Mein Konto
    Evil
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Evil
    Von Johannes Pietsch

    In Europa wächst zusammen, was zusammen gehört. Selbst die unansehnlichen und am liebsten Menschenfleisch konsumierenden Widergänger, die seit über 30 Jahren das Horrorgenre mit fröhlichen Matscheinlagen bereichern, machen vor dem vereinten Europa nicht Halt. Waren es einst Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre italienische Regisseur wie Umberto Lenzi, Lucio Fulci und Ruggero Deodato, die nach dem Erfolg von George A. Romeros filmischem Meilenstein Die Nacht der lebenden Toten die europäische Zombiewelle so richtig in Rollen brachten, so sind die Untoten nach ihrer von Danny Boyle und Zack Snyder ausgelösten Renaissance wieder an mediterranen Gestaden angelangt. Erstmalig hat sich Griechenland mit einem eigenen Zombiefilm auf der internationalen Filmbühne zu Wort gemeldet. Das was Regisseur Yorgos Noussias uns in „Evil“ kredenzt, kann jedoch nicht einmal ansatzweise dem Vergleich mit den eindeutig zu identifizierenden Vorbildern standhalten.

    Die Story folgt, ohne auch nur einen Anflug von Interesse oder Spannung zu erzeugen, den gängigen und hinlänglichen bekannten Klischees: Durch ein mysteriöses, möglicherweise übernatürliches Ereignis werden eine Handvoll Arbeiter in Athen mit einer Seuche, einem Fluch oder was auch immer infiziert und beginnen nach ihrer Verwandlung in hinkende, nichtsdestotrotz recht flink umherhüpfende und äußerst menschenfleischgierige Zombies damit, die Bevölkerung der griechischen Hauptstadt entweder zu verspeisen oder in Ihresgleichen zu verwandeln oder beides. Der erste Kontakt mit dem Zombie-Erreger findet in einer Höhle statt, die unvorhergesehen bei Erdarbeiten freigelegt wird, und als die Arbeiter die unterirdische Kaverne erkunden, bewegt sich die Kamera einige Male mit unheilvollem Grunzen auf sie zu, als habe Kameramann Claudio Bolivar in seiner Jugend ein bisschen zu viel Tanz der Teufel gesehen und wolle nun dessen durch die kanadischen Wälder umherschweifenden Dämon imitieren.

    Doch das war’s dann schon an Reminiszenzen an den Raimi-Klassiker. Der Rest rekrutiert sich aus Danny Boyles 28 Days Later und aus Zack Snyders Dawn Of The Dead. Gotischen Grusel sucht man bei Yorgos Noussias vergeblich: Die durchweg sehr urban orientierten Untoten beginnen ihr Festmahl an überaus belebten Orten, zum einen in einem ausverkauften Fußballstadion während eines Spiels, in einer überfüllten Diskothek sowie in einer mittelschwer heruntergekommen Mietskaserne. Der Rest ist purer Trash: Während die Zombiehorden das mit drittklassigen Kulissen inszenierte nächtliche Athen niederwalzen, müssen sich fünf zufällig aneinandergeratene Überlebende zusammenraufen, um ihr Leben vor den gierigen Fleischfressern zu retten. Wie unglaublich amateurhaft beispielsweise der Blick aus einem fahrenden Taxi mittels einer sich drehenden Bildersäule inszeniert wurde (das ist technischer Stand aus den 50er Jahren und wird heute im Museum der Bavaria Filmstudios ausgestellt) ist symptomatisch für die Ausstattung des ganzen Films.

    Dass kaum einer der einmal angefangenen Handlungsstränge vernünftig weiter- oder gar zu Ende geführt wird, überrascht wenig, noch weniger das völlig unspektakuläre und viel zu vorhersehbare Ende. Wenn angesichts des niedrigen Budgets bei „Evil“ gespart wurde, dann in allererster Linie an der völlig unlogischen, hanebüchenen und belanglosen Story.

    Die Dialoge, wenn man denn die lieblos heruntergenuschelten Wortfetzen überhaupt so nennen darf, sind selbst für einen Trash-Horror-Film unterste Kategorie und erinnern stellenweise an die Amateur-Splatter-Werke eines Andreas Schnaas oder des ganz frühen Olaf Ittenbach. Die deutsche Synchronisation klingt genauso lieblos und geistesabwesend wie das Spiel der Darsteller, sie passt also haargenau.

    Die hektische, elend anstrengende und nervend wackelige Handkamera verdeckt nur gnädig, wie stümperhaft und dilettantisch die Action-Sequenzen in Szene gesetzt wurden. Noch störender wirkt die stellenweise gewollte, überwiegend aber wohl wirklich unfreiwillige Komik des Ganzen. Allein bei einigen recht ansehnlich inszenierten herausgerissenen Eingeweiden dürfte das Herz des einen oder anderen Splatter-Fans höher schlagen, doch auch die Freude ist viel zu schnell verflogen. Gänzlich deplatziert wirken die vereinzelt eingesetzten Split-Screens: Mit dem geteilten Bild versuchte Regisseur Yorgos Noussias vermutlich, der einen oder anderen Flucht- oder Kampfszene zusätzlich Rasanz aufzuprägen, leider wirkt ihr Einsatz nur störend und nervtötend.

    Guter Trash unterhält dadurch, dass er sich seiner minderen Qualitäten genau bewusst ist. Die Griechen, Wegbereiter der abendländischen Kultur, werden mit ihren Menschenfleisch-mümmelnden Untoten noch einige Zeit üben müssen, bis sie wenigstens zum ohnehin schon tiefergelegten und verspoilerten Niveau der italienischen Nachbarn und deren 80er-Jahre-Zombies aufschließen können.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top