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    Old School - Wir lassen absolut nichts anbrennen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Old School - Wir lassen absolut nichts anbrennen
    Von Jürgen Armbruster

    Das Genre der Teenie-Komödie ist älter als es viele für möglich halten. „Eis am Stiel“, „Porky’s“ oder auch „Ich glaub’ mich tritt ein Pferd“ schlagen alle in diese Kerbe und sind bereits mehrere Jahrzehnte alt. Anschließend wurde es jedoch still in diesem Genre – sehr still, bis 1999 ein Comeback gelang, das dem Aufstieg Phönix aus der Asche glich. Die Brüder Paul und Chris Weitz konnten mit ihrem Regieerstling „American Pie" einen weltweiten Sommerblockbuster für sich verbuchen. Frivole Teeniekomödien waren wieder in. Doch wie so oft folgte nach dem rasanten Aufstieg der noch rasantere Fall, der mit Peinlichkeiten wie „Party Animals“ seinen Tiefpunkt erreichte. Das Hauptproblem des Genres ist, dass den Drehbuchautoren die Ideen ausgehen. Es gibt nichts, was nicht schon ein leidgeprüfter Protagonist zur Belustigung des Publikums hätte ertragen müssen. Doch nun wird das Genre um eine interessante Variation erweitert. Im Mittelpunkt von Todd Phillips „Old School“ steht nicht eine Gruppe pubertierender Teenager, sondern drei Mittdreißiger in der Midlife-Crisis.

    Mitch (Luke Wilson) ist der typische Durchschnittsamerikaner. Als Immobilienanwalt muss er sich keine Sorgen um seine Finanzen machen und kann sich ein kleines Häuschen leisten, in dem seine hübsche Freundin Heidi (Juliette Lewis) auf ihn wartet. Doch als er eines Tages einen früheren Flieger von einem Kongress nach Hause nimmt, erwischt er Heidi in flagranti bei heißen Sexspielchen mit einer Reihe ihm völlig unbekannter Menschen. Heidis Geständnis, dass sie ihn zwar liebe, er sie sexuell aber nicht völlig befriedige, erschüttert ihn so sehr, dass er die Koffer packt und ein völlig neues Leben beginnen möchte. Die dafür passende Wohnung ist schnell gefunden: Das ehemalige Haus eines verstorbenen Professors in nächster Nähe zu seiner ehemaligen Universität. Die drei Freunde Beanie (Vince Vaughn), Frank (Will Farrell) und Mitch versuchen durch exzessive Partys die beste Zeit ihres Leben noch einmal zu genießen. Allerdings hat sie der fiese Collegedirektor Pritchard (Jeremy Piven) auf den Kieker und findet schnell eine Möglichkeit, ihnen den Spaß am Leben zu verderben. Da Mitch’ Haus auf dem Gelände der Universität liegt, schreibt dessen Satzung vor, dass seine Nutzung dem Gemeinwohl dienen muss und kündigt den Mietvertrag mit Mitch. Doch auch hier finden die Freunde schnell eine Lösung: die Gründung einer eigenen Studentenverbindung.

    „Old School“ erfüllt eigentlich alle Kriterien des klassischen Teenie-Klamauks. Viel Alkohol, viel nackte Haut und jede Menge Fettnäpfchen zum Hineintreten, und trotzdem gelingt es dem Film, sich wohlwollenden vom grauen Einheitsbrei abzuheben. „Old School“ nimmt sich zu keinem Zeitpunkt wirklich ernst und biete jede Menge Seitenhiebe und Andeutungen auf andere Produktionen, die zum Schmunzeln anregen. Die Organisation der Studentenverbindung erinnert an Finchers „Fight Club", Mitch wird kurzerhand zum „Paten", als nach dem Zusammenbrechen von Franks Ehe „Ain’t no sunshine“ ertönt, kommen zwangsläufig parallelen zu „Notting Hill“ auf, und „American Pie" und „Road Trip"-Chaot Sean William Scott wird gar ein Gastauftritt spendiert. Die Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen, doch dies soll an dieser Stelle genügen.

    Ein weiterer Pluspunkt von „Old School“ ist eine gewisse Portion Melancholie. Der von seiner Freundin betrogene Mitch, der in seiner Ehe unglückliche Beanie und der schon unmittelbar nach seiner Vermählung in Scheidung lebende Frank sind bemitleidenswerte Personen. Doch hin und wieder begibt sich Todd Phillips mit dem hier eingeschlagenen Weg in den Grenzbereich des guten Geschmacks. Beispiel gefällig? Als bei der Beerdigung von Blue, dem mit 89 Jahren ältesten Verbindungsmitglied, Frank von einer Akustikgitarre begleitet den Kansas-Klassiker „Dust in the wind“ anstimmt, wird die eine Hälfte des Publikums den Kopf schütteln, die andere herzhaft lachen.

    Was steht „Old School“ zu einer höheren Bewertung im Weg? Zum einen sind viele Gags schon in vergleichbarer Form da gewesen. Zwar kann der Film für sich beanspruchen, mit der Vertrauensprüfung zur Aufnahme in die Verbindung eine der lustigsten Szenen des bisherigen Kinojahres zu zeigen, doch Dinge wie „Gleitcreme-Catchen“ und das obligatorische Auftauchen einer Sexpuppe zur falschen Zeit am falschen Ort hat man einfach schon zu oft gesehen. Ein weiterer negativer Punkt ist die allzu offensichtliche Schlusswendung. Wem nicht von Beginn an klar ist, dass sich Mitch und Nicole (die reizende Ellen Pompeo aus „Daredevil" und „Catch Me If You Can") am Ende bekommen, hat mindestens zehn Jahre Kinogeschichte verschlafen.

    „Old School“ lief in den USA mit 75 Millionen Dollar Einspiel ausgesprochen erfolgreich in den Kinos und wird wohl auch bei uns seine Anhänger finden. Durchaus zu Recht, denn Fans des Genres werden sich hier sofort wohlfühlen. Was ihnen hier geboten wird, ist ein altbekanntes Thema in einem neuen Gewand.

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