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    Heute Abend streamen: Auf Netflix läuft die viel zu unbekannte "Saw"-Konkurrenz, die Jigsaw vor Neid erblassen lassen würde!
    Daniel Fabian
    Daniel Fabian
    -Redakteur
    Kino aus aller Welt ist wie reisen, ohne vom Sofa aufzustehen. Fremde Kulturen und neue Sichtweisen – davon kann man nie genug haben.

    Die „Saw“-Reihe fand mit „Saw 10“ zurück auf die Erfolgsspur – so richtig begeistern konnte der Film FILMSTARTS-Redakteur Daniel Fabian aber nicht. Im Gegensatz zu einem Geheimtipp, der an James Wans ersten Teil erinnert – und aus Deutschland kommt!

    James Wan schuf mit „Saw“ einen Meilenstein des modernen Horror-Kinos – der als fieses Kammerspiel mit Megatwist nicht nur zum von Genre-Fans in aller Welt gefeierten Schocker avancierte, sondern auch ein gigantisches Franchise nach sich zog, das heute vor allem mit immer weiter ausufernden Splatter-Einlagen bekannt ist. Mit „Saw X“ ging es nach dem doch recht uninspirierten „Saw: Spiral“ endlich wieder bergauf für die Reihe – zu alter Stärke fand das Franchise damit jedoch nicht, findet zumindest der Autor dieses Artikels.

    Aber geht es heute, 20 Jahre nachdem Wan („Fast & Furious 7“, „Aquaman 2“) seinen Durchbruch feierte, einfach nicht besser? Gab es in der Zwischenzeit möglicherweise zu viele Trittbrettfahrer, sodass das Genre eben langsam aber sicher ausgedient hat? Nun, so manche B-Horror-Gurken aus aller Herren Länder lassen genau das seit einigen Jahren vermuten – doch ausgerechnet aus Deutschland kommt die vielleicht stärkste Antwort auf „Saw“ seit langer Zeit:

    Ach du Scheiße!“ ist nicht nur bitterböse, spannend und stellenweise auch richtig schön eklig – sondern nimmt sich obendrein angenehm unernst, was ihn zu einer launigen Genrefilm-Perle macht, die bis heute viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt bekommt. Wer dieses Versäumnis jetzt nachholen möchte, kann das Kleinod aktuell auf Netflix streamen.

    "Ach du Scheiße!": "Saw" auf'm Klo

    Das Thriller-Kammerspiel von Indie-Filmer Lukas Rinker kam am 20. Oktober 2022 in die hiesigen Filmtheater und startete mit gerade einmal 161 (!!) Besucherinnen und Besuchern deutschlandweit. Letztlich wurden insgesamt nur 688 Tickets gelöst (Quelle: BlickpunktFilm), sodass es wohl nicht zu hoch gegriffen ist, zu sagen: Keine Sau hat den Film im Kino gesehen – und der Großteil des Standard-Publikums vermutlich bis heute nie von ihm gehört. Bedauernswert, denn: „Ach du Scheiße!“ ist genau die Art Genre-Juwel, die von den hiesigen Filmfans zwischen oft uninspirierten Hochglanz-Komödien und Nazi-Dramen immer wieder nachdrücklich gefordert wird.

    Der knackig-kurze 90-Minüter hat im Prinzip eine ähnliche Ausgangslage wie Jigsaws erstes Folterspiel – nur dass wir hier eben nicht zwei, sondern nur einen unglücklichen Protagonisten kennenlernen, der eines Tages in einer misslichen Lage zu sich kommt und dem Tod ins Auge blickt.

    Denn der Workaholic Frank (Thomas Niehaus) steckt in einem Baustellenklo fest, das nicht nur von außen abgesperrt zu sein scheint. Obendrein hat sich auch noch eine Metallstange durch seinen Unterarm gebohrt! Und es bleibt ihm nicht mehr lange Zeit, um einen Ausweg zu finden, schließlich soll das Gelände, auf dem das Dixiklo steht, in weniger als einer Stunde feierlich von Bürgermeister Horst Wolff (Gedeon Burkhard) gesprengt werden…

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    Wenn Erotik-Sternchen Micaela Schäfer den Film mit einem zum Leben erweckten Poster und einem Striptease zu „Ohne dich (schlaf ich heut Nacht nicht ein)“ eröffnet, wird sofort klar: „Ach du Scheiße!“ ist ein augenzwinkernder Spaß voller Selbstironie – der sich genau dessen vollends bewusst ist. Und so steckt in dem Thriller auch ein gutes Stück Gentrifizierungs-Satire, droht der als Fiesling herrlich-fies aufspielende „Inglourious Basterds“- und „Kommissar Rex“-Star Gedeon Burkhard doch den Lebensraum des Gamsbart-Kauz zu zerstören!

    Gekonnt macht sich Rinker dabei allerhand Klischees – vor allem über die Gepflogenheiten in Süddeutschland sowie auf Baustellen – zu eigen, die er mit hervorragendem Timing derart auf den Punkt bringt, das „Ach du Scheiße!“ in erster Linie zu einem kurzweilig-launigen Spaß wird.

    Zugleich ist dieser Film nichts für Zartbesaitete. Oder besser gesagt: Wer kein Blut sehen kann, wird wohl bereits nach wenigen Minuten die Flucht ergreifen. Der „Saw“-Vergleich macht dahingehend durchaus Sinn, war schließlich auch Teil 1 damals in erster Linie ein Thriller, der bloß mit wohldosiert eingesetzten blutigen Einlagen garniert wurde. Und auch wenn das deutsche Pendant mit einer 16er-Freigabe daherkommt, gerade der durchbohrte Unterarm macht in Sachen Spezialeffekte wirklich was her – und dürfte Gorehounds mit einer Schwäche für handgemachten Splatter begeistern.

    Auch die Tatsache, dass „Ach du Scheiße!“ am Ende wie eine Schnitzeljagd verläuft, auf der ein Hinweis zum nächsten führt, bevor das Geheimnis hinter Franks Misere schlussendlich gelüftet wird, hat großen Anteil daran, dass zu keiner Sekunde Langeweile aufkommt. Ja, Lukas Rinker hat aus seinen offensichtlich geringen Mitteln einen unglaublich originellen und unterhaltsamen kleinen Film gestrickt hat – der die millionenschwere Konkurrenz damit durchaus alt aussehen lässt.

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