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    Der Tod sagt Amen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Der Tod sagt Amen
    Von Björn Becher

    Wer Sergio Martinos ersten Western „Der Tod sagt Amen“ sehen wollte, hatte bisher schlechte Karten. Auf der ganzen Welt gab es bislang keine DVD-Veröffentlichung. Das Label Koch Media, das sich schon in der Vergangenheit um das Italo-Western-Genre sehr verdient gemacht hat, schafft nun Abhilfe und bringt den Film als dritten Teil einer neu gestarteten Reihe namens „Koch Media Western Collection“ in den Handel. Doch im Gegensatz zu Nr. 1 (Töte Amigo) und Nr. 2 (Yankee) dieser Reihe fällt die Veröffentlichung von „Der Tod sagt Amen“ etwas ab. Dies betrifft in kleinerer Hinsicht die qualitative Seite der DVD selbst (siehe DVD-Kritik) und in etwas größerer Hinsicht den Film selbst. Denn der ist zwar in seiner ersten Hälfte eine spaßige Angelegenheit, wird dann aber im härteren zweiten Teil zu beliebig und dadurch langweilig.

    Revolverheld Arizona (Anthony Steffen) und sein Freund Zwei-Flaschen-Whiskey (Roberto Camardiel) lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Selbst ein formidables Angebot von Großgrundbesitzer Moreno (José Manuel Martín) kann sie nicht überzeugen, den ruhigen Sonnenplatz gegen ein Abenteuer zu tauschen. Moreno hat Angst vor dem frisch aus dem Gefängnis entlassenen Verbrecher Chico (Aldo Sambrell) und hätte Arizona gerne als Leibwache. Doch mit der Ruhe ist es für die beiden Faulpelze trotzdem schnell vorbei. Als Steckbriefe mit Arizonas Porträt die Runde machen, gilt es plötzlich alle Nase lang, ein paar vorlaute Kopfgeldjäger zu entwaffnen. Um die Sache zu klären, macht sich das ungleiche Duo auf in die Stadt, wo man allerdings in eine Kneipenschlägerei mit Chico und seinen Mannen gerät. Infolgedessen werden die beiden verhaftet und Arizona soll am Galgen gehängt werden. Nur durch eine List kann Zwei-Flaschen-Whiskey ihn vor dem Tod retten. Chico hat derweil wirklich Moreno überfallen und dessen Gold und Tochter (Roselba Neri) geraubt. Doch auch nach dem Beinahe-Tod ist Arizona nicht zu überzeugen, die Verbrecher zu jagen und will stattdessen mit der hübschen Barfrau Jane (Marcella Michelangeli) Zwillinge zeugen. Doch als Chico auch noch Zwei-Flaschen-Whiskey entführt, schnallt Arizona den Revolver wieder um und sagt den zahlenmäßig weit überlegenen Verbrechern den Kampf an.

    Der auch heute im Alter von 70 Jahren noch aktive Sergio Martino hat in seiner Karriere nur zwei Western gedreht. 1977 legte er den brutalen Spätwestern „Mannaja - Das Beil des Todes“ vor, der gemeinsam mit Enzo G. Castellaris Keoma eines der letzten Prunkstücke der Italo-Western-Schmiede ist. Bei „Der Tod sagt Amen“, der in Deutschland früher auch einmal „An den Galgen, Hombre“ hieß, geht er lange Zeit einen anderen Weg als später bei „Mannaja“. Das Spielfilmdebüt des vorher nur als Dokumentarfilmer und Regieassistent tätigen Martino entstand ungefähr zur selben Zeit wie der große Besucherhit „Die rechte und die linke Hand des Teufels“. Unter der Regie von Enzo Barboni läuteten die schnell zum Kultduo avancierenden Bud Spencer und Terrence Hill mit diesem Film die komischen Jahre des Italo-Westerns ein und auch wenn Martino noch nicht wissen konnte, dass hier die Zukunft liegt, wirkt sein Film lange Zeit so, als würde er auf der Erfolgswelle mitreiten wollen. Leider kann sein Werk auch nur so lange überzeugen, wie er die komische Schiene fährt.

    Untermalt von einem zwar recht trivialen, aber mit Ohrwurmcharakter ausgestatteten Musikstück (Refrain: „I guess I gotta get my gun, I guess I gotta shoot someone“) aus der Feder des langjährigen Morricone-Partners Bruno Nicolai, dürfen zu Beginn die beiden Helden Arizona und Zwei-Flaschen-Whiskey ihre Gegensätze ausspielen und ihr jeweiliges Talent zeigen. Der eine kann mit dem Colt reihenweise und auf amüsante Art die Gegner entwaffnen, während der andere dies dauerquasselnd und –saufend kommentiert. Der Film ist zu diesem Zeitpunkt zwar nie hochklassig, aber immerzu ein ironisches Vergnügen, an dem nicht nur Italo-Fans ihre Freude haben dürften.

    Mit der Entführung von Zwei-Flaschen-Whiskey ändert sich der Ton allerdings grundlegend. Der Film wird härter und brutaler. Nun erwarten den Zuschauer ein paar Italo-Western-typische Foltereinlagen, deutlich ernstere Schusswechsel und weniger Sprüche. Am Ende darf dann noch ein Charakter recht unerwartet ins Gras beißen. Und obwohl Martino mit dem bereits erwähnten „Mannaja“ später beweisen sollte, dass er sich auf diese harte Seite des Genres sehr gut versteht, merkt man davon in „Der Tod sagt Amen“ noch nichts. Es ist dabei gar nicht der Wechsel in der Tonart, der dem Film schadet, sondern die Beliebigkeit in welche die zweite Hälfte abgleitet. Sie unterscheidet sich kaum noch von jedem durchschnittlichen anderen Genrevertreter. Die Handlungsentwicklung ist vorgezeichnet, die Mini-Wendungen sorgen nicht gerade für Überraschungen und die guten und außergewöhnlichen Einfälle sind viel zu rar gesät. Das sorgt dafür, dass das restliche Geschehen einfach nur so an einem vorbeirauscht und gerade bei den härteren Szenen dem Zuschauer das Schicksal der Protagonisten recht egal bleibt.

    Die Besetzung besteht aus Namen der zweiten Klasse, die größtenteils nur dem Genrefan ein Begriff sein dürften. Die Damen Roselba Neri und Marcella Michelangeli überzeugen vor allem optisch. Roberto Camardiel gefällt in der ihm wie auf den Leib geschriebenen Rolle des Zwei-Flaschen-Whiskey schon zum zweiten Mal. Er mimt diesen Charakter auch im 1966 entstandenen „Arizona Colt“. „Der Tod sagt Amen“ ist ein Sequel, auch wenn die Anknüpfungspunkte lose sind. Neben der Übernahme von Camardiels Charakter bestehen diese vor allem in der Hauptfigur, dem Revolverhelden Arizona. Dieser wurde im ersten Film von Giulianno Gemma gespielt. Hier übernimmt nun Anthony De Teffè alias Anthony Steffen seinen Part und wirkt teilweise ein wenig wie ein Clint Eastwood für Arme. Erscheint dies gerade in der amüsanten ersten Hälfte noch als ein augenzwinkerndes Zitat, macht es in der zweiten den Charakter langweiliger. In der deutschen Synchronisation wird diese Assoziation zu Eastwood noch weiter verstärkt. Denn Arizona wird hier von Klaus Kindler gesprochen, der Eastwood unter anderem in Für eine Handvoll Dollar, Für ein paar Dollar mehr und Der Texaner synchronisierte. Aldo Sambrell (Zwei glorreiche Halunken, Töte Amigo, vielleicht das Italo-Western-Gesicht schlechthin, spielt schließlich noch einen klassischen Bösewicht, dessen Charakter aber leider auch nicht viel mehr sein darf. In einer kleinen Nebenrolle ist übrigens noch der Deutsche Dan van Husen (Nosferatu - Das Phantom der Nacht, Drawn In Blood, Chain Reaction) zu sehen, der in seiner langen (hauptsächlich B-Movie-)Karriere sicher fast jedem Filmfan in irgendeinem Werk mal begegnet ist.

    Fazit: Hardcore-Italo-Western-Fans können sich über die Erstveröffentlichung freuen. Der gemeine Filmfan, der vielleicht einen Western für zwischendurch sucht, kann mit dem amüsanten Teil seinen Spaß haben, ist aber für ein Komplettvergnügen mit einem der zahlreichen anderen Genrewerke besser bedient.

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