Mein Konto
    Die letzte Metro
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die letzte Metro
    Von Gregor Torinus

    Das während der deutschen Besetzung von Paris spielende Theaterdrama „Die letzte Metro" (1980) war François Truffauts größter Erfolg. Der drittletzte Film des Regisseurs gewann in seiner Heimat 10 Césars, darunter die für das beste Drehbuch, die beste Regie, den besten Film und für seine beiden Hauptdarsteller Catherine Deneuve und Gérard Depardieu. Neben dem für François Truffauts typischen sensibel-ironischen Charme zeichnet sich der Film durch seine komplexe Verquickung der Welt des Theaters und der politischen Zeitumstände aus.

    Im Jahre 1942 wird in einem Theater am Montmartre ein neues Stück geprobt. Während der Inhaber Lucas Steiner (Heinz Bennent) sich im Keller versteckt hält, da er ein deutscher Jude ist, führt seine Ehefrau Marion (Catherine Deneuve) seine Arbeit fort., Gerade als Lucas an seiner erzwungenen Tatenlosigkeit zu verzweifeln droht entdeckt er, dass er durch ein Heizungsrohr das Geschehen auf der Bühne mitverfolgen kann. Als heimlicher Regisseur widmet er nun seine ganze Aufmerksamkeit dem Stück und überschüttet seine Frau jeden Abend mit zahlreichen Änderungsvorschlägen, worüber ihre Ehe zunehmend in die Krise gerät. Während Lucas in seinem einsamen Versteck haust, tobt oben das pralle Leben: Streit und Versöhnung, Liebesgeschichten und Intrigen. Wirklich kompliziert werden die Dinge allerdings, als sich Marion Steiner in den Hauptdarsteller des Stücks – Bernard Granger (Gérard Depardieu) – verliebt und der mit den Nazis kollaborierende Journalist Daxiat (Jean-Louis Richard) die Leitung des Theaters zu übernehmen versucht.

    „Die letzte Metro" ist ein Plädoyer für die Kraft der Kunst, die dem Menschen ermöglicht, selbst unter widrigsten Umständen Kraft und Hoffnung zu schöpfen. Das auch unter deutscher Besetzung äußerst aktive Pariser Kulturleben wird zu einer Form des Widerstands der Bevölkerung, die sich ihre kulturelle Identität nicht nehmen lässt. Das Aufrecht erhalten der Arbeit wird für die Protagonisten so zum Symbol des Kampf. Doch Truffaut ist zu geschickt, um einfach nur gute Franzosen den bösen Deutschen gegenüber zu stellen. So gibt es unter den Deutschen Bewunderer der französischen Kultur und unter den Franzosen Mitläufer oder gar Kollaborateure.

    Vor allem aber ist „Die letzte Metro" ein differenziertes Porträt des Theaterlebens: Liebevoll zeichnet Truffaut seine Figuren als Menschen aus Fleisch und Blut, skizziert Eigenarten und Unvollkommenheiten und lässt es kräftig menscheln: Wenn etwa eine Frau deshalb nicht auf Avancen eingeht, weil sie in Wirklichkeit heimlich lesbisch ist, führt diese Enthüllung zur damaligen Zeit noch zu einem kleinen Skandal. Die Darstellung des Theaterlebens gewinnt in zusätzlich an Komplexität, dass die Handlungen von Stück und realem Leben zunehmend ineinander zu greifen beginnen. So weist Lucas seine Frau an einer Stelle darauf hin, dass sie und Bernard Granger ihre Liebesszene nicht überzeugend genug spielen und fördert somit deren reale Annäherung. Ob Lucas dabei wirklich völlig unwissend ist, oder nicht etwas ahnt, bleibt dabei offen. Nicht zuletzt in solchen Momenten zeigt sich Truffauts Ironie, aber auch seine Sympathie für die oft unerklärliche Irrationalität der Menschen.

    Fazit: Porträtierte er in „Die amerikanische Nacht" die Filmszene, nimmt sich Francois Truffaut in „Die letzte Metro" die Theaterszene. Mit viel Charme und Ironie inszeniert er Irrungen und Wirrungen vor und hinter der Bühne, die durch ihre Verflechtung mit der Bedrohung durch die Deutsche Besatzung zusätzliche Dramatik bekommen.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top