrühte Abbauaktion büßen muss, dürfte selbst einem unbedarften Genreneuling bewusst sein - und so kostet der Spielfilmdebütant die schaurigen Vorahnungen genüsslich aus: Verheißungsvoll schwillt die Musik an, aus jedem Winkel könnte das Unheilvolle hervorspringen. Die reproduzierten Versatzstücke des klassischen Spannungskinos sind in dieser Exposition natürlich völlig absehbar – dessen ist sich der Regisseur aber bewusst und geht daher mit einem gehörigen Augenzwinkern an die Inszenierung heran.

    Überhaupt ist „Trick ’r Treat“ mit reichlich rabenschwarzen Pointen verziert. Das Begraben eines Mordopfers erweist sich dank zahlloser Störungen als äußerst schwierig. Der Kampf mit dem Halloween-Dämon gleitet dezent ins Comichafte. Und selbst der obligatorische Striptease williger Frauen wird mit einem delikaten Twist ins Extreme überdreht. Für Zuschauer, die auch über den Genretellerrand hinausschauen, wartet Michael Dougherty zudem mit einer besonders zynischen Spitze auf: Während Charaktermime Dylan Baker in Happiness den Pädophilen Bill Maplewood spielte, wird er hier zum Kindermörder, der bei seinen Gräueltaten ständig von Filmsohn Billy unterbrochen wird. „Trick ’r Treat“ ist jedoch keinesfalls eine überdrehte Komödie, die sich pausenlos über die Genreeigenheiten lustig macht. Vielmehr tritt Dougherty trotz ironischer Schmankerl mit nostalgischer Ernsthaftigkeit an sein Sujet heran.

    Die Faszination des Halloween-Fests in Warren Valley ist zwei nicht unerheblichen Aspekten zu verdanken. Einerseits ist die Kameraarbeit von Glen MacPherson (16 Blocks) äußert liebevoll und verspielt. Mit verwinkelten Blickwinkeln erwecken die farbenfrohen Bilder stets den Eindruck einzelner Comicpanels. Andererseits beging Michael Dougherty beim Verfassen des Drehbuchs nicht den kapitalen Fehler, seine vier Gruselgeschichten lieblos aneinander zu klatschen. Charmant verknüpft er die einzelnen Episoden mit Hilfe der Festivitäten. So huschen immer wieder aus anderen Geschichten bereits bekannte Figuren im Hintergrund umher und unscheinbare Ereignisse wirken sich später auf andere Handlungsstränge aus.

    „If you don't follow the rules tonight, you won't live to see tomorrow.“

    Fazit: „Trick ’r Treat“ ist eine wunderbar altmodische Geisterbahnfahrt, deren einzelnen Lagerfeuergeschichten mit zynischen Überraschungen auftrumpfen. Aufgrund seiner früheren Superhelden-Drehbücher konnte Michael Dougherty zudem eine namhafte Darsteller-Riege zur Mitarbeit überreden, so dass sein Spielfilmdebüt als kurzweiliges Schauerstück überzeugt.

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