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    By The Sea
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    By The Sea
    Von Jörg Brandes

    Als Angelina Jolie und Brad Pitt 2005 in Doug Limans launigem Action-Spektakel „Mr. & Mrs. Smith“ gemeinsam vor der Kamera standen, hat es nicht nur ordentlich gekracht, sondern auch heftig gefunkt. Seitdem sind sie ein Paar und als „Brangelina“ aus den Medien kaum wegzudenken. Ihre Karrieren haben die beiden Superstars allerdings auch unabhängig voneinander fortgesetzt. Dabei hat sich Jolie auch schon mehrfach als Regisseurin versucht – beim Bosnienkriegs-Drama „In The Land Of Blood And Honey“  und zuletzt bei „Unbroken“, einem Film über einen US-Soldaten, der während des Zweiten Weltkriegs in japanische Gefangenschaft gerät. In dem unter ihrer Regie und nach ihrem Drehbuch entstandenen Ehe-Melodram „By The Sea“ ist Jolie nun erstmals nach zehn Jahren wieder gemeinsam mit Pitt auf der Leinwand zu sehen. Allerdings gibt dieser Umstand nur wenig Anlass zur Freude. Und das liegt keineswegs bloß am eher tristen Stoff des Films.

    Mitte der 1970er: Das New Yorker Paar Roland (Brad Pitt) und Vanessa (Angelina Jolie Pitt) steckt nach 14 Jahren Ehe in einer Krise. Allzu viel zu sagen haben sich die beiden nicht, als sie für einen längeren Aufenthalt in einem Hotel an der südfranzösischen Küste einchecken. Der Schriftsteller Roland trinkt reichlich und findet in Café-Betreiber Michel (Niels Arestrup), dessen Frau vor einem Jahr gestorben ist, einen Ansprechpartner für sein Leid. Daneben versucht er, eine Schreibblockade zu überwinden. Währenddessen hängt die ehemalige Tänzerin Vanessa meist depressiv in den Seilen und schluckt oft Pillen. Auch an den neuen Zimmernachbarn Lea (Mélanie Laurent) und François (Melvil Poupaud) zeigt sie zunächst wenig Interesse. Das ändert sich jedoch, als sie ein Loch in der Wand entdeckt, mit dem sie die beiden Frischvermählten beim Turteln und darüber hinausgehenden Aktivitäten beobachten kann. Bald wird auch Roland des „Ausgucks“ gewahr – und hofft, bei gemeinsamen voyeuristischen Sessions mit seiner Frau die eigene Ehe aus der Krise zu hieven.

    Am Anfang fährt das Krisen-Paar in einem repräsentativen Citröen DS auf einer serpentinenreichen Straße zu seinem traumhaft gelegenen Domizil am Mittelmeer. Das sieht schon klasse aus. Auch sonst sind die Bilder von Kameramann Christian Berger („Ludwig II.“, „Das weiße Band“) größtenteils von erlesener Schönheit, begleitet werden sie vornehmlich von schmeichlerischen Streicherklängen aus der Feder von Oscar-Preisträger Gabriel Yared („Der englische Patient“). Zudem wurde erkennbar viel Wert auf das Produktionsdesign gelegt. Die Ausstattung der Räumlichkeiten zeugt von erlesenem Geschmack, die Kostüme sind von gehobenem 70er-Jahre-Chic, Kulissen und Landschaft – gedreht wurde übrigens nicht in Südfrankreich, sondern auf der maltesischen Insel Gozo – sind ausnahmslos pittoresk. Dazu weiß die Regisseurin auch sich selbst vorteilhaft in Szene zu setzen. Jolie Pitt strahlt stets die glamouröse Schönheit eines klassischen Filmstars aus, auch wenn ihrer Figur das seelische Elend im Gesicht steht.

    Die visuellen Reize können die inhaltlichen Schwächen jedoch nicht verdecken, die dünne Krisengeschichte rechtfertigt keineswegs die mit 122 Minuten sehr großzügig bemessene Länge des Films: Über weite Strecken wird Stillstand zelebriert, Roland und Vanessa suhlen sich geradezu im Unglück ihrer Beziehung. Regisseurin Jolie Pitt mag dabei gewisse Vorbilder des modernen Arthouse-Kinos, wie etwa die Entfremdungsstudien von Michelangelo Antonioni („Die Nacht“, „L’Avventura“) im Hinterkopf gehabt haben, aber statt rätselhaft-tiefgründig ist ihr Film meist nur banal-oberflächlich. Das liegt auch daran, dass der (wenig überraschende) Grund für die Ehekrise erst spät enthüllt wird und das Drama damit über weite Strecken kein solides Fundament hat. Erst mit dem sexuell aktiven Paar im Nachbarzimmer kommt etwas Bewegung in die Handlung, doch viel mehr als die „Erkenntnis“, dass übermäßiger Alkoholkonsum auch der Libido von Flitterwöchnern unzuträglich ist, ergibt sich dabei auch nicht. Immerhin hat man genug Zeit, sich darüber zu wundern, warum Lea und François das offensichtlich unverstellte und nicht eben winzige Wandloch verborgen bleibt.

    Fazit: Seiner vielversprechenden Besetzung zum Trotz ist „By The Sea“ eine oft quälend zähe Angelegenheit. Der schöne Schein der Bilder ist da nur ein schwacher Trost.

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