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    Meet the Feebles
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Meet the Feebles
    Von Robert Cherkowski

    Peter Jacksons Karriere als Regisseur ist mit bisher gerade einmal elf Langfilmen immer noch verhältnismäßig überschaubar und doch hat er kaum eine der typischen Etappen im Lebenslauf eines Star-Filmemachers ausgelassen. Da gibt es den noch reichlich amateurhaft daherkommenden frühen Wurf („Bad Taste"), die kultige Visitenkarte, die gleichzeitig als Empfehlungsschreiben für größere Aufgaben dient („Braindead"), und den behutsamen, etwas aus dem Rahmen fallenden Kritikerliebling („Heavenly Creatures"), der zeigt, dass der Künstler auch anders kam. Schließlich ist da das ganz große Lebenswerk („Der Herr der Ringe"), das seinem Schöpfer einen Platz in den Ruhmeshallen der Kinounterhaltung sichert und nach dem zuletzt nichts Gleichwertiges mehr kam („In meinem Himmel"). Da vergisst man leicht die kleinen, oft obskur erscheinenden Nebenwerke, Grenzgänge und Fingerübungen, die vielleicht nie zu den großen Sternstunden des Schaffens gezählt werden und die dennoch einen ganz eigenen Reiz haben. Dazu zählt bei Jackson neben dem herrlichen Mockumentary „Forgotten Silver" die schwarze Komödie „Meet the Feebles" - ein in mancher Hinsicht ungewöhnliches und ungewohntes, aber nichtsdestoweniger sehenswertes Werk. Mit seinem wahnwitzigen Puppentheater überschreitet Jackson so gut wie jede Geschmacksgrenze und schämt sich nicht dafür. Es bleibt kein Stein auf dem anderen und kein Auge trocken.

    „There's no business like show business" – keiner weiß das besser als die Stars in der Manege des Feebles-Varietés. Die mit allerhand Viehzeug belegte Show ist zwar der heißeste Act der Stadt, doch hinter den Kulissen brodelt es gewaltig. Nilpferd Heidi, der Star der Truppe, wird bei jeder Gelegenheit von der drogendealenden und pornodrehenden Ratte Trevor beleidigt und von ihrem Mann, dem Produzenten/Walross Bletch nach Strich und Faden mit der Miezekatze Samantha betrogen. Der Igel Robert ist derweil unsterblich in die Robbe Lucille verliebt und der sexsüchtige Hase Harry hat sich bei einer seiner Liebschaften möglicherweise „das Schlimmste" eingefangen. Als wäre das nicht schon Chaos-Potential genug, treibt sich in den Kulissen auch noch der von Vietnam traumatisierte und drogenabhängige Frosch Wynard herum, dessen Psychosen bald schon das Fass zum Überlaufen bringen...

    Nein, hehre Kunst ist „Meet the Feebles" bei weitem nicht. Man merkt dem Werk in jeder Sekunde an, dass es sich hier um die Sorte Stoff handelt, die eher einem bierseligen Brainstorming als einer ernsthaften Vision entsprungen sind. Hier wurde eine Schnapsidee mit viel Elan in die Tat umgesetzt, auch wenn das fertige Produkt mehr aufgrund seiner seltsamen Prämisse als durch seine inszenatorische Finesse im Gedächtnis bleibt. Wie schon zuvor in „Bad Taste" und wie wenig später in „Braindead" stellt Jackson höchste Geschmacklosigkeiten neben kindliche Naivität und sieht zu, wie beide einander unterwandern, bis das größte Blutbad wie ein ausgelassener Kindergeburtstag daherkommt und kitschige Love Storys einen giftigen Unterton bekommen. In „Meet the Feebles" treibt Jackson dieses Prinzip schon sehr früh auf die Spitze und so kommt der Film von Anfang an daher wie eine wilde Mischung aus der „Muppet Show" und dem Troma-Reißer „Blood Sucking Freaks", eine Mixtur, die durchaus für den schnellen Kick zu gebrauchen ist, aber schwerlich einen abendfüllenden Film zu tragen vermag.

    Sehr schnell wird das Puppentheater zu einer wüsten Aneinanderreihung von Schmuddelgags, die zwar mit erstaunlicher Dichte zünden, jedoch irgendwann eher Erschöpfung als Verzückung beim Publikum auslösen. Jackson war nie ein Künstler der feinen Pinselstriche, sondern eher ein rustikaler Malermeister, der ganze Farbeimer Richtung Leinwand wirft. Wenn zum gefühlten 200. Male das fette Nilpferd Heidi für ihr Gewicht gemobbt wird, einige wirklich böse AIDS-Andeutungen beim Hasen Harry gemacht werden und obendrein noch das Pornomilieu, Drogensucht und Russisches Roulette („Die durch die Hölle gehen" lässt grüßen) durch den Klamauk-Fleischwolf gedreht werden, motiviert der Schock-Humor dann früher oder später eher zum Schulterzucken, als zum Ablachen. Was fehlt sind Fallhöhe und Zwischentöne: Was in einer 20-minütigen Folge „South Park" funktioniert, stumpft nach einer Stunde ab.

    Was „Meet the Feebles" trotz seiner Mängel immer aus dem Einerlei herausheben wird, ist der schiere Aufwand und die Fantasie, die hier aufgebracht wurden, um eine ziemlich dünne Idee allem Unsinn zum Trotz auf die Leinwand zu zaubern. So übersieht man gern die erzählerischen Stolpersteine und das nicht immer voll ausgereifte komödiantische Timing in Anbetracht einer liebevollen und detailverliebten Gestaltung, die sich sehen lassen kann. Spätestens wenn zum Ende hin die großkalibrigen Ballermänner ausgepackt werden und Jackson sich schon einmal auf die Splatterexzesse von „Braindead" einstimmt, mit denen er drei Jahre später die Welt erobern sollte, hat sich der Zuschauer längst dem herzlichen Wahnsinn der Feebles ergeben oder entnervt das Handtuch geschmissen. Zu empfehlen ist eindeutig ersteres.

    Fazit: „Meet the Feebles" ist und bleibt einfach eine wundervolle Spinnerei, die gewiss keinen Anspruch auf einen Platz im Olymp der Filmkunst hat. Dennoch sprechen ihre Exzentrik, ihre Verspieltheit und ihr enthemmter Wahnsinn für sich. Man kann das alles für reichlich bescheuert halten und als schlechten Witz ablehnen oder es genau dafür lieben.

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