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    Omamamia
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Omamamia
    Von Andreas Günther

    Da sind ‚wir' nun schon seit Jahren Papst – doch wo bleibt die Komödie zum Thema? Mit diesem Missstand räumt Tomy Wigands „Omamamia" nun amüsant und oft auch hintersinnig auf, was vor allem am bajuwarischen Urgestein Marianne Sägebrecht („Out of Rosenheim") liegt. Dank ihr erhebt sich die Geschichte über eine Privataudienz beim Papst aus den Niederungen des deutschsprachigen Lustspiels. So leichtfüßig, liebenswert und milde überdreht wurde noch mit keinem deutschen Film der Widerspruch zwischen idealisierter, aber auch manipulativ genutzter Religion einerseits und flexibel gelebtem Glauben andererseits auf die Leinwand gebracht. Das pointierte Drehbuch von Jane Ainscough („Hanni und Nanni") und Gabriela Sperl erweist sich als Steilvorlage für ein cleveres Filmvergnügen, mit dem Tomy Wigand zumindest qualitativ auch seine beiden Erfolgsfilme „Fußball ist unserer Leben" und „Das fliegende Klassenzimmer" übertrifft.

    Irgendwo in den Weiten Kanadas führt die rüstige Mutter und Großmutter Marguerita (Marianne Sägebrecht) ein selbstbestimmtes Leben. Dem Verkauf ihres Hauses und dem Umzug in ein Altersheim stimmt sie nur zu, weil ihre Tochter Marie (Annette Frier) und deren Mann Joe (Paul Barrett), ihr eine gemeinsame Reise nach Rom zur Privataudienz beim Papst in Aussicht stellen. Aus schlechtem Gewissen gegenüber ihrem verstorbenen Mann Loisl will die vor vierzig Jahren ausgewanderte Bayerin dem katholischen Kirchenoberhaupt eine schlimme Jugendsünde beichten. Als Tochter und Schwiegersohn den Trip aufschieben wollen, bricht sie kurz entschlossen allein auf. In Rom stellt die fromme Marguerita schockiert fest, dass ihre dort lebende Enkelin Martina (Miriam Stein) eine wilde Ehe mit dem Punkrocker Silvio (Raz Degan) führt und statt als Au-pair-Mädchen in einem Musikclub als Bedienung arbeitet. Margueritas Unglück erlebt aber noch eine gewaltige Steigerung, als sie den Papst (Thomas Kylau) unbeabsichtigt mit Pfefferspray attackiert. Nur gut, dass der charmante Schwindler Lorenzo (Giancarlo Giannini) sie aus dem Schlamassel, in den sie durch ihn geraten ist, auch wieder befreit...

    Was nach Klamauk klingt, ist glücklicherweise keiner - oder er wird in verträglicher Dosis verabreicht. Denn anders als in vielen anderen turbulenten Familiengeschichten geht es hier nicht nur darum, einen Gag auf den nächsten folgen zu lassen, sondern die Filmemacher interessieren sich auch für das Innenleben der Figuren, vor allem für die bald Omamamia getaufte Marguerita. Rasch erliegt die putzfimmelige Frömmlerin der Versuchung, an ihre wilde Jugendzeit mit Motorradfahren, Haschischrauchen und durchtanzten Nächten anzuschließen und sich mit Martina gegen Marie zu verbünden. Das entspannte Verhältnis der Römer zu ihrem Glauben und die Arbeit im bajuwarischen Spezialitätenrestaurant von Dino (Giovanni Esposito) bewirken eine regelrechte Entkrampfung jahrelanger Spießigkeit. Die undankbare Rolle als moralische Instanz wird an Marie weitergegeben, die die Eskapaden ihrer Tochter und ihrer Mutter missbilligt. Doch so einfach bleibt es nicht: Das Geständnis von Margueritas Jugendsünde macht deutlich, dass ihre Religiosität zwar ihre eigene Seele beruhigt hat, dem Leben ihrer Tochter aber durch die streng katholische Erziehung einiges an Freude genommen hat. Nur in Andeutungen und doch durchaus sehr gewagt wird in „Omamamia" problematisiert, wie Religion für das eigene Wohlbefinden instrumentalisiert werden kann.

    Für eine so vielschichtige Rolle wie die der Marguerita braucht man eine Darstellerin von Format – wie Marianne Sägebrecht. Seit „die alpenländische Version von Marlene Dietrich", wie ihr Entdecker Percy Adlon sie einmal nannte, vor mehr als einem Jahrzehnt in „Asterix & Obelix gegen Cäsar" mitwirkte, war sie fast nur noch im Fernsehen präsent. Jetzt feiert sie ein fulminantes Comeback auf der Leinwand und hat mit Giancarlo Giannini einen ebenbürtigen Partner an der Seite. In Deutschland kennt man den unermüdlichen Film- und Fernsehdarsteller vor allem als melancholischen Kommissar in „Hannibal", aus Fassbinders „Lili Marleen" oder auch aus seinem kurzen Auftritt in „Casino Royale". Als Lorenzo beweist erkomödiantisches Talent: In einem furiosen Auftritt vor der Polizei gibt er einen anrührend hanebüchenen Verliebten zum Besten, mit dem er die vermeintliche Papst-Attentäterin Marguerita aus den Fängen der Justiz erlöst.

    Zu allen anderen Qualitäten von „Omamamia" kommt schließlich auch noch der Mut zu einem offenen Ende. Die Versöhnung zwischen den Generationen bleibt nur oberflächlich, Harmonie herrscht zwischen Marguerita, ihrer Tochter Marie und ihrer Enkelin allenfalls in der Vatikan-Küche, wo sie auf Bitte von Lorenzo Kaiserschmarrn für den Papst zubereiten. Ansonsten aber reden weiter alle aneinander vorbei: Während Marie ihre Tochter noch dazu ermutigt, sich in Rom zu vergnügen, hat Martina diese Phase schon längst hinter sich. Und Marguerita? Knattert mit Lorenzo auf seiner Vespa davon.

    Fazit: „Omamamia" bietet herzerfrischende und gleichzeitig pfiffige Unterhaltung. Marianne Sägebrecht und Giancarlo Giannini brillieren in einer himmlischen Komödie als Schauspieler-Traumpaar.

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