Mein Konto
    Tatort: Frohe Ostern, Falke
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Tatort: Frohe Ostern, Falke
    Von Lars-Christian Daniels

    Kaum ist sie da, da ist sie auch fast schon wieder weg: Erst vor knapp zwei Jahren feierte Petra Schmidt-Schaller („Stereo“) an der Seite von Wotan Wilke Möhring („Das Leben ist nichts für Feiglinge“) im „Tatort: Feuerteufel“ ihr Debüt als Hauptkommissarin Katharina Lorenz. Nun gab der NDR den Abschied der Schauspielerin bekannt: Die Wahl-Berlinerin wird nur noch zweimal in der Krimireihe zu sehen sein, bevor die Österreicherin Franziska Weisz („Kreuzweg“) ihre Nachfolge als Ermittlerin bei der Bundespolizei antritt. Eine wirklich große Lücke entsteht durch den Ausstieg von Schmidt-Schaller allerdings nicht: Bei ihren bisherigen vier „Tatort“-Auftritten durfte sie sich nur selten in den Vordergrund spielen, sodass ihre Figur recht austauschbar wirkte. Bei ihrem vorletzten Auftritt in Thomas Stillers „Tatort: Frohe Ostern, Falke“ steht die scheidende Hauptkommissarin aber erstmalig im Mittelpunkt: Lorenz gerät in eine Geiselnahme und muss in der Folge um ihr Leben bangen. Trotz dieser vielversprechenden Ausgangslage ist die actiongeladene Oster-Ausgabe der Krimireihe eine herbe Enttäuschung: Der soliden Inszenierung und einigen Spannungsmomenten stehen eine an den Haaren herbeigezogene Geschichte und viele arg oberflächliche Figuren gegenüber.

    Hamburg, während der Osterfeiertage: Hauptkommissarin Katharina Lorenz (Petra Schmidt-Schaller) begleitet Rechtsanwalt Sönke Sauer (Thomas Darchinger) auf eine Wohltätigkeitsgala, bei der um Spenden für Flüchtlinge geworben wird. Die versammelte High Society der Hansestadt erlebt schon bald einen Albtraum: Die mit Hasenkostümen maskierte und schwer bewaffnete Aktivistengruppe „Bad Easter Bunnies“ stürmt den Saal und nimmt die knapp 80 Gäste als Geiseln. Weil alle Anwesenden ihre Mobiltelefone abgeben müssen, ist der Kontakt zur Außenwelt abgeschnitten – nur Lorenz gelingt es, ihr Handy in letzter Sekunde vor den Geiselnehmern Frank (Thomas Sarbacher), Steffen (Lasse Myhr), Nico (Sascha Alexander Gersak), Joachim (Milton Welsh) und Rainer (Marek Harloff) zu verstecken. Via Livestream senden die Aktivisten ihre Forderungen: eine Amnestie für alle Abschiebehäftlinge. Als ihr Anführer eine scheinbar beliebige Geisel erschießt, spitzt sich die Lage zu, doch Lorenz kann ihren Kollegen Thorsten Falke (Wotan Wilke Möhring) per SMS über die Geiselnahme informieren. Der verständigt das Mobile Einsatzkommando (MEK) um Einsatzleiter Arendt (Torsten Michaelis)...

    Es fehlt die horizontale Figurenentwicklung, die viele amerikanische Serien auszeichnet“, monierte Schauspielerin Friederike Kempter aus dem „Tatort“ Münster kürzlich in einem Interview, denn eine Annäherung zwischen ihrer Figur Nadeshda Krusenstern und Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) im „Tatort: Die chinesische Prinzessin“ wurde von den Drehbuchautoren schon in der nächsten Folge wieder fallengelassen. Ein ähnliches Phänomen lässt sich nun auch in Hamburg beobachten: Das Techtelmechtel zwischen Falke und Lorenz aus dem vorigen „Tatort: Die Feigheit des Löwen“ wird mit keinem Satz mehr thematisiert – wohl auch, weil die 942. Ausgabe der Krimireihe angesichts der Blockbuster-Konkurrenz am TV-Osterwochenende ein für sich stehender „Event-Tatort“ sein soll. Das Ergebnis ist ein halbgarer Kompromiss: Falkes Busenfreund Jan Katz (Sebastian Schipper, „Victoria“) sollte offenbar noch irgendwie im Film untergebracht werden, aber wirkt in allen seinen Szenen nur wie das fünfte Rad am Wagen, während Milchliebhaber Falke wiederum gar nicht den Eindruck eines leitenden Ermittlers macht, sondern zum machtlosen Beobachter degradiert wird, der nur reagiert, statt zu agieren.

    Keine Auftaktleiche, keine Spurensicherung, keine Verhöre: Regisseur und Drehbuchautor Thomas Stiller („12 Winter“) verzichtet auf das gewohnte Whodunit-Prinzip und inszeniert stattdessen einen actiongeladenen Thriller, der zumindest handwerklich überzeugt. Der düstere Soundtrack schafft Atmosphäre, das abgedunkelte, verwinkelte Bürogebäude der Geiselnahme erweist sich als idealer Schauplatz für ein reizvolles Katz-und-Maus-Spiel zwischen Lorenz und den Gangstern, und auch die Actionszenen sind knackig inszeniert. Doch Stiller kann den eigenen Anspruch, „einen unterhaltsamen, aber nicht übertriebenen Genrefilm zu machen, der das Geschehen glaubwürdig in der deutschen Realität verankert“, nur selten erfüllen und in der zweiten Filmhälfte artet seine Geschichte zum realitätsfernen Actionspektakel aus. Nach einer ebenso kruden wie vorhersehbaren Wendung kommt plötzlich die böse Rüstungsindustrie ins Spiel und aus der anfänglichen Aktivistenaktion zugunsten von Abschiebehäftlingen wird eine völlig konstruiert wirkende Verschleierungstat.

    Überhaupt wirken die „Bad Easter Bunnies“ in ihren skurrilen „Donnie Darko“-Kostümen nicht wie furchteinflößende Geiselnehmer, sondern wie Karikaturen schießwütiger Westernhelden: Da gibt es den skrupellosen, keinen Widerspruch duldenden Anführer, der ohne Zögern die eigenen Leute umnieten würde, den aufmüpfigen Handlanger, der vom Chef in die Schranken gewiesen wird, und den abtrünnigen Schwächling, den Lorenz in einer ziemlich unglaubwürdigen Sequenz auf dem Damenklo mit einer Verständnis-Offensive zur Kollaboration überredet. Und dann sind da noch der opportunistische Rechtsanwalt Sönke Sauer (Thomas Darchinger) und der geläuterte Ex-Aktivist Axel (Tim Grobe), der sein Leben verschlafen hat und für sieben Euro die Stunde im rosa Hasen-Outfit Flyer vorm Alsterhaus verteilt – dieser „Tatort“ liefert reichlich Klischees. Und Falke? Der verharrt eine gefühlte Ewigkeit im Präsidium und verfolgt die Geiselnahme per Livestream, steht aber pünktlich zum Showdown auf der Matte. Petra Schmidt-Schaller bleibt angesichts der vielen Drehbuchmängel zu wünschen, dass ihr zumindest in ihrem letzten „Tatort: Verbrannt“ ein würdiger Abschied bereitet wird.

    Fazit: Thomas Stillers „Tatort: Frohe Ostern, Falke“ ist ein actiongeladener, handwerklich solider Thriller, der aber stark unter der überkonstruierten Geschichte und der schwachen Figurenzeichnung leidet.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top