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    Hasta la Vista!
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Hasta la Vista!
    Von Sophie Charlotte Rieger

    Eine Clique, bestehend aus Schulkameraden, die endlich ihr erstes Mal erleben wollen – das ist seit Jahrzehnten die Prämisse zahlreicher Komödien à la „American Pie". Gerne geht es dabei auch mal mit Anlauf unter die Gürtellinie, aber bei „Hasta La Vista" ist das anders. Die drei Freunde, die hier im Mittelpunkt stehen, sind aufgrund ihrer körperlichen Behinderungen bei der Jagd nach ihren ersten Sexualpartnerinnen mit besonders großen Hürden konfrontiert. Kein leichtes Thema – doch der belgische Regisseur Geoffrey Enthoven hat die Zügel fest in der Hand. „Hasta La Vista" ist eine sensibel erzählte Komödie, die mit liebevollem Humor, einer berührenden Jugendgeschichte und drei hervorragend aufgelegten Hauptdarstellern begeistert.

    Philip (Robrecht Vanden Thoren) ist vom Hals abwärts gelähmt. Das ändert freilich nichts an den Frühlingsgefühlen, die den Heranwachsenden überkommen, wenn er vorteilhaft bekleidete Damen beim Joggen beobachtet. Durch einen Zufall erfährt er von einem spanischen Bordell, das auf Männer mit Behinderungen spezialisiert ist und fasst den Entschluss, gemeinsam mit dem blinden Jozef (Tom Audenaert) und dem nach einer Krebserkrankung an den Rollstuhl gefesselten Lars (Gilles de Schryver) einen Road Trip nach Punta del Mar zu veranstalten. Unterwegs wird die Freundschaft zwischen Philip, Jozef und Lars allerdings auf eine harte Probe gestellt – und dabei sind die Behinderungen des Trios noch das geringste Problem...

    Enthovens Film wurde maßgeblich durch den Querschnittsgelähmten Asta Philpot inspiriert, dessen Kampf für die sexuellen Rechte Behinderter (einschließlich der Inanspruchnahme von Prostitution) bereits Thema der englischen Dokumentation „For One Night Only" war. Wie dem thematisch verwandten und ähnlich warmherzig erzählten französischen Kinoerfolg „Ziemlich beste Freunde" liegt damit auch „Hasta La Vista" eine wahre Begebenheit zugrunde. Dabei geht es mitnichten nur um Sexualität, sondern vielmehr um den Abnabelungsprozess der Teenager. Wie kann ein Mensch, der in seinem Alltag so stark auf Hilfe von außen angewiesen ist, Unabhängigkeit erlangen?

    Regisseur Enthoven hat keine Scheu, seine Figuren auch in überaus peinlichen Situationen zu zeigen und die weniger komödiantischen Aspekte des Lebens mit Behinderungen, wie zum Beispiel die Körperpflege, zu thematisieren. In besonders verzwickten Situationen schneidet er allerdings immer wieder etwas zu eilig weg, nie mutet er dem Publikum die Scham und Verzweiflung der Protagonisten in ihrer ganzen Wucht zu, wodurch sie gewissermaßen entschärft werden. Trotz dieser mangelnden Konsequenz ist der Film stark: Hier wird nicht über, sondern mit den Figuren gelacht. Die drei Freunde nehmen kein Blatt vor den Mund und bei ihren knallharten Sprüchen über die Behinderung des jeweils anderen bleibt einem das Lachen auch schon einmal im Halse stecken.

    Auf übertriebenen Slaptstick verzichtet Enthoven dabei ganz selbstbewusst, einen offensiveren Humor hat „Hasta La Vista" gar nicht nötig. Obwohl die drei Hauptfiguren zunächst hauptsächlich durch ihre Behinderungen gekennzeichnet werden, treten diese im Handlungsverlauf immer weiter zugunsten einer sehr viel differenzierteren Figurenzeichnung in den Hintergrund. Während der smarte Lars auch im Rollstuhl Mädchenherzen höher schlagen lässt, ist Jozef ein schüchterner, aber sensibler Bursche. Philip dagegen ist so überheblich, dass er darüber gelegentlich fast unsympathisch wird.

    Enthoven warnt damit auch vor falscher Rücksichtnahme. Er präsentiert keine glattpolierten Helden, sondern Menschen mit Ecken und Kanten, denen auch Antipathie entgegengebracht werden darf. Dass man trotzdem dabei bleibt und mit dem Protagonisten-Trio fiebert, ist nicht zuletzt auch den drei tollen Hauptdarstellern zu verdanken. Der einzige größere Kritikpunkt, den sich Enthoven für „Hasta La Vista" gefallen lassen muss, ist die lahme Dramaturgie: Der Road Trip verläuft ausgesprochen gemütlich, erzählerischen Vorwärtsdrang entwickelt der Regisseur bis zum Schluss nicht. Aufgrund der thematischen Klarsicht, mit der die einzelnen Reise-Episoden ausgestaltet werden, ist diese gelegentliche Langatmigkeit aber leicht zu verschmerzen.

    Fazit: „Hasta La Vista" ist eine wunderbar herzliche Komödie, die einen so authentischen Einblick in die Lebenswirklichkeit körperlich behinderter Menschen gewährt, dass kleinere Hänger im Spannungsbogen kaum ins Gewicht fallen.

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