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    Das Glück an meiner Seite
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Das Glück an meiner Seite
    Von Christian Horn

    Seit der über soziale Medien zum Zeitgeist-Phänomen beförderten „Ice Bucket Challenge“ im Sommer 2014 ist die Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), eine unheilbare Krankheit des motorischen Nervensystems, bekannter denn je. Das Biopic „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ über den an ALS erkrankten Star-Physiker Stephen Hawking, für das Eddie Redmayne mit dem Oscar ausgezeichnet wurde, sorgte für weitere Aufmerksamkeit. Mit dem Drama „Das Glück an meiner Seite“, dessen Originaltitel „You're Not You“ eine etwas andere Lesart nahelegt, folgt nun ein weiterer Kinofilm über die schleichende Nervenkrankheit. Regisseur George C. Wolfe („Das Lächeln der Sterne“) zeigt die zweifache Oscarpreisträgerin Hilary Swank („Boys Don't Cry“, „Million Dollar Baby“) in einer herausfordernden Rolle, die sie scheinbar mühelos bewältigt. Die starke Hauptdarstellerin kann allerdings nicht verhindern, dass das Hochglanz-Drama gelegentlich ins Rührselige abrutscht und somit schlussendlich lediglich einen soliden Gesamteindruck hinterlässt.

    Die 36-jährige Pianistin Kate (Hilary Swank) erkrankt an ALS, was zu einer fortschreitenden Schwächung ihrer Muskulatur führt. Für Kate und ihren fürsorglichen Ehemann Evan (Josh Duhamel) bricht eine Welt zusammen. Da ihm neben seiner Arbeit als Anwalt nur wenig Zeit für die Pflege bleibt, benötigt das Paar Hilfe und engagiert schließlich die ziemlich chaotische Studentin Bec (Emmy Rossum), die Kate bei den alltäglichen Verrichtungen unterstützen soll. Josh zweifelt die Zuverlässigkeit der jungen Frau zwar stark an, Kate besteht aber darauf Bec anzustellen. Mit ihrer direkten und bodenständigen Art unterscheidet die sich nämlich wohltuend von Kates Upper-Class-Freundinnen. Bald entwickelt sich zwischen den beiden Frauen trotz aller Unterschiede eine tiefe Freundschaft und sie inspirieren sich gegenseitig. Während Kate immer häufiger mit Atemlähmungen kämpft, unternimmt Bec den Versuch, Ordnung in ihr Lebenschaos zu bringen.

    „Das Glück an meiner Seite“ beginnt mit einer sinnlichen Sexszene unter der Dusche und führt so die zärtliche Intimität ein, die auch den restlichen Film prägt. Hier trifft stimmungsvolle Jazzmusik auf Romantisches von Chopin und andere Wohlfühlklänge, während die Handlungskonstellation ein wenig an den französischen Überraschungshit „Ziemlich beste Freunde“ mit François Cluzet und Omar Sy erinnert, in dem sich ebenfalls über soziale Grenzen hinweg eine Freundschaft zwischen einer kranken Person und der Pflegekraft anbahnt. Regisseur George C. Wolfe setzt bei der Umsetzung seiner Geschichte allerdings mehr auf große Hollywood-Dramatik als auf subtile Zwischentöne. In dieser Klarheit ist „Das Glück an meiner Seite“ beispielsweise mit Jonathan Demmes Aids-Drama „Philadelphia“ vergleichbar, wobei die Darstellung der Krankheit bei Wolfe deutlich weniger nachdrücklich ausfällt und der aufklärerische Aspekt gegenüber der Freundschaftsgeschichte zurücksteht.

    Seit ihrem Durchbruch mit „Boys Don't Cry“ verkörpert Hilary Swank immer wieder Frauen, die sich gegen gesellschaftliche, familiäre oder innere Widerstände durchsetzen müssen. So stemmt Swank auch ihren gefühlvollen Part in „Das Glück an meiner Seite“ einschließlich der handwerklichen Herausforderungen durch die zunehmenden körperlichen Einschränkungen mit Bravour, wobei ihr allerdings das zuweilen etwas platte Drehbuch die Arbeit erschwert. Letztlich gelingt es ihr durch ihre feinfühlig-nuancierte Darstellung jedoch zum emotionalen Kern selbst der plakativeren Szenen vorzudringen, in denen Kate erst um ihre Selbstbestimmung und schließlich um ein Sterben in Würde kämpft. Auch die Freundschaft der plötzlich Erkrankten mit der von Emmy Rossum („Shameless“, „Beautiful Creatures“) sympathisch gespielten Bec, die Musikerin werden will, sich aber nicht auf die Bühne traut und stattdessen mit diversen Liebschaften in den Tag hinein lebt, ist etwas formelhaft angelegt. Aber die beiden Darstellerinnen lassen den allzu offensichtlichen Kontrast der Lifestyles ihrer Figuren bald hinter sich und zeichnen über einige erzählerische Holprigkeiten hinweg das behutsame Porträt einer unwahrscheinlichen Annäherung.

    Fazit: Formelhaft erzähltes Krankheitsdrama, das durch starke Darstellerleistungen besticht.

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