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    Signs - Zeichen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Signs - Zeichen
    Von Carsten Baumgardt

    Supertalent, One-Hit-Wonder oder gar brotloser Scharlatan, der nur einen Glückstreffer gelandet hat? Die Frage stellte sich nach Manoj Night Shyamalans sensationellem Mainstream-Debüt „The Sixth Sense“ überhaupt nicht. Der gebürtige Inder galt als Meister des modernen Spannungskinos. Erste Zweifel kamen nach dem selbstverliebten Nachzieher „Unbreakable“ auf, in dem sich Shyamalan auf mittelmäßige Weise versuchte, selbst zu kopieren. Doch was ist mit „Signs - Zeichen“, seinem neuesten Mystery-Thriller? Selten war ein Film zwiespältiger. Die ohne Zweifel faszinierenden Ideen und die garantierte Gänsehaut-Spannung ruiniert sich der Regie-Exzentriker mit einer unausgegorenen Story und einem völlig missratenen Schluss, der den gesamten Spannungsaufbau im Nichts verpuffen lässt. Ein im Grunde guter Film wird so fahrlässig verschenkt. Und das liegt vor allem an der mittlerweile eingetretenen Selbstüberschätzung von Regisseur, Autor, Produzent und Nebendarsteller Shyamalan.

    Der ehemalige Priester Graham Hess (Mel Gibson) hat sich nach dem tragischen Unfalltod seiner Frau Colleen (Patricia Kalember) mit seinen Kindern (Rory Culkin, Abigail Breslin) und seinem jüngeren Bruder Merrill (Joaquin Phoenix) auf einer Farm in der Abgeschiedenheit zurückgezogen. Traumatisiert hat er sich von Gott abgewandt und das Priesteramt aufgegeben, um als Farmer sein Geld zu verdienen. Als eines Tages mysteriöse Kornkreise auf dem Feld der Hess’ erscheinen, erwacht die Familie aus ihrer Lethargie. Später rennt auch noch eine riesige dunkle Gestalt auf dem Grundstück herum, was die Familie in Panik versetzt. Zu Recht. Nicht nur, dass sich das Kornkreis-Phänomen in Indien und anderen Teilen der USA wiederholt, nachts tauchen sonderbare Lichter über Großstädten in aller Welt auf. Eine Hysterie macht sich breit. Steht eine Invasion durch außerirdische Existenzen bevor?

    Mit „The Sixth Sense“ sicherte sich Regisseur Manoj Night Shyamalan seinen berechtigten Platz in den Annalen der Filmgeschichte. Der Mystery-Thriller zählt zu den zehn erfolgreichsten Produktionen in den USA und versetzte Publikum wie Kritiker in Verzückung. Der schockierende Schlusscoup zählt zu dem Besten, was je über die Leinwand geflimmert ist. Nach dem etwas abfallenden „Unbreakable“ will Shyamalan mit „Signs“ wieder an seinen größten Erfolg anknüpfen. Deshalb wählte er erneut das gleiche Genre, das ihn berühmt gemacht hat. Nicht ohne Grund, denn hier hat er unübersehbar seine Stärken. Immer dann, wenn es gilt, aus purer Atmosphäre durch die Kombinationen von Geräuschen und spärlichen visuellen Informationen Hochspannung zu erzeugen, ist Shyamalan unschlagbar. Das gilt auch für „Signs“. Die Bedrohung ist immer spürbar, aber fast nie sichtbar. Und das ist gut so. Shyamalan versteigt sich nicht in billige Effekthascherei, sondern setzt auf Hitchcock-artige Spannung, konzentriert seine Handlung zumeist in der Enge des Farmhauses, was dem Film bei einigen US-Kritikern nicht ohne Grund den Spitznamen „Panic Farm“ (in Anlehnung an David Finchers Hochspannungs-Thriller "Panic Room") einbrachte.

    Für sein neuestes Projekt verfährt er nach dem gleichen Muster wie bei den Vorgängern. Bruce Willis wird hier durch Mel Gibson ("Wir waren Helden") ersetzt. Rory Culkin vertritt Haley Joel Osment. Doch damit beginnen bereits die kleinen Probleme. Mel Gibson bleibt in seiner ewigen Rolle als Familienpatriarch blass und leidet unter der schon traditionell bedächtigen Erzählweise Shyamalans. Die hat in „The Sixth Sense“ noch bestens funktioniert, weil die Geschichte bis ins allerkleinste Detail perfekt ausgeklügelt war, in „Unbreakable“ musste sich der Regisseur wegen seiner Behäbigkeit schon den Vorwurf der Selbstgefälligkeit gefallen lassen und bei „Signs“ ist es nicht besser. Auch der ohne Frage begnadete Joaquin Phoenix („Gladiator“) kann seine Möglichkeiten nicht voll ausschöpfen, am emotionalsten gerieten noch die Darstellungen der beiden Kinder (Rory Culkin, Abigail Breslin), die überzeugen können. Aber die Unterforderung der Schauspieler fällt zunächst gar nicht so ins Gewicht, da „Signs“ mit den Talenten von Shyamalan punktet und immer wieder pure Gänsehaut erzeugt. Eine Prise lakonischer Humor sorgt für weitere Würze.

    Bis kurz vor dem Ende ist fast alles noch in Ordnung, doch dann begeht Shyamalan einen Fauxpas, der den ganzen Film ruiniert. Seine mühevoll aufgezogene Story löst sich in einer moralinsauren Fabel nach dem Gusto des Regisseurs auf und führt die gesamte Handlung praktisch ad absurdum. Statt Licht in die mysteriösen Geschehnisse zu bringen und einen Gesamtkontext zu erstellen, stülpt er der Geschichte eine mehr als platte Moral über, die sich den Vorwurf der Peinlichkeit machen muss. Durch sein ständiges Selbstzitieren ist Shyamalan einfach viel zu berechenbar geworden. Die Auflösung ist kein Knalleffekt, sondern schon im Verlauf der Story erkennbar. Zudem ist der Handlungsstrang mit seiner toten Frau ebenso zäh wie die unnötig große Rolle, die er sich selbst verordnet hat, überflüssig. Shyamalan hat zu wenig wert auf eine ausgefeilte Story gelegt. Die Kornkreise, die das Interesse des Publikums wecken, spielen nach der Hälfte des Films keine Rolle mehr und sind nicht mehr als ein klassischer McGuffin. Anstatt auf die faszinierenden Elemente seiner Geschichte zu bauen, setzt er zum finalen Moral-Hammer an und scheitert schließlich daran.

    Im Prinzip müsste es für „Signs“ zwei Wertungen geben. Eine für die ersten gut 100 Minuten - die würde mit 8 Punkten nämlich sehr gut ausfallen - und eine für die letzten fünf Minuten: Doch die sind katastrophal. Hätte Shyamalan seine Geschichte plausibel zusammengeführt wie in „The Sixth Sense“, wäre „Signs“ ein überzeugender Film mit kleinen Schwächen, aber so hat der Regisseur sein Klassenziel verpasst. Er sollte langsam aber sicher die Zeichen der Zeit erkennen und sich dringend einem neuen Genre zuwenden, um sich nicht ständig selbst zu wiederholen und den guten Ruf vollends zu verspielen.

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