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    The Messengers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Messengers
    Von Björn Becher

    Unbestritten ist Sam Raimi ein großer Regisseur, dessen Name meist Garant für gute Unterhaltung ist. Mit Tanz der Teufel schuf er einen Low-Budget-Klassiker des Horrorfilms und mit der Spider-Man-Trilogie hat er aktuell den kommerziellen Gipfel Hollywoods erklommen. Doch als Produzent hat er bisher qualitativ ein weit weniger glückliches Händchen bewiesen. Mit der von ihm selbst gegründeten Firma Ghost House Pictures, die, wie der Name schon andeutet, auf Horrorfilme ausgelegt ist, produzierte er die Rohrkrepierer Boogeyman, Der Fluch und Der Fluch - The Grudge 2, die ihm aber immerhin (auch dank relativ humaner Produktionskosten) Geld in die Kassen spülten. Wohl daher geht es nach bewährtem Muster weiter. Auch „The Messengers“ hat ein Drehbuch, das sich darauf beschränkt, altbekannte Horror-Versatzstücke neu miteinander zu kombinieren, wodurch der Film phasenweise sogar ganz ordentlich funktioniert. Dank des Könnens des asiatischen Regiebrüderpaares Danny und Oxide Pang, die hier ihr Hollywooddebüt geben, gereicht es dem Streifen sogar zum bisherigen Glanzlicht in der Geschichte von Ghost House Pictures. Mangelndes Vertrauen in die eigene Kreativität und das recht ärgerliche, da über alle Maßen penetrante Preisen der Familienwerte verhindern allerdings, dass es dieses studiointerne „Glanzlicht“ auch über den allgemeinen Genredurchschnitt schafft.

    Die Familie Solomon hat in Chicago einiges durchmachen müssen, weswegen Familienvater Roy (Dylan McDermott) die Seinen jetzt aufs Land beordert, wo er mit dem letzten Rest seines Vermögens eine kleine Farm erworben hat. Die Geschehnisse aus Chicago hängen trotz des Umzugs wie dunkle Wolken über der Familie. Die Beziehung zwischen Mutter Denise (Penelope Ann Miller) und Tochter Jess (Kristen Stewart), die sich im besten rebellischen Teenageralter befindet, ist so nachhaltig gestört, dass die beiden kaum miteinander kommunizieren. Der kleine Sohn Ben (Evan Turner/Theodore Turner) spricht noch immer kein Wort, obwohl er dazu eigentlich alt genug sein müsste. Doch im Gegensatz zum Rest der Familie sieht er, dass im Haus Geister leben, die mit knackenden Knochen die Wände entlang schlurfen. Die anderen Familienmitglieder ahnen hiervon noch nichts. Denise wundert sich zwar ein wenig, warum ein gerade entfernter Schimmelfleck an der Wand plötzlich wieder auftaucht. Und Roy findet das verstärkte und scheinbar recht koordinierte Aufkommen von Krähen rund ums Haus etwas verwunderlich, aber der Anbau des neuen Sonnenblumenfeldes wird trotzdem in Angriff genommen. Als Jess und Ben eines Tages alleine zu Hause sind, kommen die Geister aus ihren Löchern gekrochen und attackieren das junge Geschwisterpaar. Doch keiner glaubt Jess und so muss sie diesem Mysterium ganz alleine auf den Grund gehen...

    Seit 1999 haben die aus Hongkong stammenden, zu Beginn aber noch in Thailand arbeitenden Brüder Danny und Oxide Pang die asiatische Filmwelt aufgemischt. Mit dem optisch beeindruckenden Action-Drama „Bangkok Dangerous“ (ein Remake mit Nicolas Cage in der Hauptrolle wurde von ihnen selbst übrigens gerade abgedreht) gelang ihnen ein fulminanter Durchbruch, der gleich auch ihre weitere, stark visuell geprägte Stilrichtung vorgab. Ihr zweiter Hit war „The Eye“, mit dem sie ganz oben auf der Asia-Horror-Welle mitsurften, großen kommerziellen Erfolg erreichten und rund um den Globus Auszeichnungen sammelten. Ein Remake mit Jessica Alba wird im Herbst die US-Kinos heimsuchen. Leider ließen die Pangs es sich nicht nehmen, mit „The Eye 2“ und „The Eye 10“ gleich zwei Fortsetzungen zu drehen, die ihren Ruf ein wenig ankratzten. Wer jetzt allerdings davon ausgeht, dass die beiden bei ihrem US-Debüt da weitermachen, wo sie in Asien aufgehört haben, und mit einer optischen Reizüberflutung die lahme Story zu kaschieren versuchen, der sieht sich getäuscht. Und das ist auch ganz gut so.

    Stattdessen gelingt es ihnen gerade im ersten Drittel von „The Messengers“, mit einer sehr zurückgenommenen Inszenierung und nur einzelnen wenigen visuellen Momenten, die so aber wesentlich mehr Kraft entfaltet, eine beklemmende Atmosphäre aufzubauen, auch wenn diese im Fortlauf leider deutlich zu wenig genutzt wird. Gerade die ersten Zusammentreffen Bens mit den Geistern stechen positiv heraus, was auch an der überraschend gut gelungenen Umsetzung von Mimik und Gestik des kleinen Jungen liegt. Es würde nicht überraschen, wenn hier ein wenig mit dem Computer nachgeholfen worden wäre - wenn ja, aber sehr gut und unauffällig. In diesem Abschnitt sticht der Umgang mit den Schockmomenten noch eher positiv heraus. Sie werden nicht nach altbewährtem Thriller-Muster mit Musikuntermalung schon lange vorher angekündigt und ganz langsam Richtung Schockhöhepunkt gesteigert, sondern passieren beinahe beiläufig und in sekundenschnelle.

    Schade, dass diese Methode hier nicht deutlich länger verfolgt wird. Je mehr der Film voranschreitet, desto stärker tritt die klassische Genreinszenierung in den Vordergrund, was aber immerhin so routiniert geschieht, dass es dennoch einige wirkungsvolle Spannungsmomente gibt. Passend dazu, dass sich der Film allgemein viel Zeit für seine Story nimmt, sind die Schockeffekte insgesamt recht breit verteilt. So sind es auch eher die Fragen nach dem Grund für die Zerrüttung der Familie oder dem mysteriösen Fremden (William B. Davis), der unbedingt die Farm kaufen will, denn die wohlige Angst vor der nächsten Schreckensszene, welche den Zuschauer umtreiben. Da aber auch diese Fragen die Spannung auf ordentlichem Niveau zu halten verstehen, ist diese Schwerpunktsetzung sicherlich kein Nachteil.

    Allerdings verlässt das Drehbuch von Mark Wheaton nie seine ausgetretenen Pfade. Er wollte scheinbar auf Nummer sicher gehen und hat einfach so bekannte Genreelemente wie die „Haunted House“-Thematik und die Ringu-Geisterwelle zusammengeworfen, das Ganze dann noch mit einer Prise von Alfred Hitchcocks Die Vögel sowie Stanley Kubricks Shining abgemischt und neu niedergeschrieben. Richtig kreativ ist das nie, hat aber einen Vorteil: Wenn man Gutes neu aufkocht, schmeckt es meistens wenigstens noch ganz ordentlich und so ist es auch hier. Dass man es sich dann nicht verkneifen konnte, im erstaunlich unmysteriösen Finale, welches sicher den ein oder anderen Zuschauer vor den Kopf stoßen und enttäuscht zurück lassen wird, die Botschaft vom Zusammenhalt der Familie noch einmal sehr plump auch bildlich zu illustrieren, ist da eigentlich doppelt ärgerlich, zumal absolut unnötig. Dass Wheaton auch dieses klassische Horrormotiv aufgegriffen hat, war einem da nämlich schon längst klar, da braucht es kein vereintes aus dem Sumpf ziehen mehr.

    Sam Raimi muss mit Ghost House Pictures also weiter auf die erste richtig gute Eigenproduktion warten. Mit den beiden Vampirfilmen Rise: Blood Hunter (mit Lucy Liu) und 30 Days Of Night (mit Josh Hartnett) stehen die nächsten Chancen in den Startlöchern. Und wenn auch das nicht klappt: Für 2008 soll man angeblich an einem Remake von Tanz der Teufel arbeiten. Na, da muss es dann doch endlich mal mit einem (nicht nur kommerziellen) Volltreffer hinhauen…

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