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    Die Familie Stone
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Die Familie Stone
    Von Carsten Baumgardt

    Politische Korrektheit ist etwas Feines. Besonders beliebt ist selbige im US-Mainstreamfilm, der von Haus aus stets auf der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner ist und gern die guten alten amerikanischen Werte vertritt. Ein Paradebeispiel dieser Gattung ist Thomas Bezuchas Komödie „Die Familie Stone“. Die erstklassige Besetzung und einige nette Ideen garantieren zeitweise gute Unterhaltung, die aber durch Inkonsequenz und ein Übermaß an Gutmenschtum gemindert wird.

    Meredith Morton (Sarah Jessica Parker) steht das schlimmste Wochenende ihres Lebens bevor. Die New Yorker Karrierefrau ist über Weihnachten bei der Familie ihres Freundes Everett Stone (Dermot Mulroney) eingeladen und muss gegen die Vorurteile der ländlichen Stone-Sippe ankämpfen. Amy (Rachel McAdams), die Jüngste der fünf Geschwister, kennt Meredith bereits und verspricht ihrer Familie eine Katastrophe von zukünftiger Schwägerin bzw. Schwiegertochter. Während Vater Kelly (Craig T. Nelson) der ruhende Pol ist, begegnen die anderen Mitglieder des Stone-Klans dem Eindringling in ihr familiäres Glück mit latenter Gehässigkeit. Selbst Mutter Sybil (Diane Keaton) bringt es nicht übers Herz, ihrem Sohn den Ring ihrer Mutter auszuhändigen, damit er Meredith einen Heiratsantrag machen kann. Die Geschmähte ist nach den Anfeindungen mit den Nerven am Ende und bestellt ihre lebenslustige und viel lockerere Schwester Julie (Claire Danes) zur moralischen Unterstützung. Doch dadurch nehmen die Verwicklungen erst ihren Anfang...

    „Die Familie Stone“ macht vieles richtig, hat aber zwei grundlegende Probleme. Zum einem funktioniert der Schlüsselcharakter des Films schlecht. Die Figur der Meredith ist als Konfliktstoff so sehr überkonstruiert, dass jede Glaubwürdigkeit verloren geht. Es ist Sarah Jessica Parker („Sex And The City“, „L.A. Story“, Mars Attacks!) nicht abzunehmen, dass die toughe Karrierefrau so unsicher ist und sich damit ins totale Chaos stürzt. Sie wird zunächst als unsympathische, herrische, harte Businessfrau eingeführt und mutiert nach dem Aufeinandertreffen mit den Stones weiter zur affektierten Großstadtzicke, die ein Selbstbewusstsein jenseits des Gefrierpunkts besitzt. Letzteres passt einfach nicht. Doch dies muss so sein, sonst gebe es keinen Film bzw. keine Handlung. Parkers Golden-Globe-Nominierung mutet jedenfalls wie ein schlechter Scherz an.

    Das zweite Hemmnis der „Familie Stone“ ist die bereits angesprochene Seichtheit. Der Film möchte frech sein, ist dies aber nur innerhalb der selbstgesteckten, streng konservativen Grenzen. Die Familie erlaubt zwar, dass Meredith und Everett, zwei Enddreißiger, in einem Zimmer übernachten, aber der Schwiegertochter in spe ist dies zu heikel und sie schläft lieber in einem anderen Raum. Auch Homosexualität ist kein Tabu, so ist Thad (Tyrone Giordano), der taube Spross der Stones schwul und die Familie liebt seinen schwarzen Freund Patrick (Brian J. White), aber dass die beiden gemeinsam unter dem Dach der Familie Stone zusammen schlafen, geht dann doch moralisch zu weit - folglich muss ein Hotel herhalten. Dann will Regisseur und Autor Thomas Bezucha, ein ehemaliger Modemanager, seinem Stoff auch noch ein wenig dramatisches Potenzial beimengen und schreibt der Mutter eine Krebserkrankung auf den Leib, hat aber nicht den Mumm, dieses Wort auch nur einmal in den Mund zu nehmen – vor lauter Angst, sein Weihnachtspublikum mit einer Portion Offenheit zu schrecken. So verfehlt dieser Ansatz seine Wirkung, weil der Konflikt emotional nicht zündet.

    Dass die „Familie Stone“ über weite Strecken dennoch unterhalten kann, ist vordringlich der exzellenten Besetzung zu verdanken. Das Ensemble harmoniert bestens miteinander. Die wieder einmal wunderbare Rachel McAdams (Die Hochzeits-Crasher, Red Eye, Wie ein einziger Tag, Girls Club) bekommt die dankbarste Rolle und darf unglaublich süß und gleichzeitig gemein sein. Auch Luke Wilson (Old School, In 80 Tagen um die Welt, Die Royal Tenenbaums) ist als Lebemann Ben Stone eine Bereicherung für den Witz des Films. Claire Danes (Igby, Terminator 3, Stage Beauty) verleiht der Komödie Stil und Lockerheit, die an anderer Stelle verloren ging. Diane Keaton (Was das Herz begehrt, Der Pate, Der Pate II) ist allerdings unterfordert und Dermot Mulroney (The Wedding Date, Frau mit Hund sucht Mann mit Herz, About Schmidt, „Die Hochzeit meines besten Freundes) muss nur das tun, was er immer tut und perfekt beherrscht: verdammt gut aussehen. Sarah Jessica Parker leidet in der Sympathie-B-Note unter der Charakterisierung ihrer Meredith Morton, kann sich aber gegen Ende hin freispielen, weil ihr Autor Bezucha die Chance dazu gibt. Sie bekommt eine ergreifende Szene, in der sie das Herz der Stones erobert und dem Film für einen Moment ehrlich und lebensnah wirkende Emotionen schenkt.

    „Die Familie Stone“ möchte eine familienkompatible Variante des umwerfenden Klamauks Meine Braut, ihr Vater und ich bzw. Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich sein, lässt aber die Respektlosigkeit des Vorbilds vermissen - was vieles an Witz und Integrität kostet. Die Story kann zwar mit einigen Wendungen durchaus überraschen, wirkt aber in ihrer Gesamtheit zu konstruiert. Das obligatorische Happy End ist in seiner Erscheinung fast schon kurios merkwürdig. Glaubwürdigkeit spielt hier keine Rolle, muss sie aber auch nicht. Wer einen harmlosen, netten Weihnachtsfilm für die ganze Familie sehen will, ist mit dieser Komödie passabel bedient und muss bei einem Kinobesuch für den Herzschrittmacher keine Ersatzbatterien besorgen. In diesem Sinne: Alles wird gut.

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