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    Ma Folie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Ma Folie
    Von Ulf Lepelmeier

    Nach dem ersten Hoch des Verliebtseins offenbart sich oftmals erst Stück für Stück das wahre Wesen der oder des Geliebten. In Andrina Mracnikars Spielfilmdebüt schlägt eine große Liebe in einen Albtraum aus Eifersucht, Drohungen und Wahn um. Dabei ist das Psychodrama „Ma Folie“ mit seinen eingestreuten essayistisch-poetischen iPhone-Videobotschaften auch ein spannungsvolles Vexierspiel mit der beängstigenden Manipulationskraft der Bilder: An der Filmakademie Wien studierte die Regisseurin bei Oscar-Preisträger Michael Haneke und so erinnern die zunehmend von Enttäuschung und Verachtung geprägten obsessiven Telefonfilme in „Ma Folie“ (übersetzt: Meine Verrücktheit, mein Wahnsinn, meine Tollheit) wohl nicht ganz zufällig ein wenig an „Benny's Video“ oder an die beunruhigenden Überwachungsvideos aus „Caché“.

    Es beginnt fast schon klischeehaft romantisch: In einem lauschigen Pariser Bistro verlieben sich Hanna (Alice Dwyer) und Yann (Sabin Tambrea) Hals über Kopf ineinander. Als die Österreicherin zurück nach Wien muss, schickt Yann ihr Liebesgrüße in künstlerisch montierten Videobotschaften hinterher und schon beim ersten Besuch bei ihr zu Hause ist er sich sicher, dass er sein gesamtes Leben mit ihr teilen will. Doch bald schlägt seine unbändige Zuneigung in obsessive Eifersucht um und so schnell wie er in Hannas Leben getreten ist, verschwindet Yann auch wieder aus ihm – von nun an bekommt die Kinder-Therapeutin hasserfüllte Kurzfilme zugesandt. Regisseurin Andrina Mracnikar versetzt ihre Erzählung in einen verstörend-ungewissen Zustand irgendwo zwischen der vermeintlichen Realität, Hirngespinst und Ideenkonstrukt. Dabei hat sie es offensichtlich weniger auf Thrillerspannung abgesehen als auf Denkanstöße und überlässt dem Zuschauer die Interpretation der einzelnen Facetten ihrer Geschichte.

    Alice Dwyer („Was du nicht siehst“) spielt die zuerst verliebte, dann immer stärker unter den drastischen Psychospielchen ihres Ex-Freundes leidende Hanna sehr nuanciert und arbeitet die zunehmende Paranoia der Psychotherapeutin, die sich irgendwann nur noch von bedrohlichen Gedanken und Verrat umgeben fühlt, gekonnt heraus. Während Hanna so zu einer vielschichtigen, differenzierten und nachvollziehbar handelnden Figur wird, bleibt der von Sabin Tambrea („Ludwig II.“) mit impulsiver Intensität verkörperte Yann eine geheimnisvolle Gestalt, die sich einzig von ihren extremen Gefühlen treiben zu lassen scheint. Die Darsteller fügen sich in das Konzept der Filmemacherin und geben dem etwas verkopften Ideenkino sinnliche Präsenz, doch eine Spur von etwas angestrengter (Selbst-)Reflexivität haftet „Ma Folie“ bis zuletzt an.

    Fazit: „Ma Folie“ ist ein düsteres Psychodrama über krankhafte Eifersucht, Paranoia und die albtraumhaften Facetten einer verflossenen Liebe.

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