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    Restraint
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Restraint
    Von Jan Hamm

    „Restraint“, was übersetzt soviel wie Hemmnis oder Einschränkung bedeutet, ist das Spielfilmdebüt des Australiers David Denneen. Auch einer seiner Hauptdarsteller, das Calvin-Klein-Model David Fimmel, steht hier zum ersten Mal als Schauspieler vor der Kamera. Und wer sich mit den Genregesetzen auskennt, weiß bereits nach der Lektüre der Synopsis, worauf der Thriller hinausläuft. Ein großer Wurf war also kaum zu erwarten. Doch für diese Verhältnisse ist „Restraint“ erstaunlich ausgereift und hebt zwischenzeitlich gar zu einem kammerspielartigen Psychoduell ab, bevor er letztendlich wieder im sicheren Schoß der Konventionen und damit im Genre-Einerlei landet.

    Raubmörder Ron (David Fimmel) und seine Freundin Dale (Teresa Palmer) sind mit leichtem Vorsprung auf der Flucht vor der australischen Polizei. Auf der Suche nach einem neuen Wagen stoßen sie auf ein altes Herrenhaus, in dem sich der Kunsthändler Andrew (Stephen Moyer) vor der Außenwelt verschanzt hat. Die folgende Geiselnahme verläuft allerdings ungünstig, da sich der Agoraphobiker partout nicht aus dem Haus traut. Dann taucht auch noch Rons Foto in den Nachrichten auf und zwingt das Duo, sich vorerst in Andrews Festung einzurichten. Noch bevor ein neuer Fluchtplan ausgetüftelt ist, entwickelt sich zwischen dem charismatischen Gefangenen und der verunsicherten Dale eine sexuelle Anspannung, die Ron nicht lange verborgen bleibt. Die komplizierte Dreierkonstellation droht zu eskalieren...

    Regisseur Denneen und der in Australien als Rockmusiker bekannte Drehbuchautor Dave Warner nutzen die Ausgangssituation fast wie eine Versuchsanordnung. Drei grundverschiedene Menschen werden in einem durch diverse Umstände abgeriegelten Areal ausgesetzt – und dann wird untersucht, was passiert. Ron ist simpel gestrickt und brutal, wirkt aber durch seine unausgesprochene Sehnsucht nach Dale wie ein fragiles Kind. Er behandelt sie wie eine Sklavin und ist dennoch von ihrer Bestätigung abhängig. Dale selber ist auch so eine verlorene Seele und hält weniger aufgrund krimineller Energie, als vielmehr aus Angst vor der Einsamkeit zu Ron. Andrew schließlich ist wegen seiner Phobie vor unkontrollierbarem und unüberschaubarem Raum längst so vereinsamt, dass er die Gelegenheit ergreift und durch scheinbare Kooperation mehr Einfluss auf Dale ausübt, als es seine Peiniger zunächst wahrnehmen. Alle drei Charaktere werden angemessen glaubwürdig und intensiv von ihren Darstellern entwickelt. Vor allem David Fimmel verleiht Ron ohne nennenswerte schauspielerische Vorkenntnisse eine bedrohliche und zugleich mitleiderregende Aura.

    Im Mittelteil werden die jeweiligen „restraints“, die die Charaktere überwinden müssen, um ihrer Einsamkeit zu entfliehen, ausgelotet. Dabei wird Dale immer mehr zum Spielball der beiden Männer. Insbesondere Andrew, der Dale schrittweise zur Wiedergängerin seiner verschwundenen Verlobten umgestaltet, unterwandert damit ihre Sehnsucht, so akzeptiert zu werden, wie sie ist. Unabhängig von der Geiselnahme wird sie als eigentliches Opfer etabliert und dadurch vage zur Hauptfigur bestimmt. Dennoch spielt sie das Spiel mit. Und so eignet sich niemand als richtiger Sympathieträger. Es bleibt bei der Beobachtung einer Versuchsanordnung. Ein stringenter Thriller-Plot kristallisiert sich nicht heraus und auch Spannung kommt kaum auf. Interessant und psychologisch präzise ist das alles allerdings trotzdem. Das alte Herrenhaus als Versuchsareal ist sehr atmosphärisch und passt in seiner Unaufgeräumtheit und Dunkelheit durchaus als Heimstatt aller drei „verlorenen Seelen“.

    Und dann kommen die Eskalation und damit der Absturz in die Belanglosigkeit. In kürzester Zeit versammeln sich Streckmittel und Ungereimtheiten, die klaustrophobische Atmosphäre wird durch mittelmäßig inszenierte Actionsequenzen aufgebrochen. Ron läuft endgültig Amok und Andrew benimmt sich beim Kampf über alle Hausetagen stellenweise derart blöde, dass fast der Eindruck entsteht, er wünsche sich eine Kugel im Rücken. Dabei ist zu keinem Zeitpunkt klar, was Andrew mit der endlosen Flucht durch die eigenen vier Wände, die er ohnehin (vorerst) nicht verlassen kann, eigentlich erreichen will. Die finale Konfrontation ist dann sehr vorhersehbar und deshalb langweilig. Eine Auflösung der angespannten Dreierkonstellation auf ruhigerem Wege hätte „Restraint“ unkonventionell und mutig abgerundet.

    Fazit: „Restraint“ ist ein kleiner Thriller, der ansprechend gespielt ist und für Debütfilmverhältnisse erstaunlich viel Gehalt und Ruhe im Mittelteil mitbringt. Durch die Reduktion auf drei Figuren, die nur gelegentlich durch kurze Ausflüge unterbrochen wird, gewinnt das Szenario an Intensität. Das Fehlen eines handfesten Plots fällt allerdings negativ ins Gewicht, Spannung kommt selten auf und der Schlussakt ist uninspiriert und zu dick aufgetragen.

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