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    Same Same But Different
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Same Same But Different
    Von Björn Becher

    Eine Liebesgeschichte wollte Detlev Buck nach eigener Aussage endlich einmal drehen. Aber keine dieser kitschigen Romantikkomödien mit ein „bisschen Liebe“, die es zuhauf gibt in den Kinos, sondern eine Geschichte über eine wirkliche, greifbare Liebe. Dafür auserkoren hat er schließlich die Lebensgeschichte von Benjamin Prüfer, die der junge Journalist in einem Artikel für das Magazin „NEON“ sowie dem Buch „Wohin Du auch gehst“ verarbeitet hat. Und Buck erreicht sein Ziel. Die Geschichte ist weit weg von den üblichen Filmromantikklischees und berührt auch deswegen, weil David Kross (Knallhart, Der Vorleser, Krabat) unter der Regie seines Entdeckers aufblüht und mit der wunderbaren Apinya Sakuljaroensuk („Ploy“) perfekt harmoniert.

    Ben (David Kross) weiß nicht, wo es hingehen soll mit seinem Leben. Also nutzt er die Möglichkeit, mit seinem besten Freund und Mitbewohner Ed (Stefan Konarske) eine Backpackertour durch Asien zu machen. Der Spaß steht klar im Vordergrund, so plant man unter anderem schon das Einwerfen von LSD auf den Killing Fields. Mit anderen Rucksacktouristen wie Alex (Michael Ostrowski), Regula (Marie Jung) und Marie (Lucile Charlemagne) vergnügt man sich bei Joints, Alkohol und in den Discos von Phnom Penh. Bei einem dieser nächtlichen Ausflüge wird Ben von der schönen Sreykeo (Apinya Sakuljaroensuk) angesprochen. Ein sprachliches Missverständnis führt schließlich zum Sex. Am nächsten Morgen bittet Sreykeo überraschend um Geld, denn das Mädchen ist eine Bardame. Wenige Stunden später steht sie wieder bei Ben vor der Tür, sucht seine Nähe und er verliebt sich. Er verlängert seinen Urlaub und zieht bei der immer wieder von starken Hustenanfällen geplagten Sreykeo und ihrer Familie ein. Sie zeigt ihm die touristisch unerschlossenen Teile der Stadt und des Landes. Doch die Abreise rückt unweigerlich näher. Ben schließt mit Sreykeo einen Pakt: Er unterstützt sie mit Geld, dafür sucht sie sich eine andere Arbeit. Zurück in der Heimat tritt Ben ein von seinem Bruder Henry (Jens Harzer) vermitteltes Praktikum bei einer Zeitung an. Doch seine Gedanken sind bei Sreykeo, die er so schnell wie möglich wieder besuchen will. Per Internettelefon eröffnet diese ihm, dass bei ihr HIV diagnostiziert wurde. Ben ist geschockt. Doch anstatt sich abzuwenden, beschließt er, für sie zu kämpfen…

    Wie es bei Buchadaptionen üblich und notwendig ist, nimmt sich auch Detlev Buck bei der Verfilmung von „Wohin Du auch gehst“ viele erzählerische Freiheiten heraus. Der Dramaturgie geschuldete Änderungen und Verdichtungen sind zwar zahlreich, der Kern der Geschichte bleibt aber unangetastet. Es geht um die ergreifende Geschichte eines jungen Mannes, der eine Frau aus einem völlig anderen Kulturkreis so sehr liebt, dass er bereit ist, alles für sie zu tun. Von seinen Freunden wird Ben wahlweise als romantischer Spinner oder einfach nur als Spinner betrachtet. Die meisten würden ein ähnliches Erlebnis wohl schnell als Urlaubsflirt abtun und einfach nur froh sein, sich nicht selbst infiziert zu haben. Doch es ist eines der großen Kunststücke von Detlev Buck, dass der Zuschauer nachvollziehen kann, warum Ben Sreykeo nicht vergisst, sondern weiter zu ihr steht. Er nimmt die – von den üblichen romantischen Komödien Hollywoods stets verheimlichte - Arbeit, die mit der Liebe einhergeht, auf sich. Bereits in der lauten und gleichsam gefühlvollen Discoszene, in der sich Ben und Sreykeo kennenlernen, fühlt der Zuschauer die Funken zwischen dem Paar sprühen.

    „Same Same But Different“ ist kein rührseliges AIDS-Drama. Die Krankheit spielt zwar auch dramaturgisch eine wichtige Rolle, doch sie dominiert nicht die Geschichte. So kämpft Ben zwar verzweifelt darum, inmitten des fast nicht existenten kambodschanischen Gesundheitssystems die richtigen Medikamente für Sreykeo aufzutreiben und erfindet dafür sogar eine Hilfsorganisation, doch dies ist nicht mehr als ein kurzer Einschub. „Same Same But Different“ ist vielmehr eine romantische Geschichte über eine bedingungslose Liebe, in der eine Person eben mit HIV infiziert ist. Die Probleme für das ungleiche Paar sind deutlich vielfältiger: der kulturelle Unterschied, die Entfernung, das wenige Geld, das Ben zur Verfügung steht, sowie die Angst, Sreykeo könnte wieder als Bardame anfangen, während er in Deutschland ist. Auch wenn die üblichen dramaturgischen Klippen einer jeden Romantikkomödie inklusive zwischenzeitlicher Trennung umschifft werden müssen, rudert die berührende Geschichte nie nur im altbekannten Fahrwasser umher. Hier gereicht es dem Film zum Vorteil, dass zwischen den Hauptdarstellern David Kross und Apinya Sakuljaroensuk die Chemie von der ersten Minute an stimmt.

    Die romantische Kraft von „Same Same But Different“ wird durch die Inszenierung noch verstärkt. Französische Songs wie Yves Montands Chanson-Klassiker „Amour, Mon Cher Amour“ klingen an und erzeugen die richtige Atmosphäre. Egal ob die Handlung in den hektischen Gassen der asiatischen Großstadt oder auf den weiten Feldern tief im Landesinneren spielt, immer werden Ben und Sreykeo als Paar gezeigt, das von festen Banden zusammengehalten wird. Die Ausschweifungen der Nebenfiguren, ob nun der Büroseitensprung des Bruders oder die Sexabenteuer des von Michael Ostrowski (Nacktschnecken, Contact High) ausgelassen portraitierten Dauer-Backpackers Alex, stellen die Besonderheit der Liebesbeziehung von Ben und Sreykeo noch deutlicher heraus. Ostrowski hat zudem gemeinsam mit Regisseur Detlev Buck zum Drehbuch von Ruth Toma (Solino, Kebab Connection, Emmas Glück) beigetragen und dürfte viele der lockeren, drogenbestimmten Sprüche seines Charakters selbst geschrieben haben. Detlev Bucks Standing in der deutschen Filmlandschaft unterstreichen die zahlreichen Cameo-Auftritte bekannter Gesichter. Schauspiellegende Mario Adorf (Die Blechtrommel), TV-Komiker Olli Dittrich (Der Wixxer), Ein Quantum Trost-Bösewicht Anatole Taubmann sowie der österreichische Regisseur Michael Glawogger (Das Vaterspiel) sind jeweils in prägnant-kurzen Auftritten zu sehen.

    Fazit: Frei von Kitsch, Rührseligkeit und Formelhaftigkeit liefert Detlev Buck mit „Same Same But Different“ eine unter die Haut gehende Liebesgeschichte.

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