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    Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon
    Von Michael Meyns

    Die Hauptfigur von „Grüner wird’s nicht, sagte der Gärtner und flog davon“ steigt zwar nicht aus dem Fenster, und 100 Jahre alt ist sie auch noch nicht, aber nicht nur der sperrige Titel von Florian Gallenbergers neuem Film lässt trotzdem an den schwedischen Komödienhit „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“ denken. Die Tragikomödie des deutschen Oscarpreisträgers (für seinen Kurzfilm „Quiero ser“) fällt zwar deutlich versöhnlicher aus als die sarkastische Senioren-Odyssee aus Skandinavien, doch gehören beide Werke zu jenen gefälligen Filmen für das Arthouse- und Programmkinopublikum, in denen die Kunst eher kleingeschrieben wird und der Unterhaltungswert dafür umso wichtiger ist. Das bringt mal mehr, mal weniger gute Ergebnisse hervor – im Fall von „Grüner wird’s nicht…“ haben wir es mit Wohlfühlkino nach bekannten Mustern zu tun. Er ist eine filmische Sinnsuche mit bebilderten Kalendersprüchen: bewusst schlicht, sentimental und kitschig, mal witzig, mal bemüht. Der tolle Hauptdarsteller Elmar Wepper zeigt indes eine Glanzleistung.

    Granteln ist bei Schorsch (Elmar Wepper) Dauerzustand. Egal ob er mit seiner langjährigen Ehefrau Monika (Monika Baumgartner) über die finanziellen Probleme der heimischen Gärtnerei streitet oder seiner Tochter Miriam (Karolina Horster) den Traum vom Kunststudium madig redet: Zufrieden ist Schorsch selten, glücklich schon gar nicht. Nur wenn er in seiner Propellermaschine hoch über den Problemen schwebt, ist er ganz bei sich. Und so überrascht es auch nicht, dass er vor dem Geldeintreiber Reißaus nimmt und sich ganz egoistisch davonmacht. Er hat ein einziges Ziel: möglichst weit weg. Auf seiner Reise begegnet er unterschiedlichsten Gestalten, die mit ihren eigenen Sorgen zu kämpfen haben und Schorsch langsam erkennen lassen, dass er nicht allein ist und dass es nie zu spät ist, etwas an seinem Leben zu ändern.

    „Das Leben ist eine Reise“ ist einer der Sinnsprüche, die Drehbuchautor Gernot Gricksch („“), der die Romanvorlage von Jockel Tschiersch adaptierte, den Figuren in den Mund legt. Keine besonders tiefsinnige Erkenntnis, die hier zudem auf nicht gerade originelle Weise zur Anwendung kommt. Regisseur Florian Gallenberger, der sich nach seinen filmischen Ausflügen nach China („John Rabe“) und Chile („Colonia Dignidad“) erkundet diesmal in Road-Movie-Manier die heimischen Gefilde. Schorsch trifft dabei unter anderem auf einen bayrischen Bauern, einen westfälischen Adligen sowie ein lesbisches Paar auf Sylt: ein bunter Reigen mal skurriler, mal nachdenklicher Personen, die ihn mit einem steten Fluss an Weisheiten versorgen.

    Auf einem Landgut begegnet Schorsch der jungen Philomena (Emma Bading). Sie nervt anfangs noch im Ganzkörper-Häschenkostüm ihre Eltern und entpuppt sich dann als komplexeste und reizvollste Nebenfigur. Gemeinsam geht die Reise weiter, Philomena entwickelt sich bald zu einer Art Ersatztochter des ewigen Grantlers, die Aspekte von Schorschs Charakter und Gefühlsleben weckt, die lange Jahre im Verborgenen lagen. Diese Konstellation erinnert deutlich an Doris Dörries‘ „Kirschblüten - Hanami“, mit dem Wepper zehn Jahre vor „Grüner wird’s nicht…“ den Beginn seines zweiten oder dritten filmischen Frühlings erlebte. Fast möchte man meinen, dass schon Jockel Tschiersch in seinem Roman an Wepper gedacht haben muss, so gut passt der inzwischen über 70-jährige Schauspieler in die Rolle des Schorsch.

    Wepper besitzt die Fähigkeit, mit ganz wenig mimischem Aufwand ganz viel auszudrücken. Meist bleibt er bei den wechselnden Begegnungen, die Schorsch durchlebt, passiv, agiert zurückhaltend und nimmt das oft exaltierte, merkwürdige Verhalten seiner Gegenüber mit stoischer Miene hin. Doch hinter der Fassade rumort es spürbar, der anfangs noch so abweisende Blick verändert sich zuerst noch fast unmerklich. Dieser Schorsch, der jahrzehntelang im Immer-Gleichen erstarrt war, öffnet sich ganz allmählich. Wie Wepper das langsame Aufblühen des Mannes in feinen Nuancen herausarbeitet, das haucht dem ansonsten sehr oberflächlichen Film Leben ein.

    Fazit: Florian Gallenbergers Road-Movie-Tragikomödie ist ein sentimentaler Feelgood-Film, der durch den überragenden Hauptdarsteller Elmar Wepper geerdet wird.

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