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    Pathfinder - Fährte des Kriegers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Pathfinder - Fährte des Kriegers
    Von Christoph Petersen

    2007 wird das Jahr der Deutschen in Hollywood. Kritikerliebling Florian Henckel von Donnersmarck darf mit seinem Stasi-Drama Das Leben der Anderen zur Oscarverleihung. Marco Kreuzpainter hat nach seinem Sommersturm am deutschen Backersee nun das Thriller-Drama Trade - Willkommen in Amerika mit Kevin Kline in den USA abgedreht. Und Oliver Hirschbiegel kümmert sich nach Hitlers letzten Tagen in Der Untergang nun um Psychiaterin Nicole Kidman, die in The Invasion gegen eine außerirdische Macht ankämpft. Den Anfang macht der Frankfurter Marcus Nispel mit seinem Action-Abenteuer „Pathfinder“, einem Remake des oscarnominierten norwegischen Abenteuer-Dramas „Ofelas“ aus dem Jahr 1987. Nispel, der seine Regiekarriere mit Musikvideos begann, legte vor vier Jahren mit dem Horror-Remake The Texas Chainsaw Massacre ein umstrittenes Filmdebüt hin. Während viele die polierte Hochglanzkopie der rauen Unfertigkeit von Tobe Hoopers Kultstreifen als genialen Schachzug begriffen, hielten sie ebenso viele für einen hirnlosen Ausverkauf des Originals. Nach „Pathfinder“ dürfte der Zeiger nun weiter in Richtung der zweiten Deutung ausschlagen. Die eintönige Videoclipästhetik ist nämlich haargenau dieselbe geblieben, nur dass man sie sich beim Langweiler „Pathfinder“ endgültig nicht mehr schönreden kann.

    Bereits 500 Jahre bevor Columbus die neue Welt entdeckte, landeten die Wikinger mit ihren Drachenbooten an der amerikanischen Küste. Es folgte eine erbarmungslose Invasion, bei der die Indianer den metallischen Waffen und Rüstungen der Nordländer wenig entgegenzusetzen hatten. Dass die amerikanischen Ureinwohner durch den Überfall nicht komplett ausgelöscht wurden und die Wikinger schließlich doch noch zurückschlagen konnten, haben sie der Legende nach ihrem „Pathfinder“ zu verdanken. Bei einem Angriff zurückgelassen, wird der Wikinger-Junge Ghost (Karl Urban) von indianischen Eltern großgezogen. Als viele Jahre später ein von Gunnar (Clancy Brown) und seinem sadistischen Adjutanten Ulfar (Ralph Moeller) angeführter Wikinger-Trupp erneut über sein Dorf herfällt, muss sich Ghost für eines der beiden Herzen in seiner Brust entscheiden…

    Auch das norwegische Original war wahrlich nicht mit der tiefgründigsten aller Storys gesegnet, aber unter Nispel verkommt die mystische Legende zu einer extrem einfach gestrickten Stirb langsam-Variante. Die bösen Wikinger kommen, die guten Indianer rennen weg, die bösen Wikinger laufen hinterher – das war’s! Und im Gegensatz zu Mel Gibsons Apocalypto sind die Jagd- und Fluchszenen hier noch nicht einmal sonderlich abwechslungsreich geraten. Schädel werden von Morgensternen zerschmettert, Köpfe mit Schwertern abgehackt, Augen ausgerissen und Menschen bei lebendigem Leibe verbrannt – doch wo Autor Laeta Kalogridis beim Ausarbeiten der expliziten Tötungsszenen überbordende Kreativität bewies, fehlt diese in Bezug auf die Übergänge zwischen den einzelnen Gewaltszenarien völlig, es gibt nämlich schlicht keine. So sucht man Spannung und Atmosphäre auch lange Zeit vergebens, erst während des Showdowns in den letzten 20 Minuten gelingt es dem Film, seine spärliche Handlung in ein funktionierendes dramaturgisches Gerüst zu zwängen. Aber dass man zum Schluss doch noch ein wenig mitfiebert, entschädigt natürlich kaum für die zuvor so ausgedehnt herrschende Langeweile.

    Was die bloße Simplizität der Barbaren-Story angeht, kann „Pathfinder“ also mühelos mit Arnies „Conan“-Filmen mithalten. Aber wo diese damals zumindest ausufernd trashiges Eye-Candy zu bieten hatten, fällt es bei Nispels farblosen, ausgewaschenen Bildern nun schon schwer, auf der Kinoleinwand überhaupt etwas zu erkennen. Natürlich soll die düstere Digitaloptik für Authentizität und Nähe sorgen, aber mit ihren grobkörnigen Unschärfen lässt sich einfach keine bedrohliche Atmosphäre erzeugen. Das Übrige tun die jede Einstellung dominierenden Nebelschwaden, die den DV-Bildern das letzte bisschen visuelle Kraft rauben und das eigentliche Geschehen hinter einer matschigen Oberfläche verschwinden lassen. Abgesehen von der Optik, bei der nur ein paar veraltet wirkende computeranimierte Panoramen für bitter nötige Abwechslung sorgen, kann aber auch Nispels Inszenierungsstil kaum überzeugen. Hier geben sich ausschließlich Close-Ups und Zeitlupen die Klinke in die Hand – aber auch wenn die Augen des Zuschauers so durchgehend gefordert werden, will sich dennoch kein spürbares Tempo einstellen. Mit diesen limitierten Mitteln mag Nispel vielleicht seine dreiminütigen Videoclips, für die er als erfolgreicher Musikvideo-Regisseur schon zahlreiche Preise in Empfang nehmen konnte, wirkungsvoll in Szene setzen, aber für einen abendfüllenden Spielfilm sollte man sich dann eigentlich doch erheblich mehr einfallen lassen.

    Konnte Karl Urban (Doom) als stolzer Ritter Eomer in Peter Jacksons Herr der Ringe - Trilogie noch voll überzeugen, will der heroische Funken in „Pathfinder“ nun einfach nicht überspringen. Das Drehbuch hat ihn allerdings auch vor eine unlösbare Aufgabe gestellt – nur eine schlappe Handvoll Dialogzeilen, seine Zerrissenheit zwischen Wikinger- und Indianerkultur wird vollkommen ausgeklammert und selbst die Liebesgeschichte erst in der letzten Einstellung noch kurz nachgeschoben. Und ein so guter Darsteller, als dass er seine eigentlich nicht existente Rolle allein mit seiner Ausstrahlung ausfüllen könnte, ist Urban dann auch wieder nicht. Aus deutschen Landen ist übrigens Muskelmann Ralph Moeller (Gladiator) in einer Nebenrolle als sadistischer Wikinger zu bewundern – unter der schweren Rüstung und reichlich Schminke verborgen, dazu noch durch ein ausgerissenes Auge verunstaltet, so erkennt man ihn schließlich doch nur an seinem Akzent.

    Schwache Darsteller, eine hektische und oft ziellose Inszenierung, die fehlplatzierte DV-Optik und die bis auf ein absolutes Minimum reduzierte Handlung machen aus „Pathfinder“ ein Apocalypto für Arme.

    Zum FILMSTARTS.de-Interview mit Regisseur Marcus Nispel und Wikinger-Bösewicht Ralf Moeller

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