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    Glee on Tour - Der 3D Film
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Glee on Tour - Der 3D Film
    Von Maren Koetsier

    Glee" ist nicht einfach nur eine US-amerikanische Fernsehserie - „Glee" ist ein Phänomen. Serien-Schöpfer und -Autor Ryan Murphy hat mit seiner kultigen TV-Produktion, eine eigene Marke geschaffen – nicht nur künstlerisch. Neben den Staffel-DVDs gibt es Soundtracks und zahlreiche Merchandise-Artikel wie T-Shirts, Mikrophone, Tassen und und und. Doch das ist noch nicht alles. Es folgte unter anderem eine Castingshow - „The Glee Project" - deren Gewinner eine kleine Rolle in der dritten Staffel ergattern konnte. Außerdem ging der Cast zusammen auf Tour und performte die aus der Serie bekannten Songs live auf der Bühne. Mit 500.000 verkauften Tickets insgesamt wurde die Tour durch 21 Städte, vier Länder und mit insgesamt 40 Auftritten zu einem immens rentablen Erfolg. Klar, dass auch diese Cash-Cow noch ein weiteres Mal gemolken werden wollte. Mit Kevin Tancharoen, der sich bereits durch ähnliche Produktionen wie „Britney Spears Live from Miami" und „The Pussycat Dolls Present: The Search for the Next Doll" als richtiger Mann für die schnelle Abwicklung fadenscheiniger Konzert-Image-Filme empfohlen hat, fand sich auch schnell der richtige Regisseur. „Glee on Tour - Der 3D Film" ist aber nicht nur ein Konzertmitschnitt, sondern auch eine „Dokumentation", die für Fans der Serie, auch „Gleeks" genannt, gemacht wurde. Der Film feiert sich selbst, die Serie sowie ihren Erfolg - und auch die Fans.

    „Glee on Tour - Der 3D Film" ist in vier Schwerpunkte aufgeteilt: So werden zum einen 23 vom Cast vorgetragene Songs gezeigt, die an zwei Tagen bei den Konzerten in East Rutherford, New Jersey aufgenommen wurden. Außerdem wurden die Künstler hinter der Bühne bei den Vorbereitungen gefilmt und befragt. Eine weitere Ebene zeigt die Fans vor den Konzerten und ihre Antwort auf die Frage, welche ihre Lieblingsfigur ist und zu guter Letzt stellt Tancharoen ausgewählte Anhänger in den Fokus und erzählt ihre ganz persönliche Geschichte und wie „Glee" ihr Leben auf positive Weise beeinflusst hat.

    „Glee on Tour" ist als Schmankerl für die Fans gedacht und lebt vor allem vom Recycling kultiger Serienmomente. Sensationell Neues sollten auch diese jedoch nicht erwarten. Wenn Heather Morris in ihrer Rolle als Brittany den Britney-Spears-Song „I'm a slave 4 u" im sexy Outfit und mit lasziven Bewegungen interpretiert, erinnert das nicht nur an ihre Performance aus einer Episode, sondern scheint eine Eins-zu-eins-Kopie der entsprechenden Szene zu sein. So verhält es sich auch mit den meisten anderen Stücken. Wenn Lea Michele (Rachel) in ihrer Garderobe gesagt bekommt, dass Barbra Streisand („Yentl") im Publikum sitzt und sie singen hören will, bleibt sie in ihrer Rolle und es kommt der Eindruck auf, der „Glee-Club" und nicht die Künstler seien auf Tour. Überraschend ist wohl nur der Kurzauftritt von Gwyneth Paltrow, die auch schon in der TV-Version ihre Gesangskünste zum Besten gab. Einen roten Faden sucht man dabei vergebens. Bei „Glee on Tour - Der 3D Film" stehen die Musicalstücke für sich. Auch die Aufnahmen der Stars hinter der Bühne und die Fankommentare wirken wie Stückwerk, das dem Zuschauer eine (nicht unbedingt notwendige) Abwechslung der sehenswerten Bühnenauftritte bieten soll. Ein Nicht-Fan wird bei dem Kameraschwenk von einem „Gleek" zum nächsten, die allesamt nur schwärmerisch den Namen ihrer Lieblingscharaktere aussprechen und mitunter eine Begründung zu ihrer Wahl liefern, nur unverständlich mit dem Kopf schütteln. Gelegentlich lässt sich ein Fan auch zu mehr hinreißen. Wenn zwei Mädchen über den Außenseiter-Status der Mitglieder des „Glee-Clubs" sprechen, entlocken sie dem Zuschauer mit der Aussage „Everybody underestimates the nerds, the nerds have the power, right?" durchaus ein mildes Lächeln.

    Die letzte Ebene wirft einen Blick auf drei ausgewählte Fans aus dem Garden State New Jersey. Sie werden nach Hause begleitet, im Alltag gefilmt und erzählen, wie „Glee" ihr Leben zum Positiven verändert hat. Einer von ihnen ist Trenton, der in der achten Klasse von einem Freund, der sein Tagebuch gelesen hat, als homosexuell geoutet wurde, woraufhin er einiges über sich ergehen lassen musste und schließlich die Schule wechselte. Im schwulen Serienhelden Kurt (Chris Colfer) hat Trenton dann jedoch ein Vorbild gefunden und seitdem fällt es ihm leichter, selbstbewusst zu sich und seinem Lebensstil zu stehen. Für Außenseiter kann das soziale Leben schwierig sein. Wie wahr... Genau das macht „Glee" zum Thema: der „Glee-Club" gibt auch den Freaks, Nerds und vermeintlichen Losern eine Chance, ihren Traum zu leben. Auch wenn dieser Aspekt in der TV-Vorlage allzu oft thematisiert wird, trifft Tancharoen in der Kinoversion den richtigen Ton und treibt die Botschaft nicht auf die Spitze - obwohl die Ausschnitte leicht an Schicksalsreportagen des TV-Nachmittagsprogramms erinnern. Wenn der gesamte Cast die 80s-AOR-Hymne „Don't stop believing" von Journey singt oder mit individuellen T-Shirts (mit Aufschriften wie „Four Eyes", „Likes Boys", „I'm with stupid", „Can't Dance" usw.) auf der Bühne Lady Gagas queeres Loblied „Born this way" intoniert, soll damit Toleranz und Offenheit vermittelt werden. Das mag zwar wenig subtil sein, passt jedoch super in die bonbonbunte Pop-Welt des Serienuniversums.

    „Glee on Tour - Der 3D Film" ist ein handwerklich sauber umgesetztes Küsschen für die Fans und lädt durch die zeitgenössischen Songs und stimmigen Tanzschritte zum Singen und Tanzen ein. Die Nachahmung der Konzertatmosphäre funktioniert gut und der 3D-Effekt unterstützt dies teilweise auf eindrucksvolle Weise. Er fällt nicht nur beim „Reinfliegen" von Schriftzügen und im Abspann besonders ins Auge, sondern auch wenn der Fokus während eines Auftritts auf einen oder zwei Künstler gelegt wird. „Glee on Tour - Der 3D Film" bietet den Fans genau das, was sie wollen - eine Hommage an sich selbst. Wer mehr erwartet, sitzt im falschen Film.

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