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    Die Wutprobe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die Wutprobe
    Von Carsten Baumgardt

    Zuletzt begeisterten Jack Nicholson („About Schmidt") und Adam Sandler („Punch-Drunk Love") in ernsten Rollen, nun sind die beiden in Peter Segals Chaos-Komödie „Die Wutprobe“ zurück auf der Jagd nach Box-Office-Millionen. Das Ergebnis fällt erwartungsgemäß aus: „Die Wutprobe“ ist formelhaftes Mainstreamkino in Reinkultur – mit allen positiven wie negativen Folgen. Immerhin kann sich der Screwball-artige Witz meistens gegen die absurde Plotkonstruktion durchsetzen und weitgehend gut unterhalten.

    Der zurückhaltene Dave Buznik (Adam Sandler) kann keiner Fliege etwas zuleide tun. Trotzdem schafft es der schüchterne Katzenkleidung-Designer, ein Flugzeug zum Umkehren zu bewegen, weil er angeblich eine Stewardess tätlich angegriffen hat. Ehe er sich versieht, steht er vor der Haftrichterin (Lynne Thigpen). Sie verurteilt Dave zu 20 Sitzung Aggressions-Therapie. Wie praktisch, dass sein Sitznachbar im Flugzeug, der nicht ganz unschuldig an der Aktion war, ein anerkannter, aber selbst zu Wutausbrüchen neigender Psychotherapeut ist. Dr. Buddy Rydell (Jack Nicholson) nimmt den unschuldig Verurteilten in seine Gruppe auf. Nachdem Dave auch noch in eine Schlägerei verwickelt wird, einem Blinden (Harry Dean Stanton) den Blindenstock entreißt und einer Kellnerin damit die Nase zertrümmert, wird er zu einem Jahr Knast verurteilt. Sein einziger Ausweg: Eine 30-tägige 24-Stunden-Therapie mit dem durchgeknallten Dr. Rydell. Als Buddy auch noch versucht, Dave seine Freundin Linda (Marisa Tomei) auszuspannen, droht er zu explodieren...

    Kommerziell hat sich Adam Sandlers Ausflug ins ernste Fach zwar nicht gelohnt, allerdings wird der Top-Komiker jetzt wenigstens halbwegs für voll genommen. War eine Tendenz schon bei dem pomadigen „Mr. Deeds" spürbar, kehrt der Brachial-Akrobat jetzt weiter von der Volldebilen-Schiene ab und nimmt sich mehr und mehr zurück. So auch in der Vollblut-Komödie „Die Wutprobe“. Den Affen macht diesmal Jack Nicholson, der als unorthodoxer Psychiater groß aufziehen darf. In „Besser geht’s nicht“-Manier kann er starke Momente verbuchen, wenn er den friedsamen Dave/Sandler zur Weißglut triezt, muss aber im Gegenzug platte Albernheiten auf die Leinwand zaubern, wenn Nicholson beispielsweise wegen der Operation seiner Mutter plötzlich theatralisch-kindisch und völlig überzogen in Tränen ausbricht. Der dreifache Oscargewinner ist Profi genug, diese Unzulänglichkeiten zu meistern, aber in die Reihe der Nicholson-Meisterwerke wird „Die Wutprobe“ sicherlich nicht eingehen.

    Erfrischend wohltuend wirkt dagegen Adam Sandler, der Nicholson die große Show lässt und ihm zumeist nur als verbaler Punchingball dient. Den einen oder anderen Ausraster muss er dennoch über sich ergehen lassen, wenn auch immer unfreiwillig. Dabei sorgt Sandler für die witzigste Szene des Films. Um seine Aggressionen zu bewältigen, besucht er einen alten Schulfeind, der ihn früher immer verprügelt und fertiggemacht hat. Arnie (John C. Reilly) ist mittlerweile vollkommen friedlich und lebt als buddhistischer Mönch im Kloster. Es kommt, wie es kommen muss. Ein Wort führt zum anderen und innerhalb kürzester Zeit liefern sich die alten Kontrahenten eine wüste Prügelei. Das ist zum Schreien komisch.

    Die Reihe der Sidekicks ist ordentlich besetzt. Marisa Tomei spielt als Sandlers Freundin solide, Allen Covert ist als ihr ewiger Verehrer herrlich schleimig, John Turturro und Luis Guzmán können als Gruppentherapiemitglieder für ein paar Lacher sorgen, während Woody Harrelson einen skurrilen Auftritt als Transe hat. Dagegen lassen January Jones, Krista Allen und Heather Graham eher optische Werte sprechen. Ein paar nette Cameos gibt es auch. So sind New Yorks Ex-Bürgermeister Rudolph Giuliani und Ex-Tennisstar John McEnroe kurz zu sehen.

    „Die Wutprobe“ funktioniert über die Spielzeit von 106 Minuten ganz gut und das, obwohl sich die absurde Story als großer Schwachpunkt herausstellt und das Ende im Kitsch ertrinkt. Auch, wenn die mehr als unglaubwürdigen Handlungen nachträglich ein wenig mehr Sinn bekommen sollen, halten sie einer ernsthaften Überprüfung nicht stand. Das gleiche Problem hatte schon „Wie werde ich ihn los - in 10 Tagen". Auf der Suche nach neuen Geschichten rückt die Realität immer mehr in den Hintergrund und der reine Märchencharakter ins Zentrum. Aber was soll’s. Gehirn ausschalten und durchatmen: Dann kann man sich mit „Die Wutprobe“ passabel unterhalten. Und viel mehr wollte Regisseur Peter Segal („Familie Klumps und der verrückte Professor“) auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner offensichtlich nicht. Immerhin präsentiert er genügend Lacher, um sein anspruchsloses Publikum zufrieden zu stellen und „Die Wutprobe“ ganz knapp über den Durchschnitt zu hieven. Das Timing stimmt meistens, allerdings gibt es gewisse Defizite, beim Zusammenhalten der Handlung. Der Film hangelt sich von Gag zu Gag, der Weg dorthin ist manchmal ein wenig arg vorhersehbar und holprig.

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