
Die Real Life Guys sind die Daniel Düsentriebs der YouTube-Welt. Vor allem das U-Boot aus zwei Badewannen und eine fliegende Badewanne sind Vorzeige-Projekte der Baumarktfreunde. Am 16. Januar 2025 ist mit „Leben ist jetzt – Die Real Life Guys“ ein Film über die Freunde in den Kinos gestartet. Mit diesem hätten sich die Real Life Guys ein Denkmal setzen können, stattdessen konzentriert sich die Handlung auf die tragische und vom Glauben geprägte Geschichte der beiden Mickenbecker-Zwillinge Johannes und Philipp, die gemeinsam mit ihrem Freund Eric Westphal den YouTube-Kanal gegründet haben.
Am Ende wird auf eine Webseite verwiesen, die Jugendliche zum Glauben führen soll. Ist der Film also ein reines Missionierungswerk? Real Life Guy Johannes Mickenbecker spricht mit Susanne Gietl im FILMSTARTS-Interview über Inszenierungsentscheidungen, während die Schauspieler Anton und Richard Fuchs erklären, wie gefährlich die Dreharbeiten wirklich waren. Im Film spielen sie die YouTube-Zwillinge Johannes und Philipp Mickenbecker.

FILMSTARTS: Eigentlich hat alles ganz klein angefangen. 2016 habt Ihr zu Dritt den YouTube-Kanal gegründet, damit Eure Klassenkameraden an Euren Projekten teilhaben können. Dann hat sich alles verselbstständigt…
Johannes Mickenbecker: Genau. Unsere Freunde fanden es komisch, dass wir ein Loch im Wald gegraben haben, um dort ein unterirdisches Haus zu bauen. Deshalb wollten wir ihnen mit unseren Videos zeigen, wie viel Spaß unsere Projekte machen, während sie zu Hause am Zocken waren. Im gleichen Jahr sind wir durch Amerika getrampt und sind dann mit einem unserer Videos viral gegangen. Wir haben 2,50 Euro damit am Tag verdient, während wir am Reisen waren. Also dachten wir: OK, vielleicht kann man das auch beruflich machen, aber das war nie der eigentliche Plan.
FILMSTARTS: Jetzt gibt es zwei Mickenbecker-Filme. Einmal die Doku „Philipp Mickenbecker – Real Life“ und den Spielfilm „Leben ist jetzt – Die Real Life Guys“. Worin besteht der Unterschied zwischen den beiden Produktionen?
Johannes Mickenbecker: Der große Unterschied ist, dass die Doku die letzten Wochen von Philipp zeigt. Sie ist sehr viel schwerer anzuschauen. Man könnte meinen, dass die Zeit, in der Philipp krank war, so schwer und so hart war wie in der Doku. Das war sie aber nicht.
FILMSTARTS: Philipp ist am 9. Juni 2021 an Lymphdrüsenkrebs gestorben. In der Doku begleitet ihn die Kamera bis ans Sterbebett…
Johannes Mickenbecker: Ich glaube, dass es gut ist, wenn man sich bewusst wird, dass das Leben nicht unendlich lang ist. Von daher ist es ein wertvolles Thema, das in der Gesellschaft zu wenig Beachtung findet. Ich habe mir erst Gedanken darüber gemacht, wie es nach dem Leben weitergeht, als ich im gleichen Flugzeug gesessen bin, in dem meine Schwester kurz nach mir geflogen und abgestürzt ist.

FILMSTARTS: Richard, wie war das denn für Dich, Philipp zu spielen, nachdem Du seine Geschichte kennst?
Richard Fuchs: Es ist Wahnsinn, dass Philipp, der so viel durchgemacht hat, so hoffnungsvoll, stark und lebensbejahend sein konnte. Ich habe den Druck gespürt, weil er sehr vielen Menschen Hoffnung gegeben hat. Ihnen und auch Philipps Persönlichkeit will ich in dem Film gerecht werden. Das Schöne an dem Spielfilm ist aber, dass mehr die Lebensfreude im Vordergrund steht. Es gibt auch viele Anknüpfungspunkte für mich. Uns. Wir sind auch dörflich aufgewachsen und haben mit unserem Opa Baumhäuser an alten Weiden gebaut, anstatt vorm Rechner zu sitzen.
Anton Fuchs: Wir sind nicht die klassischen YouTube-Gucker, deshalb kennen wir die Real Life Guys erst so richtig durch den Film.
FILMSTARTS: Was macht denn das Real Life Guys-Feeling aus?
Johannes Mickenbecker: Für mich ist es auf jeden Fall erstmal das Real Life im Gegensatz zum virtuellen Leben. Persönlich ist es mein Ziel, das Unmögliche möglich zu machen.
FILMSTARTS: Ihr habt zum Beispiel aus zwei Badewannen ein eigenes U-Boot gebaut. Im Film wird Philipp bei seinem ersten Tauchgang mit dem U-Boot gezeigt, Wasser läuft ins Boot und er säuft fast ab. Nur mit fremder Hilfe kommt er wieder aus dem U-Boot. Wie habt Ihr die Szene im Film umgesetzt?
Anton Fuchs: Die gesamte U-Boot-Sequenz haben wir an mehreren Drehtagen aufgenommen. Einen Tag waren wir im Studio, um die ganzen Innenaufnahmen vom U-Boot zu drehen. Dann ging es für weitere Szenen an den Erlensee (den Originalschauplatz). In Hunsfels haben wir die Unterwasseraufnahmen und die Tauchgänge gedreht – das Wasser hatte da, gefühlt maximal zehn Grad. Das Wasser war echt frostig!

FILMSTARTS: Was das wirklich so eine riskante Aktion wie im Film?
Johannes Mickenbecker: Die U-Boot-Szene sehe ich sehr kritisch, weil man denken könnte, dass wir da komplett dumm rangegangen sind. Das war nicht so. Wir sind alles durchgegangen, was schiefgehen könnte und haben dafür gesorgt, dass nichts Schlimmes passieren kann. Im U-Boot gab es zum Beispiel eine Sauerstoff-Flasche. Wäre das U-Boot vollgelaufen, hätte man atmen können.
Das U-Boot war angeseilt und wir hatten einen Taucher, der permanent neben dem U-Boot mit einem Messer geschwommen ist. Man konnte das U-Boot von Innen aufmachen und Gewichte abwerfen, um wieder nach oben zu kommen, die Zuleitung (Stabilität der Badewannen) habe ich auch halbwegs berechnet, aber ein Restrisiko gab es wie bei all unseren Projekten. Dass niemand sonst ein U-Boot selbst gebaut hat, hat seinen Grund. Es ist extrem gefährlich. Man hat am Ende auch gesehen, dass es extrem knapp war. Das U-Boot ist bei einem späteren unbemannten Test implodiert. Während eines Tauchgangs ist wirklich - wie im Film - der Schnorchel gerissen und viel Wasser reingeschossen. Der Taucher hat dann die Gewichte abgenommen und wir haben Philipp schnell nach oben gezogen, um ihn zu retten.
FILMSTARTS: Was war Deiner Meinung nach die verrückteste Aktion, bei der Du heute sagst: Wow, krass, dass wir das gemacht haben!
Johannes Mickenbecker: Unser U-Boot! Wir haben immer einfach mit etwas angefangen und haben uns nicht davon abschrecken lassen, dass andere sagen, dass es zu gefährlich sei. Das war bei dem U-Boot auch so. Heute würde ich es nicht nochmal machen, aber wir alle waren auch um einiges jünger.
FILMSTARTS: Und welches Projekt hat Euch beide am meisten beeindruckt?
Richard Fuchs: Es gibt wahnsinnig spektakuläre und riskante Projekte, aber wenn ich eines herausgreifen soll, dann das Baumhaus mit so vielen coolen Gimmicks und Einfällen. Vor etwa einem Jahr haben sie dann dort noch sogar noch eine Sauna in zehn Metern Höhe gebaut – da würde ich auch gerne mal drinsitzen! (Anmerkung der Redaktion: Das Baumhaus haben die Mickenbecker-Brüder in Gedenken an ihre verstorbene Schwester Elli gebaut).
Anton Fuchs: Und, was im Film leider nur ganz kurz zu sehen ist: Die fliegende Badewanne! Das ist ziemlich krass, wenn man sich vorstellt, dass jemand in einer Badewanne mithilfe einer Drohne zum Bäcker fliegt, also eigentlich etwas Alltägliches macht.

FILMSTARTS: Im Film seid Ihr die Real Life Guys. Ihr durftet mit dem Seilzug über den See fahren und mit motorisierten Bobbycars. Das klingt doch ganz spannend. Wie war‘s denn für Euch?
Richard Fuchs: Tatsächlich sind nicht so viele Projekte im Spielfilm gelandet. Alle Projekte in den Film zu packen, hätte allein schon wegen der Filmlänge nicht funktioniert. Die Real Life Guys sind einzigartig in dem, was sie machen, und es gibt gute Gründe, warum sich nur wenige Leute trauen, ihre verrückten Ideen nachzubauen.
FILMSTARTS: Vieles wird mit dem YouTube-Material der echten Real Life Guys gecovert. Hattet Ihr Möglichkeiten, auch selbst ein paar Sachen auszuprobieren?
Richard Fuchs: In der Vorbereitung zum Dreh wurde uns ein Hammer und eine Bohrmaschine in die Hand gedrückt und uns wurde gezeigt, wie man das Werkzeug benutzt. Aber das wusste ich vorher schon. Ich hätte mir gewünscht, dass wir noch mehr Sachen ausprobieren können und auch mal selber an etwas basteln dürfen.
Anton Fuchs: Was sehr cool war: Wir haben das Grundstück der Real Life Guys besichtigt und eine kleine Hausführung bekommen. Ich habe dort als einziger die Offroad-Badewanne ausprobiert und bin sogar kurz auf zwei statt auf vier Rädern gefahren, aber dann ging mir durch den Kopf, dass ich mir den Arm brechen kann, wenn ich umkippe. Deshalb hat sich auch keiner von uns vieren (Filmschwester Kya-Celina Barucki und Maskenbildnerin Sylvia Grave waren auch dabei) getraut, im Haus von der Treppe in ein Bällebad zu springen, obwohl das schon zigtausend Leute getestet haben und nie was passiert ist.
Johannes Mickenbecker: Ich mach das auch nicht mehr. (lacht)
FILMSTARTS: „Leben ist jetzt – Die Real Life Guys“ ist in gewisser Weise auch ein Film, der Philipp gewidmet ist. Das Thema Glaube nimmt dabei eine zentralere Rolle ein als in vergleichbaren Produktionen. Ein Kollege bezeichnet den Film nicht ohne Grund kritisch als eine Art „Jackass mit Bibel“…
Johannes Mickenbecker: Ich finde tatsächlich, dass der Glaube in dem Film sogar weniger Beachtung findet als in Philipps Leben. Am Ende gehört das zur Geschichte von Philipp. Aber ich bin absolut dagegen, Menschen aggressiv mit Glaubenssachen zu konfrontieren, weil auch ich keiner Religionsgemeinschaft angehöre und gegen jede Form von radikalen Glaubensgruppen oder Sekten bin. Ich habe meinen eigenen Zugang zum Glauben gefunden und hoffe, dass ich niemandem mit dem Film vor den Kopf stoße. Das wäre schade.
