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    Seitenwechsel
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Seitenwechsel
    Von Andreas Staben

    Die Unterschiede zwischen den Geschlechtern und die daraus resultierenden Missverständnisse sind eins DER Komödienthemen schlechthin. Frauen wundern sich, wenn „Mann tut was Mann kann“ und Männer staunen darüber, „Was Frauen wollen“. Um die Gegensätze auf die entlarvend-komische Spitze zu treiben, ist der Rollentausch ein immer wieder gern verwendetes Mittel und da im Kino ja bekanntlich alles möglich ist, landen die Figuren gerne auch mal in einer fremden körperlichen Hülle. Das ist die klassische Prämisse von Vivian Naefes clever betiteltem „Seitenwechsel“: Wenn der Fußballtrainer-Ehemann im Körper seiner Psychotherapeutin-Gattin erwacht und umgekehrt, dann werden natürlich jede Menge Klischees aufgewirbelt und am Ende verhilft der Perspektivwechsel dem Paar ebenso erwartungsgemäß zu neuem und besserem Verständnis füreinander. Doch hier ist nicht das „Was“ entscheidend, sondern das „Wie“ – und dabei sammeln vor allem die beiden Hauptdarsteller Wotan Wilke Möhring und Mina Tander Pluspunkte, die der mal amüsanten, mal abgeschmackten Körpertausch-Komödie mit sichtbarer Spiellaune Leben einhauchen.

    Nach 15 Jahren ist in der Ehe von Alex (Wotan Wilke Möhring) und Teresa (Mina Tander) der Wurm drin. Während der Coach des abstiegsbedrohten Zweitligisten 1.FC Union Berlin am liebsten seine Ruhe haben will, möchte seine stets perfekt organisierte Gattin alle Probleme möglichst systematisch aus der Welt schaffen – so wie sie es in ihrer Psychotherapiepraxis mit ihren Patienten tut. Auch im Umgang mit der gemeinsamen Teenagertochter (Ruby O. Fee) prallen die gegensätzlichen Persönlichkeiten immer wieder aufeinander, selbst die in Anspruch genommenen Paartherapeuten wissen keinen anderen Rat mehr als Scheidung - zumal auch im Schlafzimmer Funkstille zwischen den Eheleuten herrscht. Doch als die beiden nach einer Gewitternacht wach werden, ist alles anders: Plötzlich findet sich Alex in Teresas Körper wieder und sie sich in seinem. Nach dem ersten Schock beschließen sie, für die Außenwelt in die Rolle des jeweils anderen zu schlüpfen. Doch wie soll Fußballmuffel Teresa Union vor dem Abstieg retten? Und was macht der unsensible Alex mit den hochgradig hilfsbedürftigen Patienten seiner Frau?

    Schon im Prolog des Films wird ohne Umschweife klargemacht, dass Alex und Teresa eigentlich gar nicht zueinander passen. In einer augenzwinkernden Variation jener Bilderreigen des Glücks, die zum Standardrepertoire des Romantikkinos gehören, erscheint hier alles betont unglamourös: die gegenseitigen Vorurteile sind auch nach dem Kennenlernen intakt, die Jahrtausendwendefrisuren und die Popmusikbegleitung wirken gleichermaßen penetrant, das Kind war nicht geplant und die Hochzeit ist mehr eine logische Konsequenz der Umstände als die Erfüllung eines Lebenstraums. Vivian Naefe („Die wilden Hühner“-Trilogie) überhöht die Beziehung des Paars nicht und diese Bodenhaftung tut dem Film auch in den folgenden ersten Szenen vom Arbeits- und Familienalltag gut, etwa wenn auf recht elegante Weise klargemacht wird, wie die pubertierende Tochter die Eltern gegeneinander ausspielt. Die bald folgende Krise wird dann schnell ins Extreme zugespitzt und spätestens mit dem Körpertausch erreichen wir die Gefilde einer durchaus handfesten Komödie, deren Stärken eindeutig in den intimeren Szenen mit Alex und Teresa liegen, wobei das Protagonistenpaar von Friederike Kempter („Oh Boy“) als eingeweihte Freundin Rebecca wirkungsvoll und einfühlsam unterstützt wird.

    Wenn Mina Tander („Buddy“) als Axel im Frauenkörper zum ersten Mal mit einem Tampon hantiert (bis zum triumphierenden „Er ist drin“) oder wenn Wotan Wilke Möhring („Da muss Mann durch“) sich als Frau im Manne immer wieder mit seinen ungefragt auftretenden Erektionen konfrontiert sieht, dann ist das deshalb lustig, weil die Darsteller mit viel Gespür für die Eigenarten des anderen agieren. Auf diese Weise bekommt auch eine zärtliche Liebesszene mit getauschten Körpern so etwas wie eine höhere Form von Sinnlichkeit. Geht es dagegen um den Jobtausch und damit verbunden um die Nebenfiguren, dann bleibt „Seitenwechsel“ trotz des authentischen Flairs der Szenen rund um den Fußball (gedreht An der Alten Försterei, in der Heimstatt von Union Berlin) doch recht häufig in öden Klischees stecken. Da hilft dann auch die sichtbare Sorgfalt wenig, die alleine schon in die Garderobe von Frederick Laus („Victoria“) Problempatienten Leonard investiert wurde: Das Drama um den Neurotiker wirkt aufgesetzt, zu sehr wie eine von den Drehbuchautorinnen durchsichtig konstruierte Herausforderung für Alex. Auch Anna Maria Mühes auf den Trainer fixierte PR-Tante Jenny, der Statistikfreak und Assistenzcoach Moritz (Axel Stein) sowie vor allem der stets mit einem Becher Kaffee auf die Flirtgelegenheit mit Teresa lauernde Marc (Steve Windolf) gewinnen außerhalb ihrer offensichtlichen Funktion für die Erzählung kaum Profil.  

    Fazit: Etwas schematische, aber unterhaltsame Körpertausch-Komödie mit überzeugenden Hauptdarstellern.

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