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    Star Trek 6: Das unentdeckte Land
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Star Trek 6: Das unentdeckte Land
    Von Martin Soyka

    Glasnost im Weltraum. Keiner der „Star Trek“-Filme weist so starke Bezüge zu realen politischen Verhältnissen auf wie der starke Teil 6, „Das unentdeckte Land“. Dabei sind Transponierungen realer Geschehnisse in die Sci-Fi-Welt für „Star Trek“ nichts Neues und waren ein wesentlicher Aspekt für den Erfolg der Classic-Serie und der „Next Generation“. 1991 befand sich die Welt im Wandel.

    Die Party beginnt mit einem Knall: Der klingonische Mond Praxis explodiert und mit ihm die Energiereserven des feindlichen Imperiums. Maximal 50 Erdenjahre verbleiben, bis den Erzfeinden der Förderation buchstäblich die Luft ausgeht. Dieser Umstand allein führt dazu, dass die kalten Krieger der verfeindeten Reiche an den Verhandlungstisch gezwungen werden. Darüber sind aber nicht alle glücklich. Ein großer Kreuzer der Klingonen hat bereits Kurs auf die Erde genommen, an Bord der hohe Kanzler Gorkon, der erste Schritte auf dem bis dahin unbekannten Terrain der politischen Entspannung mit der Förderation vollziehen soll. Selbstverständlich will die Sternenflotte ihm standesgemäßen Geleit anbieten und wer anders als die Crew der Enterprise A könnte dafür in Frage kommen? Schließlich dokumentiert nichts den Willen zum Frieden so gut, wie den schlimmsten Gegner als Eskorte zu schicken. Oder wie Spock (Leonard Nimoy) es süffisant formuliert: „Nur Nixon konnte nach China gehen.“

    „Lasst sie sterben“, das ist Kirks (William Shatner) erste Reaktion auf den Auftrag, den er bekommen hat und nur sehr widerwillig annimmt. Haben doch die Klingonen den Tod seines Sohnes verschuldet und ihm mehr als einmal das Leben sehr schwer gemacht. Aber Pflicht geht auch für Kirk vor Neigung. Also macht man sich auf, den Kanzler und seinen Raumkreuzer zu treffen, im Gepäck Spocks neuen Protegée Lt. Valeris (Kim Catrall - „Sex In The City“). Der erste Kontakt verläuft frostig, nicht zuletzt weil sich der zweite starke Mann neben Gorkon, General Chang (Christopher Plummer, mit fest angenieteter Augenklappe), unverhohlen als Krieger und Gegner der Friedensgespräche outet. Da hilft auch nicht das romulanische Ale, das die Stimmung lockern soll, bei den Konsumenten allerdings lediglich zu einem monströsen Kater führt. Dann aber läuft die Situation schlagartig aus dem Ruder: Auf das Schiff des Kanzlers werden Torpedos abgefeuert - offenbar von der Enterprise -, Attentäter beamen an Bord der Klingonen und richten ein Blutbad an. Gorkon stirbt trotz verzweifelter Wiederbelebungsversuche von „Pille“ (DeForest Kelley). Und das Undenkbare geschieht: Kirk kapituliert kampflos vor den Erzfeinden...

    „Star Trek – Das unentdeckte Land“ (1991) ist ein Kind seiner Zeit. Das Sowjetreich begann auseinander zu brechen, die Deutsch-Deutsche Mauer war bereits zwei Jahre zuvor gefallen. Die Klingonen waren im „Star Trek“-Universum ohnehin immer so etwas wie die Russen für die westliche Welt, nämlich das Reich des Bösen. Und den explodierten Mond Praxis als Tschernobyl-Äquivalent zu erkennen, bereitet ebenfalls keine Schwierigkeiten. Dies mag nicht jedem schmecken, führt dies doch zu Hollywood-typischen Vereinfachungen. Aber „Star Trek“ ist und bleibt Unterhaltungskino und die Science Fiction durfte als Genre schon immer mehr als andere.

    „Sind im Weltraum nicht alle Krieger kalte Krieger?“, lässt man Chang den guten Kirk fragen, und zwar mit deutlicher Kampfeslust in der Stimme. Und was Kirk frösteln lässt, bereitet uns Vergnügen. Seit Ricardo Montalbans großartigem Khan hat „Star Trek“ keinen so formidablen Schurken gesehen, was an Regisseur Nicholas Meyer gelegen haben mag, der auch in „Star Trek – Der Zorn des Khan“ Regie geführt hatte und wieder eine wunderbar düstere Note in das sonst so aufgeräumte „Star Trek“-Universum bringt. Da wird Shakespeare mit großer Geste zitiert, notfalls auch auf klingonisch. „Sein oder Nichtsein“, um nichts weniger geht es für die Klingonen, und manche ziehen einen ehrenvollen Tod eben einem friedlichen Einerlei vor. Die Ironie dabei: Am Ende wird irgendwie jeder bekommen, was er wollte.

    „Star Trek VI“ begnügt sich nicht nur damit, Feinde aufeinanderprallen zu lassen, diesmal werden Kirk und „Pille“ bis weit hinter die feindlichen Linien gezerrt. In einem Schauprozess werden sie zu lebenslanger Zwangsarbeit in einer Strafkolonie verurteilt, die frappierend einem russischen Gulag ähnelt. Daran kann auch ihr Verteidiger nichts ändern (netter Gag für Insider: Michael Dorn, der „Worf“ aus der „Next Generation“ darf seinen eigenen Vorfahren spielen). Es wird standesgemäß geprügelt und gefroren und auch die obligatorische Flucht aus der unverschuldeten Gefangenschaft darf nicht fehlen. Verrat und Sabotage stehen der Enterprise im Weg. Die Mannschaft wird getrennt, jedes Team muss sich durchbeißen, aber natürlich rettet die Crew der Enterprise schließlich den Tag und verhindert ein Attentat bei der Friedenskonferenz, das den Alpha-Quadranten zweifellos in einen Krieg der Welten gestürzt hätte, ähnlich wie weiland in Sarajewo. Die Bösen werden festgenommen, und am Schluss zeigen sich auch die größten Gegner der Klingonen reformwillig, allen voran Kirk, den man sogar eine Rede schwingen lässt, die so gar nicht zu seiner ursprünglichen Einstellung zu passen scheint.

    Es ist der letzte Film, der die Original-Besetzung noch einmal komplett zusammenführt, auch wenn der Steuermann Sulu (George Takei) bereits sein eigenes, verdientes Kommando erhalten hat (mit Christian Slater in subalterner Position!). Die „Next Generation“ hatte sich im TV bereits als größerer Erfolg entpuppt als die Classic-Serie, die Übergabe des Staffelstabes stand unmittelbar bevor. So zeigt der Film uns noch mal alle von ihrer besten Seite. Spock hadert mit Logik und Gefühl, Kirk darf kämpfen, küssen und kalauern und Pille sich streiten. Die Chemie dieser drei Kernfiguren macht von jeher den Reiz der Originalbesetzung aus, symbolisiert Spock doch den Verstand, Pille das Herz und Kirk die Faust. „War schön, Sie nochmal in Aktion zu sehen“, sagt Sulu am Ende. Dem kann man nur zustimmen. Und wenn am Ende die Unterschriften aller Schauspieler der Crew eingeblendet werden, die sozusagen ihr Lebenswerk unterzeichnen, kann man sogar die eine oder andere Träne wegdrücken.

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