Vorübergehend galt „Pirates Of The Caribbean – Am Ende der Welt“ als der kostspieligste Film der Geschichte: Das Fantasy-Abenteuer-Epos segelte 2007 in die Kinos und bot mit Donnerhall und einer Flut an fabelhaften Effekten unvergessliches Spektakel. Seither sind mehrere Filme erschienen, in die laut Branchenberichten ein noch größeres Budget floss.
Doch für den Verfasser dieser Zeilen bleibt das auch „Fluch der Karibik 3“ genannte Monumentalwerk der Superlativ der Superlative. Während man Filmen wie „Fast & Furious 10“ ihren finanziellen Aufwand nicht anmerkt, sieht man diesem imposanten Piratenepos jeden Cent an. Überzeugt euch selbst: Der Disney Channel zeigt „Fluch der Karibik 3“ heute, am 17. Oktober 2024, ab 20.15 Uhr. Außerdem ist der Film bei Disney+ im Abo enthalten:
"Fluch der Karibik 3": Der Trick ist, ewig mit sich selbst leben zu können
Der schnöselige, raffgierige Lord Cutler Beckett (Tom Hollander) hat es geschafft: Als Befehlshaber der East India Trading Company kann er nunmehr das Recht so biegen, wie es seinen Bilanzen beliebt. Beim Streben nach Profit geht er über Leichen – eiskalt, frei von Konkurrenz und mit widerwilliger Hilfe des Schreckens der sieben Meere: Tentakelteufel Davy Jones (Bill Nighy)!
Derweil suchen Seehexe Tia Dalma (Naomie Harris), Käpt'n Hector Barbossa (Geoffrey Rush), die zur Abenteurerin gewandelte Gouverneurstochter Elizabeth Swann (Keira Knightley) und Will Turner (Orlando Bloom), ein grantig werdender Schmied mit Welpenblick, eine sagenumwobene Navigationskarte. Die soll dem unerbittlichen Fürsten Sao Feng (Chow Yun-Fat) gehören und den Weg in eine nautische Vorhölle weisen, in der sich der listige Jack Sparrow (Johnny Depp) befindet. Der wiederum verfügt über ein Artefakt, das nötig ist, um die Bruderschaft der Piraten gegen Beckett zu vereinen...
Die Reise führt über den Rand der Welt, darüber hinaus und zurück auf ein von Konflikten und Habgier geschundenes Erdenrund. Diese melancholische Entzauberung der Piraten-Abenteuerromantik erhält abwechselnd Rücken- und Gegenwind, indem die Autoren Ted Elliott & Terry Rossio die zentralen Figuren der vorherigen „Fluch der Karibik“-Teile zuweilen in den Hintergrund treten lassen:
Obwohl die von ihnen bevölkerte Welt laut Barbossa konstant kleiner wird, bekommen wir vorgeführt, dass sie immens ist – sie jedoch weniger und weniger zu bieten hat! Konsequent sehen wir erstaunliche, sogleich betrübliche Schauplätze wie ein modrig-diesiges Piratenschlupfloch, eine aus Schiffswracks errichtete Stadt oder Davy Jones' nach Unlogik operierendes Reich.
Dieses "Fluch der Karibik"-Prequel habt ihr garantiert nicht gesehen – dabei hat der Regisseur auch einen gefeierten Sci-Fi-Film gedreht!Überall weht ein Wind der Resignation oder Furcht, während sich Mythologien unter Schwanengesang entfalten und Figuren Pläne, Notfallpläne sowie Ersatznotfallpläne schmieden, um ihr Gewissen reinzuwaschen. Rein von Mord, Schuldgefühlen zwischen Sohn und verflucht-versklavtem Vater, gebrochenen Liebesschwüren und Abkommen mit dem gespenstischen Leibhaftigen – oder dem Geschäftsmann, der ihn kommandiert.
Durch diesen thematisch dichten Wellengang gleitet eine nautische Mär, die nicht bloß von Freiheit und Gewissenskonflikten handelt, sondern durch übernatürliche Überhöhung glatt genügend Gravitas gewinnt, um die Weltmeere aus den Angeln zu heben. Zugleich versetzen uns abstruse, komödiantische Einfälle in die klatschnassen Stiefel von Swann, Sparrow, Turner und Konsorten. Auf dass wir uns fühlen, als wären diese Piraten nicht nur über den Rand der runden Erde gesegelt (was bereits irre ist), sondern bis an den Rand des Wahnsinns – und darüber hinaus.
Es geht nur ums Geschäft
Vollkommen wird dieses gleichermaßen dramatische wie durchgeknallte Seefahrtsepos dadurch, mit welch hohen Spesen es Gestalt annahm: Regisseur Gore Verbinski nahm unfassbare 300 Millionen Dollar in die Hand, um ein Großunternehmen, das sich mit schauriger Effizienz ausbreitet und auf dem Weg zum Monopol in die Politik einklinkt, in aufsehenerregender Weise als das ultimative Böse darzustellen.
Dass konkret ein global agierendes Handelsunternehmen den Rest der Welt nach seiner Pfeife tanzen lässt und sich über jegliche Rechtsprechung stellt, war 2007 bloß bedingt prophetisch. Dessen ungeachtet wird es von Jahr zu Jahr erstaunlicher, dass „Fluch der Karibik 3“ mit seinem zielgenauen Riecher keine höhere Wellen schlug.
"Ich nenne es nicht Schauspielen – ich nenne es Überleben!": So hart waren die Dreharbeiten zu einem der teuersten Filme aller ZeitenDamals wie heute unübersehbar ist derweil, welch eindringlichen Kinoprunk sich Verbinski und Produzent Jerry Bruckheimer mit ihrer „Feuer mit Feuer bekämpfen“-Logik eines anti-großkapitalistischen 300-Millionen-Dollar-Kinokolosses erkauft haben: Diese fast 170-minütige Materialschlacht sieht sensationell aus!
Wenn Dariusz Wolskis Kamera entlang Eisbergschluchten gleitet, die unsere Held*innen verschlingen, oder ein Schiff bestaunt, das anmutet, als segle es durch ein Sternenmeer. Ebenso in Actionpassagen, wenn sich Gut, Böse und Unberechenbar durch verwinkelte Gassen jagen oder sich zwei Segelschiffe in einem Malstrom mit Kanonen beschießen, während an Deck tumultartige Degengefechte, Handgemenge und Schießereien entbrennen.
Manche der Duellierenden wurden animiert – ausdrucksstark und so brillant, dass sie sich nahtlos ins reale Bild fügen, voller glibschiger, vertrockneter, schuppiger Details. Die realen Figuren wiederum wirken durch Sonnenbrand-, Narben- und Wundschorf-Schminke zunehmend geschundener. Prächtig getrickste Glanzlosigkeit, gekonnt konterkariert durch detailverliebte, vor Persönlichkeit nur so strotzende Kostüme.
Heute Abend streamen: Einer der besten Abenteuerfilme aller Zeiten – ein echtes Muss für Fans von "Fluch der Karibik"„Fluch der Karibik 3“ trägt sein gewaltiges Budget nicht bloß visuell vor sich her, sondern genauso klanglich: Das Sounddesign ist eine Wucht und für den Verfasser dieses Textes klangen Hans-Zimmer-Kompositionen nie wieder so epochal nach Herzschmerz, Sehnsucht und wild-verwegener Abenteuerlust zugleich. Angemessen, nicht nur für ein ambitioniertes Trilogie-Finale, sondern auch für eine kräftezehrende Produktion:
Die erste Klappe für „Fluch der Karibik 3“ fiel im April 2005, nicht lang nach Beginn der Dreharbeiten zu „Fluch der Karibik 2“. Die letzte Klappe fiel im Januar 2007. Im Laufe dieses fast zweijährigen Unterfangens gab es allerdings Ruhephasen sowie Zeitabschnitte, in denen selbsterklärend die Fertigstellung von „Fluch der Karibik 2“ Vorrang hatte. Trotzdem werden allein die Dreharbeiten im „Fluch der Karibik 3“-Presseheft auf eine Dauer von 272 bis 284 Tage beziffert – fast ein Jahr!
Vor- und Postproduktion muss man noch draufschlagen, auch auf die Gefahr hin, dadurch verrückt wie Jack zu werden. Oder man erspart sich die Rechnerei, lässt das intellektuelle Dickicht ein intellektuelles Dickicht bleiben, lehnt sich zurück und sticht mit wachen Augen gen Bildschirm gerichtet in die verfluchte Karibik.
Schon gewusst? Die epische Filmmusik aus "Fluch der Karibik" war eigentlich nur eine hastige Notlösung!Dies ist eine überarbeitete Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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