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    Still: A Michael J. Fox Movie
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    Still: A Michael J. Fox Movie

    Immer noch einer der sympathischsten Typen Hollywoods

    Von Teresa Vena

    Es gibt kein langes Drumherumreden oder vorsichtiges Herantasten. Die Dokumentation „Still: A Michael J. Fox Movie“, die in Deutschland direkt im Programm von Apple TV+ erscheinen wird, beginnt direkt mit der Krankheit, mit der der US-amerikanische Schauspieler inzwischen unweigerlich assoziiert wird. Das Bild zeigt eine ausgestreckte Hand im Gegenlicht, die Stimme des inzwischen 61 Jahre alten „Zurück in die Zukunft“-Stars ertönt. Michael J. Fox erinnert sich daran, wie er eines Morgens aufwachte und bemerkte, dass sein kleiner Finger unkontrollierbar zuckte.

    Der erste Versuch, die Situation dem übermäßigen Alkoholkonsum in der Nacht davor zuzuschreiben, erweist sich als Wunschdenken. Die Diagnose lautet Parkinson. Und das im Alter von 30 Jahren auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Regisseur Davis Guggenheim, der 2006 mit dem Dokumentarfilm-Oscar für die Klima-Doku „Eine unbequeme Wahrheit“ ausgezeichnet wurde, fängt bereits in dieser ersten Szene die Essenz von Fox' besonderer Persönlichkeit ein und legt damit zugleich den Grundstein für ein äußerst dichtes und auf formaler Ebene ideenreiches Porträt…

    Michael J. Fox begegnet seiner Parkinson-Erkrankung mit einer unsentimentalen Ironie.

    Durch den Film führt Michael J. Fox selbst. Er erzählt seine Lebensgeschichte auf unsentimentale Weise und immer mit ironischem Unterton. Selbst wenn es um seine Krankheit geht, die offensichtlich seine Lebensqualität entscheidend beschnitten hat, verfällt er nie ins Wehmütige oder Klagende. Er schaut einem direkt in die Augen, das Gesicht ist ganz nahe an der Kamera. Gealtert ist er jetzt doch, dieser schmächtige Kerl, den man immer schon jünger eingeschätzt hat, als er eigentlich war. Doch hinter den weißgewordenen Barthaaren und den Falten im Gesicht blitzt weiterhin ein herausfordernder jugendlicher Blick hervor. Da hat der englische Titel schon recht, Michael J. Fox ist definitiv immer noch (= „still“) Michael J. Fox!

    Zugleich passt aber ironischerweise auch die deutsche Bedeutung des Wortes „still“ erstaunlich gut: Fox war als junger Erwachsener, also in der Zeit, in der man ihn in seinen größten Serien- und Film-Erfolgen erleben konnte, ein quirliger, fast schon hyperaktiver Mensch. Seine Rollen haben genau das auch widergespiegelt: Man denke beispielsweise an die Rock n' Roll-Einlage in „Zurück in die Zukunft“. Völlig stillsitzen kann Fox auch heute nicht, nur ist es jetzt eben unfreiwillig: Parkinson stört die Koordination der motorischen Fähigkeiten, das Zittern in den Händen ist ebenso eine Konsequenz davon wie das Zucken im Gesicht oder die Schwierigkeiten beim Koordinieren der Beine.

    Eine komplexe Erzählstruktur

    Zugleich hat die Krankheit Fox – zumindest in der Wahrnehmung der Außenwelt –zu einem tatsächlichen Stillstand gezwungen. Seine Karriere nahm nach der Diagnose ein mehr oder weniger jähes Ende. Eine Zeitlang hat er noch versucht, sich dagegen zu wehren. Dann kam eine Phase, in der die Krankheit selbst in seine Rollen etwa in „Chaos City“ oder „The Michael J. Fox Show“ einfloss. Aber schließlich musste er sich fügen. Davon erzählt der Dokumentarfilm nun, indem er sich als Gerüst auf die Erinnerungen und Ausführungen von Fox konzentriert, aber in der visuellen Darstellung aus gleich mehreren Quellen schöpft:

    Neben Ausschnitten aus seinen Filmen und Serien gibt es auch neu inszenierte Szenen mit fremden Schauspielern sowie Fotografien aus dem Archiv der Fox-Familie. Das Zusammenführen des unterschiedlichen Audio- und Bildmaterials geschieht auf eine derart intelligente Weise und ist so zügig geschnitten, dass der Film nie an Spannung verliert. Die verschiedenen Elemente, die manchmal nur aus ganz kurze Bildfolgen bestehen, greifen nahtlos ineinander – und alles wird von Fox' verschmitzten Kommentaren zusammengehalten.

    Endlich wieder eine Hauptrolle

    Sicherlich ist so zum Teil ein tendenziöses Gesamtbild entstanden, vielleicht ist es am Ende gar ein wenig zu versöhnlich und harmonisch. Doch daran hätten auch keine Wegbegleiter*innen oder gar Medizin-Expert*innen mit ihren Einschätzungen etwas geändert. Deshalb ist es gut, dass sich Guggenheim dem klassischen Mittel des Interviewstils und der sogenannten Talking Heads verwehrt und seinem Protagonisten den ganzen Raum überlässt. Es ist eben nicht nur ein Film über Michael J. Fox, sondern ein Film, in dem er endlich wieder die Hauptrolle spielt.

    Fazit: Ob man den Film nun als Fan schaut oder nicht – „Still: A Michael J. Fox Movie“ ist nicht nur eine warmherzige Hommage an eine der sympathischsten Persönlichkeiten Hollywoods, sondern zudem auch auf einer rein formalen Ebene dank eines komplexen visuellen Konzepts extrem eindrücklich.

    Wir haben „Still: A Michael J. Fox Movie“ im Rahmen des Sundance-Filmfestivals 2023 gesehen.

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