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    Batman Forever
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Batman Forever
    Von Martin Soyka

    Die ersten beiden Batman-Verfilmungen gerieten unter der Regie von Tim Burton (Nightmare Before Christmas) zu einer barocken und üppigen, nicht immer ganz durchdachten und vor allem nicht wirklich vorlagengetreuen Veranstaltung, bei der der Dunkle Ritter stets nur die zweite Geige spielen durfte. Stattdessen wurde seinen Widersachern immer der größere Platz eingeräumt. Nachdem der Regisseur Burton und sein Hauptdarsteller Michael Keaton für einen dritten Teil nicht mehr zur Verfügung standen, ging die Regie an den Routinier Joel Schumacher. Unter seiner Ägide und mit Val Kilmer in der Titelrolle wurde der dritte Teil „Batman Forever“ zu einer knallbunten und lauten Show.

    Großalarm in Gotham! Two-Face (Tommy Lee Jones, Auf der Flucht), ehemals Staatsanwalt Harvey Dent, und nun durchgeknallter Superschurke mit einer Fixierung auf die Ziffer 2, hat hoch über der Stadt eine Geiselnahme angezettelt. Die Polizei ist machtlos. Aber Hilfe ist in Gestalt Batman (Val Kilmer, Heat) auf dem Weg. Die anwesende Psychologin Chase Meridian (Nicole Kidman, Moulin Rouge) ist völlig von den Socken, wie sexy und unnahbar der Dunkle Ritter zur Tat schreitet. Geisel und Geld werden gerettet, aber Two-Face kann entkommen. Zur selben Zeit arbeitet im Unternehmen von Bruce Wayne der verrückte Wissenschaftler Edward Nygma (Jim Carrey, Die Truman Show) an einer Maschine, die menschliche Gedankenströme beeinflussen kann. Als seine Erfindung nicht die Zustimmung des Firmeninhabers findet, dreht Nygma durch. Er ermordet seinen Abteilungsvorgesetzten und flieht, um zu einer neuen Bedrohung zu werden: Der Riddler ist geboren, besessen von Rätseln aller Art und mit dem unbändigen Willen zur Macht. Da ihm klar ist, dass er allein gegen das fliegende Nachttier Batman keine Chance hat, verbündet er sich mit Two-Face. Doch Batman steht ebenfalls nicht allein. Er wird Zeuge, wie die Eltern des jugendlichen Artisten Dick Grayson (Chris O´Donnell, „Der Duft der Frauen“) von Two-Face ermordet werden und nimmt den jungen Mann unter seine Fittiche. Dem bleibt natürlich nicht verborgen, dass sich unter Wayne Manor eine ganz besondere Höhle befindet…

    „Batman Forever“ ist eine komplette Abkehr von dem Stil der Vorgängerfilme. Dort herrschte vorwiegend Düsternis, hier regieren schrille Farben, hektische Schnitte und hohes Tempo. Abgesehen von Michael Gough als Alfred und Pat Hingle als Commissioner Gordon gibt es niemanden aus den Vorgängerfilmen, der es in den dritten Streifen geschafft hat. Selbst das beliebte musikalische Batman-Thema wurde nicht wieder verwendet. Beschäftigten sich die ersten beiden Filme in erster Linie mit den Schurken und ihren Entstehungsgeschichten, springt dieser Film gleich in medias res. Harvey Dent ist bereits Two-Face geworden, seine Geschichte wird in einem kurzen Fernsehspot dazwischen geschoben. Der Riddler, in den Comics eher ein B-Schurke, bekommt deutlich mehr Platz eingeräumt. Allerdings wissen weder der Oscar-Preisträger Jones noch der ehemalige Erzkomödiant Carrey mit ihren Figuren so recht was anzufangen. Beide chargieren wild drauf los, als würden sie sich bei einem „Wer-ist-der-bessere-Joker?“-Wettbewerb befinden. Der Two-Face aus den Comics ist ein zutiefst gespaltener Mann, in sich gekehrt und nicht zugänglich, der an seinen inneren Widersprüchen zugrunde gegangen ist. Davon ist im Film nichts zu merken. Selbst Jones’ Make-up ist nicht zufriedenstellend, weil optisch einfach nicht plausibel. Der Riddler ist eigentlich ein schwacher Schurke, der mit Batman in erster Linie auf mentaler Ebene kämpft. Hier wird aus ihm ein Derwisch, laut, hysterisch und auf lange Sicht für den Zuschauer recht nervend.

    Val Kilmer ist ebenso wie sein Vorgänger Michael Keaton nicht gerade die Idealbesetzung für die Hauptfigur. Natürlich kommt er viel eleganter rüber, aber den rach- und gerechtigkeitssüchtigen Draufgänger nimmt man ihm ebenso wenig ab wie den Großindustriellen. Zugute halten muss man ihm, dass er in dem Bat-Kostüm in Latex-Optik schneidiger rüberkommt als Keaton, zumal die Rüstung generalüberholt wurde und offensichtlich mehr Bewegungsfreiheit bietet als das alte Modell. Den Kopf kann Batman aber immer noch nicht richtig drehen, auch wenn die Kameraarbeit das zu kaschieren versucht. Immerhin darf Batman endlich mal wirklich dynamische Faustkämpfe veranstalten, wonach die Vorlage auch verlangt, wird er dort doch als Ein-Mann-Armee dargestellt, die es mit bloßen Händen gegen fast jede bewaffnete Übermacht aufnehmen kann.

    Die weibliche Hauptfigur findet keine Entsprechung in der Print-Vorlage. Zugegebenermaßen ist es tatsächlich ein wenig schwierig, diesbezüglich aus den Comics Honig zu saugen, denn Vicky Vale und Selina Kyle wurden bereits verwurstet und sehr viel mehr Love Interests hatte Batman in den bis dahin fast 60 Jahren seiner Geschichte nicht gehabt, man glaubt es kaum. Dr. Meridian bleibt blass, und dass sich eine promovierte Seelenklempnerin sofort in den Lack-und-Leder-Mann verknallen muss, hat den Regisseur und bekennenden Homosexuellen Schumacher eine Menge Erklärungsarbeit gekostet.

    Die beste Rolle hat überraschender Weise der Neuzugang in der Bat-Höhle, namentlich Robin (Rotkehlchen), dessen Kampf-Ausbildung Wayne/Batman widerwillig übernimmt. Seine Wut und Rachsucht über den Mord an seinen Eltern ist ein nachvollziehbarer Grund für seine Verwandlung in einen Gerechtigkeitskämpfer. Auch das Kostüm ist besser gelungen als in der Comic-Vorlage, was man anerkennen muss. Chris O´Donnell macht das Beste aus seiner Nebenrolle und stiehlt Kilmer das eine oder andere Mal die Show. Ärgerlich ist nur, dass er am Ende statt als Boy-Wonder dann nur noch als Wunder-Geisel herhalten muss.

    Auch wird wieder einmal zuviel Wert auf das Äußere gelegt, statt auf das eigentlich viel interessantere Innere. Die Fortbewegungsmittel können nicht wirklich als urbane Kriegswaffen überzeugen. Schon das Batmobil ist eher eine fahrende Disco-Kugel und über den Sinn von Batwing und Batboat muss man ebenfalls nachdenken, zumal sie bald an der Wand landen. Die Bathöhle gleicht einem Rummelplatz. Und die Geschichte, um die es geht, ist überkandidelt im höchsten Maße und letztlich unspannend. Sie dient nur als loser Faden und Vorwand für ein optisches Feuerwerk.

    Gleichwohl ist der Film besser geraten als sein unsäglicher Nachfolger Batman und Robin, dem es gelang, das Franchise bis auf weiteres auf Eis zu legen. Trotzdem sollte man nicht unfair sein. Der Film hat mehr Tempo und ist auf seine Weise unterhaltender als die ersten beiden Filme. Wie die beiden Vorgänger und der Nachfolger hat der Film insgesamt das Problem, dass die Verantwortlichen keinen Respekt vor der Vorlage hatten. Wie es besser geht, haben uns später Spider-Man, X-Men und Batman Begins gezeigt, der erste Film aus dieser Reihe, der voll und ganz überzeugen konnte und der psychologischen Vieldeutigkeit der Comics gerecht wird. Für knallige Unterhaltung ohne jeden Anspruch ist „Batman Forever“ jedoch gut.

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