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    "Oppenheimer"-Regisseur Christopher Nolan kritisiert Hollywood – doch eigentlich meint er vor allem das moderne Kino-Publikum
    Björn Becher
    Björn Becher
    -Mitglied der Chefredaktion
    Seit mehr als 20 Jahren schreibt Björn Becher über Filme und Serien. Hier bei FILMSTARTS.de kümmert er sich um "Star Wars" - aber auch um alles, was gerade im Kino auf der großen Leinwand läuft.

    In wenigen Tagen startet „Oppenheimer“ und Regisseur Christopher Nolan ist auf Werbetour. In einem Interview kritisierte er dabei sehr deutlich, wie heute auf Filme geschaut wird – nämlich zuerst auf den Plot, die Story, den Inhalt. Das sei falsch!

    Warner Bros.

    Christopher Nolans Kritik richtet sich vor allem an Hollywood, insbesondere die Studios und die Entscheidungsträger*innen. Doch man kann seine Worte gut auch auf ein modernes Publikum übertragen, welches bei Filmen sehr oft nur noch über die Story redet und Logiklücken diskutiert, statt sich vom Geschehen auf der Leinwand mitreißen zu lassen.

    Doch der Reihe nach: Was hat Nolan denn im Interview mit der britischen Zeitung The Telegraph genau gesagt?

    "Star Wars" als Beispiel: Es kommt nicht auf die Story an

    Der „Dark Knight“-Regisseur kritisiert, dass die Studios ein „Drehbuch als eine Abfolge von Ereignissen betrachten“ und am Ende sagen: „Das ist das Wesen des Films!“ Dieser Ansatz sei jedoch völlig falsch und stehe „völlig im Widerspruch zur Entwicklung des Kinos“. Es sei ein „ein sehr verbreiteter Trugschluss – manchmal auch bei bei der Kritik -, dass es nur auf die erzählte Geschichte ankommt.“

    Seine Aussagen konkretisiert er an dem Beispiel „Star Wars“, weil der Kinobesuch während eines Urlaubs bei seiner Oma in den USA und so Monate bevor dem Start von „Episode IV“ in seiner Heimat Großbritannien ihn damals nachhaltig geprägt hat. Die Leute würden behaupten, dass der Erfolg auf die großartige Geschichte zurückzuführen sei. Aber das sei nun einmal offensichtlich nicht der Fall. „Star Wars“ hat zwar „tatsächlich eine großartige Geschichte, aber es ist auch ein unglaubliches visuelles und auditives Erlebnis.“ Nolans Kritik mündet in einer klaren Kernaussage:

    Es gibt eine bewusste Verleugnung dessen, was Filme eigentlich sind!

    So nennt er im Interview mit dem Telegraph als weiteres Beispiel den Indie-Hit „Aftersun“. Die Leute reden darüber, warum man so einen Film auf der großen Leinwand sehen müsse. Doch für ihn stehe das außer Frage: „Natürlich muss man das!“ Damit spielt Nolan darauf an, dass auch ein vermeintlich „kleiner“ Film ein herausragendes audiovisuelles Erlebnis bieten kann – gerade wenn er so famos inszeniert ist wie „Aftersun“.

    Was will Nolan uns sagen?

    Wie auch der Autor dieser Zeilen ist Christopher Nolan der Meinung, dass Film in erster Linie ein audiovisuelles Medium ist. Es sind die Bilder – mittlerweile in Verbindung mit dem Ton – die dafür sorgen, dass wir im Kino mitgerissen oder begeistert werden, uns gruseln oder lachen. Die Story, die Geschichte dahinter unterstützt das zwar, aber die Bilder machen Kino erst zu Kino.

    Doch die Wahrnehmung hat sich vielfach geändert. Da wird nach einem Actionfilm lieber ausführlich darüber diskutiert, ob eine Szene nun „Sinn macht“, ob sich die Figuren „vernünftig verhalten“ statt sich mit der gelungenen oder nicht gelungenen visuellen Umsetzung auseinanderzusetzen.

    Dass Nolan vor allem Hollywood und dort insbesondere die Entscheider*innen kritisiert, ist logisch. Denn wenn diese sich bei der Frage, welches Filme grünes Licht bekommen, nur auf die Geschichte in den Drehbüchern konzentrieren, sich nicht ausmalen oder erklären lassen, wie was im Kino am Ende aussehen soll, wird es zu langweiligeren Filmen führen.

    Christopher Nolans neuer Film „Oppenheimer“ startet am 20. Juli 2023.

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