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    Sherlock Gnomes
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Sherlock Gnomes
    Von Christoph Petersen

    Obwohl es zuvor vom ursprünglichen Studio Disney Animation verstoßen worden war, entwickelte sich das Montagues-Vs.-Capulets-mit-Gartenzwergen-Abenteuer „Gnomeo und Julia“ 2011 zu einem formidablen Erfolg an den weltweiten Kinokassen. Sieben Jahre später folgt nun die Fortsetzung „Sherlock Gnomes“ – wieder mit tönernen Zierfiguren, aber mit neuem literarischen Vorbild: Nachdem die menschlichen Besitzer der Gartenzwerge aus William Shakespeares Geburtsort Stratford-upon-Avon nach London gezogen sind, steht diesmal folgerichtig das Werk von Arthur Conan Doyle im Zentrum einer turbulent animierten Krimihandlung. „Sherlock Holmes“ statt „Romeo und Julia“ – das klingt erst mal nach einem schlüssigen Konzept für ein Sequel, das unter der Regie von Reihenneuzugang John Stevenson („Kung Fu Panda“) aber trotzdem nur selten aufgeht.

    Im neuen Garten in London soll auch eine neue Führung her. Also verkünden Lord Redbrick (Stimme im Original: Michael Caine) und Lady Bluebury (Maggie Smith), die Gartenleitung schon bald an Gnomeo (James McAvoy) und Julia (Emily Blunt) abgeben zu wollen. Trotz Nepotismus-Vorwürfen stürzt sich Julia sofort in die Vorbereitungen für den nächsten Frühling, während sich Gnomeo ein wenig vernachlässigt fühlt, weil seine Frau sich plötzlich nur noch für ihren Job zu interessieren scheint. Aber der Ehekrach muss warten, als kurz darauf alle Gartenzwerge mit Ausnahme von Gnomeo und Julia von einem Unbekannten entführt werden. Zum Glück tauchen in just dem Moment Sherlock Gnomes (Johnny Depp) und sein Assistent Dr. Watson (Chiwetel Ejiofor) auf, um den Fall zu untersuchen. Alle Hinweise deuten auf den Meisterverbrecher Moriarty (Jamie Demetriou) hin, aber das sinistere Tonmaskottchen eines Kuchenherstellers wurde ja beim letzten Zusammentreffen mit Holmes zerschlagen…

    In „Gnomeo und Julia“ wurde der Familienstreit des Shakespeare-Klassikers zu einem lapidaren Nachbarschaftszank in einer Reihenhaussiedlung umgedichtet – und dazu haben die Gartenzwerge, neben dem weißen Gartenzaun schließlich das Symbol für kleinbürgerliche Spießigkeit schlechthin, auch sinnbildlich perfekt gepasst. In „Sherlock Gnomes“ fehlt so eine zweite Ebene nicht nur völlig, es spielt hingegen sogar fast gar keine Rolle mehr, dass die Protagonisten Gartenzwerge sind. Stattdessen entpuppt sich der Plot als typischer und nicht mal besonders spannender Sherlock-Holmes-Fall (selbst wenn wir die zentrale Wendung haben kommen sehen, ist zumindest die trotzdem ganz nett).

    Statt zumindest immer mal wieder auf die tönerne Beschaffenheit der Protagonisten anzuspielen, streuen die Macher zahlreiche Verweise auf andere berühmte Fälle des Meisterdetektivs ein – allerdings auf wenig clevere Weise. So heißen etwa die Besitzer der gemeinen Bulldogge im Park Baskerville. Und wenn man schon das literarische Vorbild wechselt, wäre es vielleicht sogar die bessere Entscheidung gewesen, damit auch gleich das gesamte Figurenpersonal auszutauschen: Die Shakespeare-Helden Gnomeo und Julia haben in der Welt von Arthur Conan Doyle nämlich schlicht nichts Sinnvolles zu tun – sie bleiben Anhängsel von Holmes und Watson, haben kaum Gags und ihr harmloser Ehekrach ist nun auch nicht gerade der PS-stärkste Storymotor.

    Wie im offensichtlichen Vorbild, der „Toy Story“-Reihe von Pixar, gibt es auch in „Sherlock Gnomes“ Gags für Kinder und für Erwachsene – nur gehen diese Humorebenen hier nur selten fließend ineinander über. Stattdessen durchbrechen die Figuren bei den Pointen für ein älteres Publikum immer wieder die vierte Wand, etwa wenn sich die Gartenzwerge auf den Umzug in die britische Hauptstadt vorbereiten, indem sie komplizierte Starbucks-Kaffeebestellungen auswendig lernen. Für die jüngeren Zuschauer gibt es hingegen reichlich wilde Verfolgungsjagden, von denen aber keine wirklich heraussticht. Nur bei Barry dem Toilettenzwerg (Gary Bradbury) können dann alle Generationen gemeinsam schmunzeln.

    Dafür dass „Sherlock Gnomes“ mit einem Produktionsbudget von circa 60 Millionen Dollar nur etwa ein Drittel einer durchschnittlichen Pixar-Produktion verschlungen hat, können sich die Animationen wirklich sehen lassen. Natürlich dürfte die Entscheidung für Gartenzwerge als Protagonisten damals auch gefallen sein, weil sie sich mit ihren verhältnismäßig glatten Oberflächen und wenig komplexen Formen sehr viel einfacher animieren lassen als menschliche oder tierische Figuren, aber trotzdem: Die Macher geben sich sichtlich Mühe, jeden kleinen Riss oder jedes abgesplitterte Stück Farbe liebevoll umzusetzen – und so entwickeln die Figuren am Ende zumindest auf einer rein ästhetischen Ebene mehr Charakter, als es die beliebige Story eigentlich verdient hätte.

    Fazit: Ein eher temporeiches als gewitztes Gartenzwerg-Krimiabenteuer.

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