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    First Snow - Tödliche Prophezeiung
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    First Snow - Tödliche Prophezeiung
    Von Jens Hamp

    Das ist das Leben. Dagegen kommt man nicht an.

    Bereits seit Urzeiten lassen sich Menschen von Orakeln, Wahrsagern und anderen Scharlatanen die Zukunft vorhersagen. Doch ist das Schicksal überhaupt vorbestimmt oder ist nicht vielmehr jedes Individuum dazu in der Lage, freie Entscheidungen zu treffen und seinem Unglück von der Schippe zu springen? Mark Fergus, der auch das Drehbuch zu Children Of Men schrieb, konfrontiert in seinem Regiedebüt Guy Pearce (Memento, L.A. Confidential) mit dieser schicksalhaften Frage. Leider ist das daraus resultierende Paranoia-Drama „First Snow“ mit überflüssigen Thriller-Elementen angereichert, die den guten Gesamteindruck etwas verwässern.

    Eine Autopanne in der flirrenden Wüstenhitze New Mexikos: Um sich die Zeit zu vertreiben, lässt sich der schmierige Jukebox-Vertreter Jimmy Starks (Guy Pearce) von dem kauzigen Hellseher Vacaro (J.K. Simmons, Spider-Man, Juno) die Zukunft vorhersagen. Nach einem zaghaften Einstieg und weithergeholten Aussagen über berufliche Erfolge bricht der Wahrsager urplötzlich die Sitzung ab. Der aalglatte Jimmy glaubt zunächst an ein billiges Schauspiel und zieht amüsiert von dannen. Als sich in den nächsten Tagen tatsächlich seine Karriere schlagartig verbessert, sucht er erneut Vacaro auf – und erfährt den wahren Grund für den hastigen Abbruch: Beim Fallen des ersten Schnees wird Jimmy etwas zustoßen…

    „I saw no more roads, no more tomorrows. But you’re safe until the first snow.”

    Obwohl Jimmy Starks in den ersten Minuten wie ein unliebsamer Schmierlappen rüberkommt, der sich beim Telefonieren das wehende Haar selbstverliebt kämmt, wird der Zuschauer von der ruhig-hypnotischen Inszenierung umgehend in den Bann gesogen. Langsam schliddert der Protagonist in eine tiefe Paranoia und steigert sich in den Verdacht, dass ein rachsüchtiger Außenstehender für seinen bevorstehenden Tod verantwortlich sein wird. Mit der Suche nach seinem Mörder wandelt sich „First Snow“ jedoch immer mehr in Richtung Thriller. Aufgrund nächtlicher Störanrufe und einer Papierzielscheibe in der Post erhärten sich die Hinweise auf ein Fremdeinwirken. Als schließlich noch rauskommt, dass ein ehemaliger Schulfreund, den Jimmy einst in den Knast brachte, wieder in der Stadt ist, ist die weitere Fahrtrichtung des Filmes besiegelt.

    Allerdings presst Mark Fergus sein Debütwerk trotz eindeutiger Genreelemente nicht in das übliche Hollywoodkorsett. Bereits die Suche nach Hinweisen setzt er ohne große Effekthascherei in Szene. Elegant und mit dezenter Musikuntermalung – komponiert von Ex-Red-Hot-Chili-Pepper Cliff Martinez (Traffic, Narc) – werden die Spannungsspitzen erzählt. Dass „First Snow“ gerade mit dieser lethargischen Inszenierung nicht vollends scheitert, ist in erster Linie Guy Pearce zu verdanken. Der Australier wandelt facettenreich auf dem schmalen Grat zwischen Verzweiflung und überheblicher Entschlossenheit. Besonders intensiv sind die Szenen, in denen sich sein Charakter mangels Auswegen in ein von der Außenwelt abgeschottetes Motelzimmer verkriecht. Wie ein desozialisierter Schatten fristet er sein Dasein und hofft, so seinem Mörder entgehen zu können.

    Während sich die Schlinge um Jimmys Hals immer enger zuzieht, erkennt er schließlich – ohne zuviel zu verraten –, dass er seine Angst vor dem Tod überwinden muss. Unabhängig davon, ob das Leben vorherbestimmt ist oder von den eigenen Entscheidungen beeinflusst wird, will er sich nicht mehr derartig einengen lassen. Diese weise Erkenntnis fungiert als Kernstück des Filmes, das als wundersame Erlösung inszeniert ist: Nachdem Jimmy das abgedunkelte Motelzimmer verlassen hat, stapft er durch den gleißend hellen Neuschnee. Mit dieser traumhaften Szene hätte „First Snow“ einen wunderbaren Schlusspunkt setzen können, doch das Drehbuch verrennt sich leider noch in eine unnötige Auflösung der Thriller-Nebenhandlung.

    Aufgrund der inhaltlichen Zentrierung auf den psychischen Verfall der Hauptfigur bleibt für die anderen Darsteller nur wenig Platz zur Entfaltung. Piper Perabo (Beverly Hills Chihuahua, Im Dutzend billiger) gibt – hoffnungslos unterfordert – Jimmys Freundin, J.K. Simmons Figur wird auf das Klischee des schrulligen Hellsehers minimiert und William Fichtner (The Dark Knight, „serie,Prison Break“) tritt als Jimmys sympathischer Arbeitskollege nur selten in Erscheinung.

    „What if someone looked into your future and didn't see tomorrow?“

    „First Snow“ ist dank des stark aufspielenden Guy Pearce ein sehenswertes Drama, das sich äußerst ruhig mit der Schicksalsthematik auseinandersetzt. Einziger Wermutstropfen ist, dass die Thriller-Elemente schlussendlich etwas die Oberhand gewinnen. Dieses Zugeständnis an die Hollywoodmanierismen hat das elegant bebilderte und mit dezent-hypnotischer Musik untermalte Drama eigentlich gar nicht nötig.

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